Auf den spuren des heiligen Paulus

foto-per-pagina8-9.jpg

Die Ursprünge des Christentums in Rom


Eine Marmorplatte mit der Inschrift »Paulo apostolo mart«. Die Entdeckung eines christlichen Gräberfeldes. Kürzlich durchgeführte wissenschaftliche Untersuchungen, die die in einem Marmorsarkophag in der Nähe der Via Ostiense gefundenen sterblichen Überreste einem Mann aus dem 1. oder 2. Jahrhundert zuschreiben können. Es gibt viele Fakten, die die anerkannte Hypothese bestätigen können, nach der die Basilika St. Paul vor den Mauern genau an dem Ort errichtet wurde, an dem der Leib des Völkerapostels begraben liegt.

Im Jahr 2009, zum Abschluss des Paulusjahres, ausgerufen 2000 Jahre nach der Geburt des Juden Saulus aus Tarsus, konnte Benedikt XVI. die Ergebnisse der sorgfältigen wissenschaftlichen Untersuchung des Grabes bekanntgeben. Mit Hilfe einer in den Sarkophag eingeführten speziellen Sonde hatte man Spuren kostbarer Stoffe, rote Weihrauchkörner und Knochenfragmente nachgewiesen. Eine Datierung mit der Radiokarbonmethode beseitigte die letzten Zweifel. Papst Benedikt: »Das scheint die einmütige und unbestrittene Überlieferung zu bestätigen, der zufolge es sich um die sterblichen Überreste des Apostels Paulus handelt.«

Wer heute die Basilika St. Paul vor den Mauern betritt, kann am Fuße des Altars, unter dem wunderbaren mittelalterlichen Ziborium von Arnolfo di Cambio, den 2006 von Forschern ans Tageslicht geholten Stein des Sarkophags sehen. Dort leuchtet Tag und Nacht eine kleine Flamme, neben ihr ein Schrein aus Bronze und Glas, der die Kette enthält, an die Apostel bei seiner römischen Gefangenschaft im Mamertinischen Kerker gefesselt war.

Paulus erlitt das Martyrium durch Enthauptung unter Kaiser Nero zwischen 65 und 67 an einem Ort, »Acque Salvie« genannt, der etwa vier Kilometer von der Basilika entfernt liegt. Dort steht heute die Trappistenabtei »Tre Fontane«, das heißt »drei Quellen«: Der Überlieferung zufolge schlug das Haupt des Apostels dreimal auf, als es zu Boden fiel, und an diesen drei Punkten seien auf wunderbare Weise drei Quellen entsprungen. An sie erinnern die drei Ädikulen in der Kirche des Martyriums des heiligen Paulus.

Die Reliquie des Hauptes des Heiligen wird im Ziborium der Basilika St. Johannes im Lateran aufbewahrt, zusammen mit dem Haupt des Petrus, de dem Martyrologium Romanum zufolge am selben Tag das Martyrium erlitten. Nach der Enthauptung soll eine römische Matrone namens Lucina den Leichnam des Völkerapostels auf einem heidnischen Friedhof an der Via Ostiense bestattet haben.

Dieser Ort wurde rasch das Ziel zahlreicher Pilger. Um Berührungsreliquien zu erhalten führten sie durch die drei Öffnungen der Grabplatte, die den Sarkophag verschloss, Stoffstreifen ein. Viele Getaufte wollten in der Nähe des Paulusgrabes bestattet werden und so wurde aus der heidnischen allmählich eine christliche Nekropole. Das bezeugen die zahlreichen Grabinschriften auf Latein, Griechisch und Hebräisch, die an den Wänden des auf Pietro Vassalletto zurückgehenden Kreuzgangs der Basilika St. Paul vor den Mauern angebracht sind.

Zu den kostbarsten archäologischen Fundstücken in diesem Bereich gehört der 1838 entdeckte sogenannte Dogmatische Sarkophag aus dem 4. Jahrhundert, der sich heute in den Vatikanischen Museen befindet.

Nachdem durch das Edikt von Mailand im Jahr 313 die Religionsfreiheit gewährt worden war, errichtete Kaiser Konstantin 324 die erste Basilika zu Ehren des Apostels, die dann von den Kaisern Theodosius, Arkadius und Valentinian II. vergrößert wurde. Nach dem verheerenden Brand im Jahr 1823, dessen Ursache nicht geklärt ist, konnte das Gotteshaus dank des Aufrufs von Papst Leo XII. in seiner Enzyklika Ad plurimas wieder aufgebaut werden, denn zahlreiche Wohltäter in aller Welt folgten dem Appell. Blöcke aus Malachit und Lapislazuli wurden von Zar Nikolaus I. gespendet; Säulen und Fenster aus feinstem Alabaster kamen von König Fu’ad I. von Ägypten. Es bestätigte sich bei dieser Gelegenheit, dass Paulus von Tarsus ein universaler Bezugspunkt für Gläubige und Nicht-Gläubige ist.

In der Basilika finden ökumenische Gottesdienste und Veranstaltungen statt. Mit diesem Ort sind Ereignisse verbunden, die unter diesem Gesichtspunkt besonders bedeutsam sind. Hier verkündete Johannes XXIII. am 25. Januar 1959, am liturgischen Gedenktag der Bekehrung des heiligen Paulus, den Kardinälen die Absicht, das Zweite Ökumenische Vatikanische Konzil einzuberufen. Und im Jahr 2006 kam Benedikt XVI. dem Wunsch des heiligen Johannes Paul II. nach, Christodoulos, dem Erzbischof von Athen, zwei Glieder der Ketten des Völkerapostels zu schenken. Und ebenso hat die Tür der Heiligen Pforte eine herausragende historische, künstlerische und religiöse Bedeutung: Sie wurde in Konstantinopel geschaffen und 1070 dem Papst zum Geschenk gemacht. Ursprünglich verschloss sie den Haupteingang der antiken theodosianischen Basilika, aber nach der Beschädigung durch den Brand wurde sie verkleinert und an einen Seiteneingang versetzt, wo sie sich noch heute befindet.