
Sehr geehrte Mitglieder der
Internationalen Föderation
Katholischer Universitäten,
im Rahmen der 28. Generalversammlung der Internationalen Föderation Katholischer Universitäten (FIUC), die dieses Jahr in Guadalajara, Mexiko, stattfindet, danke ich Euch für die Gelegenheit, die Ihr mir bietet, einige kurze Überlegungen mit Euch teilen zu können.
Das Motto, das die Feier des 100-jährigen Bestehens der FIUC inspiriert, lautet: »Die katholischen Universitäten als Choreografen des Wissens«. Das ist ein sehr schöner Ausdruck, der zu Harmonie, Einheit, Dynamik und Freude auffordert. In diesem Kontext müssen wir uns fragen, welcher Musik wir dabei folgen. In der heutigen Zeit gibt es vielleicht mehr als in anderen Epochen eine Fülle von »Sirenengesängen«, die aufgrund ihrer Neuheit, ihrer Popularität oder in anderen Fällen aufgrund der scheinbaren Sicherheit, die sie einflößen, eine gewisse Attraktivität ausüben. Aber unabhängig von diesen per se oberflächlichen Eindrücken sind die katholischen Universitäten aufgerufen, »Weg des Geistes zu Gott« zu werden – nach einem treffenden Ausdruck des heiligen Bonaventura –, damit die berechtigte Aufforderung des heiligen Augustinus in uns Wirklichkeit werden möge: »Seht, Brüder, was in der menschlichen Seele geschieht. Aus sich selbst hat sie kein Licht, aus sich selbst hat sie keine Tugend. All das Schöne, das es in der Seele gibt, ist Tugend und Weisheit. Aber weder das, was sie weiß, kommt von ihr, noch hat sie ihre Tugend aus sich selbst, auch ist sie nicht selbst Licht […]. Es gibt einen Ursprung und eine Quelle der Tugend und eine Wurzel der Weisheit. Es gibt sozusagen einen Bereich, wenn man ihn so nennen kann, der unveränderlichen Wahrheit. Entfernt sich die Seele von ihm, gerät sie in Finsternis; nähert sie sich, wird sie erleuchtet« (Psalmenkommentar 58,I,1).
Das universitäre Umfeld mit seinem charakteristischen Dialog zwischen unterschiedlichen Weltanschauungen ist dem Wesen und Handeln der Kirche keineswegs fremd. Um zu verstehen, warum dies so ist, sollte man, wenn auch nur kurz, daran erinnern, dass die Christen schon seit Beginn der Evangelisierung klar erkannt haben, dass die Frohe Botschaft nicht verkündet werden konnte, ohne zu klären, inwieweit sie mit anderen Weltanschauungen und anderen Vorstellungen davon, was es bedeutet, Mensch zu sein und in einer Gesellschaft zu leben, vereinbar war oder nicht. In diesem Zusammenhang ist die Frage von Bedeutung, die der heilige Paulus an die Christen von Rom richtet, mit der er sie auffordert, ihren aktuellen Lebensstil mit ihrem früheren Lebensstil zu vergleichen: »Welche Frucht hattet ihr damals? Es waren Dinge, deren ihr euch jetzt schämt; denn sie bringen den Tod« (Röm 6,21). Den Völkern der antiken Welt fehlte es sicherlich nicht an Intelligenz, und doch lässt sich das Endergebnis all ihres Denkens für den Apos-tel mit dem Wort »Tod« zusammenfassen. Warum? Was fehlte? Es fehlte Christus, Wort und Weisheit des Vaters; es fehlte derjenige, durch den und auf den hin alles erschaffen ist (vgl. Kol 1,16).
Christus tritt nicht als Fremder in den rationalen Diskurs ein, sondern er ist vielmehr der Schlussstein, der Sinn und Harmonie schenkt – unserem gesamten Denken, all unserem Sehnen und Planen, um das gegenwärtige Leben zu verbessern und dem menschlichen Bemühen ein Ziel und Transzendenz zu verleihen.
Der heilige Thomas hat gut verstanden, dass in Christus, der Weisheit, das ganz unserem Glauben Eigene und zugleich das ganz Universale der menschlichen Intelligenz ist, und dass gerade deshalb die so verstandene Weisheit der natürliche Ort der Begegnung und des Dialogs mit allen Kulturen und allen Denkweisen ist. In seinem Sentenzenkommentar lesen wir, dass die Weisheit, »mag es sich um eine intellektuelle Fähigkeit handeln oder um eine Gabe [Gottes] vor allem das Göttliche betrifft; und insoweit alles Übrige von ihr beurteilt werden kann, sagt man, dass der Weise eine größere Gewissheit erreicht als alle anderen« (III, d. 35, q. 2, a. 2, qc 2). Das heißt, wir müssen uns nicht von Christus entfernen oder seine einzigartige und besondere Position relativieren, um einen respektvollen und fruchtbaren Dialog mit anderen – alten oder neuen – Denkschulen zu führen.
Liebe Brüder und Schwestern, in der Hoffnung, dass Christus, die Weisheit – und mensch-gewordene Wahrheit, die die Welt an sich zieht –, der Kompass sei, der die Arbeit der von Euch geleiteten Hochschuleinrichtungen leitet, und dass die liebevolle Kenntnis seiner Person der Anstoß für eine Neuevangelisierung im Bereich der katholischen Hochschulbildung sein möge, erteile ich Euch allen den Apostolischen Segen.
Aus dem Vatikan, am 21. Juli 2025
(Orig. span.; ital. in O.R. 29.7.2025)