
Guten Tag, guten Tag!
Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Der Friede sei mit euch!
Liebe Mitbrüder im Bischofsamt, liebe Ausbilder und Seminaristen der Diözesen des Triveneto!
Ich freue mich, euch anlässlich der Heilig-Jahr-Wallfahrt begegnen zu können. Ich denke, dass ihr alle auch gestern dabei wart, das ist also die zweite Gelegenheit. Eure Heimat kann sich tiefer christlicher Wurzeln rühmen, die uns zur alten Kirche von Aquileia zurückführen. An dieser geistlichen Gedenkstätte des Glaubens erstrahlt das Zeugnis vieler Märtyrer und heiliger Hirten. Denken wir an Bischof Chromatius, denken wir an Hieronymus und Rufinus, Vorbilder an Gelehrsamkeit und asketischem Leben, sowie an die seligen Tullio Maruzzo und Giovanni Schiavo, Missionare, die das Evangelium unter verschiedenen Völkern, Sprachen und Kulturen verbreiteten.
Heute sind wir an der Reihe, dieses faszinierende Werk fortzusetzen. Insbesondere ihr Seminaristen seid aufgerufen, euch in diese reiche Geschichte der Gnade einzufügen, um sie zu bewahren und in der Nachfolge des Herrn zu erneuern. Lasst euch nicht entmutigen, wenn der Weg, der vor euch liegt, bisweilen schwer ist. Wie der selige Johannes Paul I. zum Klerus von Rom sagte: Übt euch »nach und nach« in der Disziplin einer »langen und nicht leichten Mühe. Sogar die Engel, die Jakob im Traum erblickte, flogen nicht, sondern stiegen eine Stufe nach der anderen hinauf; wie viel weniger können wir das, die wir arme Menschen ohne Flügel sind« (Ansprache an den römischen Klerus, 7. September 1978). So sprach ein Hirte, in dem die besten Tugenden eures Volkes aufleuchteten: In ihm habt ihr ein wahres Vorbild für das priesterliche Leben.
Ich möchte auch an einen Schritt der Bekehrung des heiligen Augustinus erinnern, wie er ihn selbst in seinen Bekenntnissen schildert. Einerseits sehnte er sich danach, sich für Christus zu entscheiden, andererseits hielten ihn Skrupel und Versuchungen zurück. Tief beunruhigt zog er sich eines Tages in den Garten seines Hauses zurück, um nachzudenken. Dort erschien ihm die Tugend der Enthaltsamkeit in Person und sprach zu ihm: »Warum willst du in dir
selbst stehen, wo du doch nicht stehen kannst? Wirf dich auf den Herrn! Fürchte dich nicht! Er zieht sich nicht zurück, so dass du hinfällst. Wirf dich unbesorgt auf ihn.
Er fängt dich auf und heilt dich« (Bekenntnisse VIII, 27).
Wie ein Vater wiederhole ich euch dieselben Worte, die dem unruhigen Herzen des Augustinus so gut getan haben: Sie gelten nicht nur in Bezug auf den Zölibat, der ein Charisma ist, das es anzuerkennen, zu bewahren und zu pflegen gilt, sondern sie können euren gesamten Weg der Entscheidungsfindung und Ausbildung zum geweihten Amt leiten. Insbesondere laden diese Worte euch ein, ein grenzenloses Vertrauen in den Herrn – den Herrn, der euch berufen hat – zu haben und den Anspruch aufzugeben, euch selbst genügen zu wollen oder es alleine schaffen zu können. Und das gilt nicht nur für die Jahre im Seminar, sondern für das ganze Leben: In jedem Augenblick, umso mehr in Zeiten der Trostlosigkeit oder sogar der Sünde, mögt ihr die Worte des Psalmisten wiederholen: »Ich vertraue auf die Güte Gottes immer und ewig« (Ps 52,10). Das Wort Gottes und die Sakramente sind immerwährende Quellen, aus denen ihr stets neue Kraft für euer geistliches Leben und auch für euren pastoralen Einsatz schöpfen könnt.
Denkt also nicht, dass ihr allein seid, und denkt auch nicht, dass ihr auf euch allein gestellt seid. Zweifellos – wie es in der Ratio fundamentalis heißt – ist jeder von euch »die Hauptperson seiner Ausbildung und aufgerufen, beständig menschlich, geistlich, intellektuell und pastoral […] zu wachsen« (Kongregation für den Klerus, Das Geschenk der Berufung zum Priestertum, 130). Aber Hauptpersonen zu sein bedeutet nicht, Solisten zu sein! Deshalb lade ich euch ein, immer die Gemeinschaft zu pflegen, vor allem mit euren Mitbrüdern im Seminar. Habt volles Vertrauen in eure Ausbilder, ohne Vorbehalte oder Verstellung. Und ihr Ausbilder, seid gute Wegbegleiter der Seminaristen, die euch anvertraut sind: Gebt ihnen das demütige Zeugnis eures Lebens und eures Glaubens; begleitet sie mit aufrichtiger Zuneigung. Seid euch bewusst, dass ihr alle von der Kirche unterstützt werdet, vor allem in der Person des Bischofs.
Und schließlich das Wichtigste: Haltet euren Blick fest auf Jesus gerichtet (vgl. Hebr 12,2) und pflegt die freundschaftliche Beziehung zu ihm. Dazu schrieb der englische Priester Robert Hugh Benson (1871-1914) nach seiner Konversion zum Katholizismus: »Wenn es eine Sache gibt, die im Evangelium keinen Zweifel lässt, dann ist es dies: Jesus Christus möchte unser Freund sein. […] Das Geheimnis, das die Heiligen ausmacht, liegt ganz darin: im Bewusstsein der Freundschaft Jesu Christi« (Die Freundschaft mit Christus, Regensburg, Rom, New York, Cincinnati 1914). Wie Papst Franziskus in der Enzyklika Dilexit nos schrieb, bittet er, »dass du dich ohne Scham zu deiner Freundschaft mit ihm bekennst […]. Er bittet dich, den Mut zu haben, den anderen zu sagen, dass es dir gut tut, ihm begegnet zu sein« (Nr. 211). Die Begegnung mit Jesus rettet nämlich unser Leben und schenkt uns die Kraft und die Freude, allen das Evangelium zu verkünden.
Meine Lieben, danke für diesen Besuch. Einen guten Weg! Die Muttergottes begleite euch immer, und auch mein Segen. Danke! [Gebet des Vaterunser und Segen] Einen schönen Tag! Vielen Dank und einen guten Weg im Glauben!
(Orig. ital. in O.R. 25.6.2025)