
Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Der Friede sei mit euch!
Zunächst sagte der Papst auf Englisch: Ich bin sicher, dass viele von Ihnen Englisch sprechen, nicht wahr? Ich werde versuchen, auf Französisch zu sprechen, und zähle dabei auf Ihr Wohlwollen!
Auf Französisch: Herzlich begrüße ich Seine Exzellenz, Bischof Dominique Blanchet, und heiße Sie alle willkommen, die gewählten und zivilen Amtsträger aus der Diözese Créteil auf Pilgerfahrt in Rom.
Es ist mir eine Freude, Sie auf Ihrem Weg des Glaubens zu empfangen: Sie werden in der Hoffnung gefestigt zu Ihren täglichen Aufgaben zurückkehren, gestärkt, um zum Aufbau einer gerechteren, menschlicheren, geschwisterlicheren Welt beizutragen, die nichts anderes sein kann als eine Welt, die tiefer vom Evangelium durchdrungen ist. Angesichts der Fehlentwicklungen aller Art, die unsere westlichen Gesellschaften erleben, können wir als Christen nichts Besseres tun, als uns Christus zuzuwenden und in der Wahrnehmung unserer Verantwortung um seine Hilfe zu bitten.
Deshalb ist Ihre Vorgehensweise mehr als eine persönliche Bereicherung, sondern sie ist von hoher Bedeutung und großem Nutzen für die Männer und Frauen, denen Sie dienen. Und dies ist umso verdienstvoller, als es in Frankreich – aufgrund einer zuweilen falsch verstandenen Laizität – für einen gewählten Amtsträger nicht leicht ist bei der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben in Über-einstimmung mit seinem Glauben zu handeln und zu entscheiden.
Das Heil, das Jesus durch seinen Tod und seine Auferstehung für uns erlangt hat, schließt alle Aspekte des menschlichen Lebens ein, darunter die Kultur, Wirtschaft und Arbeit, Familie und Ehe, die Achtung der Menschenwürde und des Lebens, die Gesundheit, bis hin zu Kommunikation, Bildung und Politik. Christentum kann nicht auf eine bloß private Frömmigkeit reduziert werden, weil es eine Lebensweise in der Gesellschaft einschließt, die geprägt ist von der Liebe zu Gott und dem Nächsten, der in Christus kein Feind mehr ist, sondern ein Bruder.
Ihre Region, der Ort Ihres Engagements, hat große soziale Probleme zu bewältigen, wie die Gewalt in gewissen Stadtvierteln, Unsicherheit, Prekarität, Drogennetzwerke, Arbeitslosigkeit, der Verlust des guten Zusammenlebens… Um sich dem zu stellen, wird ein christlicher Verantwortungsträger gestärkt durch die Tugend der Liebe, die seit seiner Taufe in ihm wohnt. Sie ist eine Gabe Gottes, eine »Kraft […], die neue Wege eröffnen kann, um den Problemen der heutigen Welt zu begegnen und Strukturen, soziale Organisationen und Rechtsordnungen von innen heraus und von Grund auf zu erneuern. So gesehen wird die Liebe zu einer sozialen und politischen Liebe: Die soziale Liebe lässt uns das Gemeinwohl lieben und auf wirkungsvolle Weise das Wohl aller Personen anstreben« (Kompendium der Soziallehre der Kirche, 207). Deshalb ist der Verantwortung tragende Christ besser darauf vorbereitet, sich den Herausforderungen der heutigen Welt zu stellen, selbstverständlich in dem Maße, in dem er den in ihm wirksamen Glauben – seine persönliche Beziehung zu Christus, der ihn erleuchtet und ihm diese Kraft schenkt – lebt und bezeugt. Jesus sagt dies ganz deutlich: »Getrennt von mir könnt ihr nichts vollbringen« (Joh 15,5). Daher braucht man sich nicht zu wundern, dass die Förderung von »Werten«, wie sehr sie auch dem Evangelium entsprechen mögen, nicht in der Lage sind, die Welt zu verändern, wenn sie von Chris-tus »entleert« sind, der deren Urheber ist.
Dann hat mich Bischof Blanchet gebeten, Ihnen einige Ratschläge zu geben. Der erste – und einzige –, den ich Ihnen geben würde, ist: immer mehr mit Jesus vereint zu sein, aus ihm zu leben und ihn zu bezeugen. Es gibt keine Trennung in der Persönlichkeit einer Person des öffentlichen Lebens: es gibt nicht auf der einen Seite den Politiker und auf der anderen den Christen. Sondern da ist der Politiker, der unter dem Blick Gottes und seines Gewissens die eigene Aufgabe und Verantwortung auf christliche Weise lebt.
Sie sind daher aufgerufen, Ihren Glauben zu stärken, die Lehre – insbesondere die Soziallehre – zu vertiefen, die Jesus die Welt gelehrt hat, und sie umzusetzen in der Aus-übung Ihrer Funktionen und der Ausarbeitung der Gesetze. Die Grundlagen der Lehre stimmen wesentlich mit der Natur des Menschen überein, mit dem Naturrecht, das alle anerkennen können, auch Nichtchristen, auch Nichtglaubende. Man darf also keine Angst haben, es mit Überzeugung vorzuschlagen und zu verteidigen: Es ist eine Lehre des Heils, die das Wohl aller Menschen im Blick hat, den Aufbau von friedlichen, harmonischen, florierenden und versöhnten Gesellschaften.
Ich bin mir vollkommen bewusst, dass das offen christliche Engagement eines öffentlichen Verantwortungsträgers nicht leicht ist, besonders in gewissen westlichen Gesellschaften, in denen Christus und seine Kirche ausgegrenzt, oft ignoriert und lächerlich gemacht werden. Ebenso ist mir nicht unbekannt, dass die Politiker dem Druck, den Richtlinien der Partei unterworfen sind, der »ideologischen Kolonialisierung«, um es mit einem treffenden Wort von Papst Franziskus zu sagen. Sie brauchen Mut: den Mut, manchmal zu sagen: »Nein, ich kann nicht!«, wenn die Wahrheit auf dem Spiel steht. Auch da wird Ihnen allein die Einheit mit Jesus – dem gekreuzigten Jesus! – den Mut geben, für seinen Namen zu leiden. Er hat zu seinen Jüngern gesagt: »In der Welt seid ihr in Bedrängnis; aber habt Mut: Ich habe die Welt besiegt« (Joh 16,33).
Liebe Freunde, ich danke Ihnen für Ihren Besuch und versichere Sie meiner aufrichtigen Ermutigung für die Fortsetzung Ihrer Arbeit im Dienst Ihrer Landsleute. Bewahren Sie die Hoffnung auf eine bessere Welt. Bewahren Sie die Gewissheit, dass Ihr Bemühen in der Vereinigung mit Christus Frucht bringen und vergolten werden wird. Ich vertraue Sie und auch Ihr Land dem Schutz Unserer Lieben Frau von der Aufnahme in den Himmel an und erteile Ihnen von ganzem Herzen den Apostolischen Segen.
(Orig. franz.; ital. in O.R. 28.8.2025)