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Ein in Jesus verliebter Zeuge für den Glauben

 Ein in Jesus verliebter  Zeuge für den Glauben  TED-035
06. September 2025

Von P. Arturo Elberti SJ*

In den ersten Monaten des Jahres 2006 war ich auf der Durchreise und hielt mich im Institut Leo XIII. in Mailand auf, das von den Jesuiten geleitet wird. Der Unterricht war gerade zu Ende und der Schulseelsorger machte mich auf einen Schüler aufmerksam, der »spirituell sehr engagiert« sei und ein »sonniges Gemüt« habe. Es war der junge Carlo Acutis.

Im Laufe der Jahre hatte ich die Möglichkeit, mich durch Biografien und Studien eingehender mit der Persönlichkeit dieses Heranwachsenden zu befassen, der noch im selben Jahr, einige Monate später, verstorben war. So habe ich sein Leben kennengelernt, in dem er sich sehr für Informatik interessierte. Gemeinsam mit einem Studenten des Fachbereichs Technische Informatik begann er die Internetseite seiner Pfarrei zu erstellen und zu verwalten. Auch für seine Schule erstellte er eine Internetseite für die Aktivitäten im Bereich des Ehrenamtes, im Rahmen eines nationalen Wettbewerbs unterstützte er viele Klassen bei der Erstellung von Spots. Den gesamten Sommer des Jahres 2006 verbrachte er mit dem Entwerfen der Seite. Auch die Internetseite der Päpstlichen Akademie »Cultorum Martyrum« stammte von ihm. Aber seine Persönlichkeit war vielschichtig und aufgrund seiner Liebenswürdigkeit und von Herzen kommenden Fröhlichkeit stand er oft im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit seiner Freunde.

Aber was unterschied Carlo von anderen Jugendlichen seines Alters? Im Lauf seines Lebens hatte er schon ziemlich bald eine einzigartige Person entdeckt: Jesus Christus, und als Heranwachsender verliebte er sich ganz in Ihn. Schon von klein auf veränderte die Begegnung mit dem Herrn sein Leben. Carlo findet in Ihm den Freund, den Meis-ter, den Erlöser, den Sinn seines Lebens. Ohne Ihn versteht man nichts von Carlos Alltag und Leben, das dem seiner Freunde in allem ähnlich ist, das aber ein unbesiegbares Geheimnis birgt. Dank seiner geistlichen Begleiter gründet er sein Leben auf zwei Säulen: die Eucharistie und die Muttergottes.

Von Kindheit an ist sein Leben ganz eucharistisch: Er pflegt nicht nur eine tiefe Liebe und Anbetung gegenüber dem Leib und Blut Christi, sondern er nimmt auch den Aspekt des Opfers und der Hingabe an, die er in der zum Tod führenden Krankheit praktisch lebt. Er nimmt täglich an der Eucharistiefeier teil und widmet der stillen Anbetung vor dem Tabernakel viel Zeit. So hat er selbst seinem geistlichen Begleiter gesagt: »Vom eucharistischen Geheimnis lerne ich, die unendliche Liebe des Herrn zu jedem Menschen zu verstehen.«

Die zweite Säule, auf die er sein Leben stützt, ist die Muttergottes. Ihr weiht er mehrmals sein Leben, in der Not nimmt er zu ihr Zuflucht mit der Gewissheit, dass Maria nichts verweigert. Es ist unmöglich über Carlo zu sprechen, ohne seine große Verehrung der Muttergottes zu berücksichtigen. Er ist dem täglichen Rosenkranzgebet treu und verbreitet die Marienverehrung unter seinen Bekannten.

Anfang Oktober 2006 erkrankt er. Was zunächst eine normale Grippe zu sein scheint, wird später als schwere Form der Leukämie diagnostiziert, vom Typ »M3«, die als aggressivste und nicht heilbare Form der Leukämie gilt. Er wird ins Krankenhaus eingeliefert. Bis zuletzt bewahrt er seine Gelassenheit und Fröhlichkeit, auch in den kritischsten Momenten. Er ist sich bewusst, dass die Begegnung mit Gott näher rückt. Mit seinem Verhalten und seinen Worten baut er die Menschen auf, die ihm nahe sind. Er empfängt die Krankensalbung und die Sterbekommunion. Er lächelt mit einem wunderschönen Blick und einem unvergleichlichen Mut. Im Alter von nur 15 Jahren stirbt er am 12. Oktober 2006 um 6.45 Uhr morgens.

Die Heiligsprechung dieses jungen Chris-ten hat großes Interesse und hohe Erwartungen geweckt. Zweifelsohne hat es nicht an abweichenden Meinungen gefehlt, die die Gestalt dieses Seligen in verzerrter Weise dargestellt haben. Seine Heiligsprechung, die sich Papst Franziskus sehr gewünscht hat, will keinen Theologen zur Ehre der Altäre erheben und noch weniger einen Kirchenlehrer. Vielmehr soll dadurch gezeigt werden, dass auch heute junge Christen den Glauben des Evangeliums leben können, und zwar auf konsequente, ganzheitliche Weise, und dass sie eine Beziehung zum Sakrament der Eucharistie haben können, die es ihnen erlaubt, das Heilsgeheimnis Christi zu feiern und eine lebendige Beziehung zu Ihm zu haben, der in unserer Mitte gegenwärtig ist. Carlo Acutis muss in seiner reichen Spiritualität und seinem vielfältigen Apostolat verstanden werden. Er ist nicht nur jemand, der häufig an der Eucharistiefeier teilnimmt und die eucharistische Anbetung pflegt, sondern er hat es verstanden daraus die Kraft zu schöpfen, um das Evangelium zu bezeugen. Das war der zentrale Punkt seines jungen Lebens. Die Zeugen im Selig-sprechungsprozess haben die Grundzüge seines Glaubens hervorgehoben: seine Liebe zur Eucharistie, die Sakramente, die Jungfrau Maria und das Zeugnis und die Treue zur katholischen Lehre. Andere junge Menschen wurden und werden dem Volk Gottes von der Kirche vor Augen gestellt: Maria Goretti, Pier Giorgio Frassati und viele andere. Niemand von ihnen ist ein Theologe, aber sie haben aus der Beziehung zur Eucharistie und zur Jungfrau Maria die Kraft zu schöpfen gewusst, Zeugnis zu geben für ihren Glauben. Zu ihnen wird auch der junge Carlo Acutis gehören.

* Theologischer Berater des Dikasteriums für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse