· Vatikanstadt ·

Audienz für die Teilnehmer an einer von der Kardinal-Domenico-Bartolucci-Stiftung organisierten Veranstaltung

Dynamische Einheit in der Vielfalt

 Dynamische Einheit in der Vielfalt  TED-025
27. Juni 2025

Liebe Brüder und Schwestern,

guten Abend!

Nachdem wir diese engelgleichen Stimmen gehört haben, wäre es fast besser, nicht zu reden und mit dieser wunderschönen Erfahrung auseinanderzugehen…

Ich möchte Kardinal Dominique Mamberti, Sr. Raffella Petrini, die geschätzten Referenten und die namhaften Gäste begrüßen. Mit Freude nehme ich an dieser Begegnung teil, in der wir mit Worten und mit
Musik die neue von der Kardinal-Domenico-
Bartolucci-Stiftung geförderten und von der Vatikanpost anlässlich des 500. Geburtstages von Palestrina hergestellten Sondermarkenausgabe feiern.

Giovanni Pierluigi da Palestrina war in der Kirchengeschichte einer der Komponis-ten, die am meisten zur Förderung der Kirchenmusik beigetragen haben, »zur Ehre Gottes und zur Heiligung und Erbauung der Gläubigen« (Hl. Pius X., Motu proprio Inter plurimas pastoralis officii sollicitudines,
22. November 1903, 1), im schwierigen und gleichzeitig begeisternden Umfeld der Gegenreformation. Seine feierlichen und strengen Kompositionen, am Gregorianischen Gesang inspiriert, vereinen die Musik eng mit der Liturgie »sei es, dass sie das Gebet inniger zum Ausdruck bringt oder die Einmütigkeit fördert, sei es, dass sie die heiligen Riten mit größerer Feierlichkeit umgibt« (Zweites Vatikanisches Ökumenisches Konzil, Konstitution Sacrosanctum Concilium, 112).

Im Übrigen ist die Polyphonie eine bedeutungsvolle Musikform, für das Gebet und für das christliche Leben. Vor allem ist sie am heiligen Text inspiriert, den sie »mit passender Melodie bekleiden« (Inter sollicitudines, 1) will, damit er »den Verstand der Gläubigen« (ebd.) besser erreicht. Darüber hinaus gelangt sie zu diesem Ziel, indem sie die Worte mehreren Stimmen anvertraut, wobei eine jede sie auf ihre ureigene Weise wiederholt, mit verschiedenen und einander ergänzenden melodischen Klängen. Schließlich harmonisiert sie das Ganze dank der Fertigkeit, mit der der Komponist die Melodien entfaltet und verknüpft, unter Achtung der kontrapunktischen Regeln, indem er die einen zum Echo der anderen macht, manchmal auch Dissonanzen schafft, die dann Auflösung finden in neuen Akkorden. Die Wirkung dieser dynamischen Einheit in der Vielfalt – Metapher unseres gemeinsamen Glaubensweges unter der Führung des Heiligen Geistes – besteht darin, den Zuhörern zu helfen, mit immer größerer Tiefe in das von den Worten zum Ausdruck gebrachte Geheimnis einzudringen und dort, wo es angebracht ist, mit Wechselgesängen oder »in alternatim« zu antworten.

Gerade dank dieses Reichtums an Form und Inhalt hat die römische polyphonische Überlieferung uns nicht nur einen enormen Schatz an Kunst und Spiritualität hinterlassen, sondern ist auch heute weiterhin im musikalischen Bereich ein Bezugspunkt, auf den man wenngleich mit den gebührenden Anpassungen, in der sakralen und liturgischen Komposition schauen kann, damit durch den Gesang alle Gläubigen »zu der vollen, bewussten und tätigen Teilnahme an den liturgischen Feiern geführt werden« (Sacrosanctum concilium, 14), unter tiefer Anteilnahme der Stimme, des Verstandes und des Herzens. Für all das ist die »Missa Papae Marcelli« in ihrer Art ein Vorbild schlechthin, ebenso wie das kostbare Repertoire an Kompositionen, die uns der unvergessliche Kardinal Domenico Bartolucci hinterlassen hat, ein renommierter Komponist und fast 50 Jahre lang Direktor des Päpstlichen Chors der Sixtinischen Kapelle.

Ich danke daher allen, die diese Begegnung ermöglicht haben: der Bartolucci-
Stiftung, den Referenten, dem Chor und euch allen. Ich versichere euch meines Gebetsgedenkens. Der heilige Augustinus sagte, als er über den Gesang des österlichen Hallelujas sprach: »Singen wir es also jetzt, meine Brüder […] Wie die Wanderer zu singen pflegen, singe, aber schreite voran […] Geh voran, geh im Guten voran […] Singe und schreite voran! Komm nicht vom Weg ab, schau nicht zurück, halte nicht an!« (Sermo 256,3). Machen wir uns seine Einladung zu eigen, besonders in dieser heiligen Zeit des Jubeljahres. Allen erteile ich meinen Segen.

(Orig. ital. in O.R. 19.6.2025)