
Von Federico Piana
Der Ton seiner Stimme ist trostlos und resigniert, manchmal auch verzweifelt: »Hier stirbt man sogar in Krankenhäusern, die dich doch heilen sollten.« Gaza-Stadt, Stadtteil Zaytun, im Südwesten der Altstadt. Dort steht seit 1882 das Al-Ahli Arab Hospital, die einzige christliche Gesundheitseinrichtung im gesamten Gazastreifen. Von hier ruft Maher Ayyad seinen Schmerz in die Welt, während in der Einrichtung, deren ärztlicher Direktor er ist, ununterbrochen Tragen, Verwundete und Tote hinein und hinausgetragen werden. Er hat längst aufgehört, sie zu zählen: »Alle Krankenhäuser in Gaza sind überfüllt mit Verletzten, der Andrang ist unvorstellbar. Man sucht verzweifelt nach Betten, aber man findet keine. Wenn es gut läuft, verbringen Patienten die Nächte in den Gärten, in den Fluren… es gibt einfach nicht genug Platz, um alle aufzunehmen.«
Von Tag zu Tag, mit der Zunahme der israelischen Angriffe, häufen sich die Sterbenden, die ins Al-Ahli Arab Hospital gebracht werden. Doch nur wenige von ihnen können letztlich gerettet werden. Maher Ayyad weiß das, aber er kann nichts dagegen tun. In einem Gespräch mit den Vatikanmedien schildert er, was sein gewissenhafter Arztverstand trotz allem nicht akzeptieren will: »Wir müssen entscheiden, wer überleben darf und wer nicht. Leider zwingt uns der Mangel an Ressourcen dazu, auf diejenigen zu setzen, die die größten Überlebenschancen haben. Wenn zwei Verletzte gleichzeitig operiert werden müssten, müssen wir entscheiden, wem wir diese Chance geben.«
Unschuldige Opfer
Die Patienten, die ihr Leben verlieren, sind nicht mehr zu zählen. Unschuldige Opfer eines Krieges, der aus den Krankenhäusern alles verschwinden ließ, sogar Verbandsmaterial, Antibiotika und Aspirin. Ganz zu schweigen von den Intensivstationen. In der von Maher Ayyad geleiteten Einrichtung sind die Plätze begrenzt, unzureichend. »Manchmal«, sagt er, »sind wir gezwungen, Patienten zu früh zu entlassen. Und wenn einer von ihnen an ein Beatmungsgerät angeschlossen ist, trennen wir ihn vorzeitig und setzen ihn damit sehr hohen Risiken aus.«
Es fehlt an allem
Wie in allen Krankenhäusern des Gaza-streifens stirbt man auch in diesem, das von der anglikanischen Gemeinschaft geführt wird, wegen Stromausfällen, wegen kaum vorhandener Geräte und wegen fehlendem Fachpersonal. Zwar arbeiten viele Ärzte dort, aber Spezialisten kann man an einer Hand abzählen – man bräuchte weitaus mehr. »Wir tun, was wir können«, wiederholt der ärztliche Direktor unermüdlich, »aber viele unserer Ärzte sind Berufsanfänger, Assistenzärzte, Freiwillige oder Medizinstudenten. Jeden Tag behandeln wir 700 Patienten, davon über 100 Verletzte.« Ein Wunder – angesichts der schwierigen Situation.
Wenn Dr. Ayyad jemanden nicht direkt behandeln kann, versucht er, ihn in ein anderes Krankenhaus in der Region zu überweisen. Doch das bleibt nur ein verzweifelter Versuch, denn die Situation ist in allen Kliniken in Gaza gleich: »Aber wir arbeiten untereinander zusammen. Wenn wir können, teilen wir alles, was wir haben, nur um Leben zu retten. Es gibt auch Kooperation mit dem von den Gesundheitsbehörden Gazas betriebenen Krankenhaus, um die Auswirkungen dieses Krieges abzumildern.«
Drohendende Hungersnot
Die Gefahr einer vollständigen Einnahme des Streifens durch die israelische Armee verkompliziert und verschlimmert die Lage dras-tisch. Eine Million Menschen lebt in Zelten und Behelfsunterkünften auf engem Raum, wo es am Nötigsten fehlt – vor allem an Wasser und Nahrung. Und der Hunger ruft Krankheiten hervor, die dann nicht behandelt werden können, weil die Krankenhäuser am Limit sind.
Viele Gesundheitseinrichtungen wurden bombardiert – auch das Al-Ahli Arab Hospital mehrfach: 2023 tötete eine Explosion im Hof eine große Zahl geflüchteter Palästinenser, und Anfang dieses Jahres verwüsteten Raketen die Notaufnahme. »Auch kürzlich, während eines Luftangriffs, wurden sieben Menschen innerhalb unseres Krankenhauses getötet«, beklagt Ayyad. Sein Schmerzensschrei wird noch lauter, wenn er an all jene Leben denkt, die er hätte retten können, die er aber gezwungen war, auf dem Altar eines Krieges zu opfern, den er für nutzlos und unsinnig hält: »Ich appelliere an die internationale Gemeinschaft: Bitte, tut alles, um dieses Massaker zu stoppen. Es geht nicht nur um das Wohl der Palästinenser, sondern auch um
das der Israelis. Wir wollen Frieden. Wir wollen zusammenleben. Das ist unser größter Wunsch.«