
Castel Gandolfo/Philadelphia. Papst Leo XIV. hat in einer Videobotschaft den Augustinerorden in den USA zur Friedensarbeit und zur Nächstenliebe aufgerufen. Anlass war die Verleihung der Medaille des heiligen Augustinus, die höchste Auszeichnung der Provinz Hl. Thomas von Villanova, an den Papst. Das Video wurde am 28. August, am Gedenktag des heiligen Bischofs von Hippo, in Philadelphia gezeigt. Entstanden ist es in Castel Gandolfo während der sommerlichen Auszeit des Papstes. Die Medaille des heiligen Augustinus war bereits vor seiner Wahl zum Papst für Kardinal Robert F. Prevost vorgesehen. Er erhalte diese Medaille für das »lebenslange Engagement für die Armen und das Zeugnis der augustinischen Werte«, sagte Provinzialprior Pater Robert P. Hagan bei der Verleihung. Als Papst gebe er nun ein Beispiel, »damit wir alle dem Herrn und einander näherkommen und zu Friedensstiftern werden«.
Leo XIV. wandte sich auf Englisch an die rund 700 Gäste:
Guten Abend und Gottes Segen für euch alle, die ihr an diesem wunderbaren Anlass teilnehmt.
Am Hochfest unseres heiligen Vaters, des heiligen Augustinus, bin ich demütig und wirklich geehrt, die Augustinus-Medaille von der Provinz des heiligen Thomas von Villanova entgegenzunehmen. Während ich diese Botschaft aufzeichne, bin ich der Hitze Roms entflohen und verbringe einige Zeit in Castel Gandolfo zum Gebet, zur Besinnung und ein wenig Erholung. Es wird euch freuen, dass die Pfarrkirche in dieser Stadt außerhalb Roms dem heiligen Thomas von Villanova geweiht ist, bekannt als Vater der Armen, ein besonders begabter Augustiner und Bischof, der sein Leben in den Dienst der Armen stellte.
Als Augustiner bemühen wir uns jeden Tag, dem Beispiel unseres geistlichen Vaters, des heiligen Augustinus, gerecht zu werden. Als Augustiner anerkannt zu sein, ist eine für mich tief empfunden Ehre. So vieles von dem, was ich bin, verdanke ich dem Geist und den Lehren des heiligen Augustinus. Ich danke euch allen für die vielen Weisen, in denen euer Leben einen tiefgehenden Einsatz für die Werte Veritas, Unitas, Caritas bezeugt.
Der heilige Augustinus war, wie ihr wisst, einer der großen Begründer des Mönchtums; ein Bischof, Theologe, Prediger, Autor und Kirchenlehrer. Doch das geschah nicht über Nacht. Sein Leben war voller Versuche und Irrtümer, so wie auch unser eigenes. Doch durch die Gnade Gottes, durch die Gebete seiner Mutter Monika und die Gemeinschaft guter Menschen, die ihn umgaben, konnte Augustinus den Weg zum Frieden für sein unruhiges Herz finden.
Das Leben des heiligen Augustinus und sein Ruf, dienend zu leiten, erinnert uns daran, dass wir alle von Gott gegebene Gaben und Talente haben, und dass unser Sinn, unsere Erfüllung und unsere Freude darin bestehen, sie im liebevollen Dienen an Gott und an unserem Nächsten zurückzuschenken.
Es trifft sich gut, dass wir heute Abend miteinander verbunden sind, während ihr euch im historischen Philadelphia versammelt, Sitz einer Kirche, die dem heiligen Augustinus geweiht ist, eine der ältesten Gemeinden in den Vereinigten Staaten. Wir folgen den Spuren von Augustinerpatres wie Pater Matthew Carr und Pater John Rossiter, deren missionarischer Geist sie Ende des
18. Jahrhunderts drängte, hinauszugehen und den irischen und deutschen Einwanderern, die nach einem besseren Leben und nach religiöser Toleranz suchten, die Frohe Botschaft des Evangeliums zu bringen.
Bis zum heutigen Tag sind wir gerufen, dieses Erbe des liebevollen Dienstes am Volk Gottes fortzuführen. Jesus erinnert uns im Evangelium daran, den Nächs-ten zu lieben. Mehr denn je fordert uns dies heraus, unsere Mitmenschen heute mit den Augen Christi zu sehen: dass wir alle nach dem Bild und Gleichnis Gottes geschaffen sind – durch Freundschaft, Beziehung, Dialog und gegenseitigen Respekt. Dann können wir unsere Unterschiede überwinden und unsere wahre Identität als Schwestern und Brüder in Christus entdecken. Als Glaubensgemeinschaft und inspiriert vom Charisma der Augustiner, sind wir berufen, in unseren Familien und Nachbarschaften Friedensstifter zu sein und Gottes Gegenwart in uns wechselseitig wahrzunehmen. Frieden beginnt damit, was wir sagen und tun, und wie wir es sagen und tun.
Der heilige Augustinus erinnert uns daran, dass wir zuerst zuhören müssen, bevor wir sprechen. Und als synodale Kirche sind wir eingeladen, die Kunst des Zuhörens neu zu erlernen: durch Gebet, durch Stille, durch Unterscheidung und Besinnung. Wir haben die Möglichkeit und die Verantwortung, auf den Heiligen Geist zu hören, aufeinander zu hören, auf die Stimmen der Armen zu hören und derer, die am Rand stehen, deren Stimmen gehört werden müssen. Der heilige Augustinus mahnt uns, auf den inneren Lehrer zu achten, auf die Stimme, die in uns allen spricht. Denn in unserem Herzen spricht Gott zu uns.
In einer seiner Predigten ermutigte Augus-tinus seine Zuhörer: »Habt nicht euer Herz in den Ohren, sondern eure Ohren im Herzen.«
Was müssen wir tun, um mit den Ohren unseres Herzens zu hören? Die Welt ist voller Lärm, und unser Geist und unser Herz kann mit vielerlei Botschaften überschwemmt werden. Diese Botschaften können unsere Unruhe nähren und uns die Freude rauben. Als Gemeinschaft von Glaubenden, die eine Beziehung zum Herrn aufbauen will, wollen wir uns bemühen, diesen Lärm zu filtern, die spaltenden Stimmen in Geist und Herz, und uns der täglichen Einladung zu öffnen, Gott und seine Liebe besser kennenzulernen. Wenn wir die liebevolle, tröstende Stimme des Herrn hören, können wir sie mit der Welt teilen und so eins in ihm werden.
Ich bin dankbar für diese Ehre und besonders für die heiligen Messen und die Gebete für mich, heute Abend und zu anderen Gelegenheiten, während ich mich bemühe, meinen Dienst demütig auszuüben.
Bitte betet weiterhin für mich und für die Anliegen des ganzen Volkes Gottes in der ganzen Welt. Seid meiner Gebete für euch alle, die ihr heute Abend hier versammelt seid, gewiss: für meine Mitbrüder bei den Augustinern, für die Missionare von Villanova – frühere, aktuelle und zukünftige, für die alten und die jungen Menschen, für Reich und Arm, für alle unsere lieben Freunde des Ordens. Wie Augustinus bringen wir unsere Momente der Angst, der Dunkelheit und des Zweifelns mit, und wie Augustinus können wir durch Gottes Gnade erfahren, dass seine Liebe wahrhaft heilt. Bauen wir eine Gemeinschaft auf, in der diese Liebe sichtbar wird.
Lasst uns weiterhin unsere gemeinsame Sendung als Kirche und Gemeinschaft stärken, unseren Auftrag Frieden zu fördern, in Hoffnung zu leben und Gottes Licht und Liebe in der Welt widerzuspiegeln. In unserer Einheit in Christus und in der Gemeinschaft untereinander wird dieses Licht immer stärker werden und heller in unserer Welt strahlen.
Unter der Führung und dem Schutz der Jungfrau Maria, unserer Mutter vom guten Rat, dürfen wir nie die Gaben vergessen, die sie uns durch ihr gläubiges »Ja« geschenkt hat, als sie den Plan Gottes annahm.
Möge Gott euch alle segnen, eurem unruhigen Herzen Frieden schenken und euch helfen, eine Gemeinschaft der Liebe aufzubauen, ein Herz und eine Seele, ausgerichtet auf Gott. Und möge der Segen des allmächtigen Gottes, des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes auf euch herabkommen und allezeit bei euch bleiben.
Vielen Dank.
(Original engl., ital. in OR 29.08.2025)