· Vatikanstadt ·

Audienz für die Mitarbeiter im Staatssekretariat

Zeitbezogen und zugleich universal

 Zeitbezogen und zugleich universal  TED-023
13. Juni 2025

Eminenz, Kardinal Parolin,

Exzellenzen, liebe Mitbrüder im

bischöflichen und priesterlichen Dienst,

liebe Schwestern und Brüder!

Zunächst möchte ich dem Staatssekretär für diese einleitenden Worte danken, die er gesprochen hat, und für die beständige Zusammenarbeit, die er mir anbietet, während ich die ersten Schritte dieses Pontifikats gehe.

Ich freue mich sehr, mit euch zusammenzutreffen, die ihr der Kirche einen wertvollen Dienst leistet, indem ihr mir helft, die mir anvertraute Sendung umzusetzen. Denn wie es in Praedicate evangelium heißt, hilft das Staatssekretariat als päpstliches Sekretariat dem Papst unmittelbar bei der Ausübung seines höchsten Amtes (vgl. Art. 44-45).

Es ist mir ein Trost zu wissen, nicht allein zu sein und die Verantwortung meines universalen Dienstes mit euch zu teilen.

Das steht nicht im Text, aber ich sage ganz ehrlich, dass es in diesen wenigen Wochen – noch sind wir nicht bei einem Monat meines Dienstes im Petrusamt angelangt – offensichtlich ist, dass der Papst nicht allein vorgehen kann und dass es notwendig ist, es sehr nötig ist, auf die Mitarbeit vieler beim Heiligen Stuhl zählen zu können, aber in besonderer Weise auf euch alle aus dem Staatssekretariat. Und ich danke euch von Herzen.

Die Geschichte dieser Institution reicht, wie wir wissen, bis in das Ende des 15. Jahrhunderts zurück. Mit der Zeit hat sie eine immer universalere Physiognomie angenommen und sich wesentlich vergrößert, stetig wachsend durch die Übernahme weiterer Aufgaben aufgrund der neuen Anforderungen sowohl im kirchlichen Bereich als auch in den Beziehungen mit den Staaten und internationalen Organisationen. Aktuell sind fast die Hälfte von euch Laien. Und es gibt über 50 Frauen, sowohl Laiinnen als auch Ordensfrauen.

Diese Entwicklung hat dazu geführt, dass das Staatssekretariat heute das Antlitz der Kirche widerspiegelt. Es handelt sich um eine große Gemeinschaft, die an der Seite des Papstes arbeitet: gemeinsam teilen wir die Fragen, Schwierigkeiten, Herausforderungen und Hoffnungen des Volkes Gottes in der ganzen Welt. Wenn wir dies tun, bringen wir immer zwei wesentliche Aspekte zum Ausdruck: Inkarnation und Katholizität.

Wir sind inkarniert in der Zeit und in der Geschichte, denn so wie Gott den Weg des Menschlichen und der Sprachen der Menschen gewählt hat, ist auch die Kirche aufgerufen, diesem Weg zu folgen, damit die Freude des Evangeliums alle erreichen und in den aktuellen Kulturen und Ausdrucksweisen vermittelt werden kann. Und zugleich bemühen wir uns immer um eine katholische, universale Sichtweise, die es uns erlaubt, die unterschiedlichen Kulturen und Mentalitäten wertzuschätzen. So können wir die zentrale Antriebskraft sein, die sich dafür einsetzt, Gemeinschaft herzustellen zwischen der Kirche von Rom und den Ortskirchen sowie Beziehungen der Freundschaft in der internationalen Gemeinschaft zu knüpfen.

In den letzten Jahrzehnten sind diese beiden Aspekte – in der Zeit inkarniert zu sein und eine universale Sicht zu haben – immer wichtiger für die Arbeit der Kurie geworden. Diesen Weg hat uns die Kurienreform gewiesen, die der heilige Paul VI. durchgeführt hat. Inspiriert von der Sicht des Zweiten Vatikanischen Konzils, hat er die dringende Notwendigkeit gespürt, dass die Kirche – in Anbetracht der »Schnelllebigkeit der heutigen Zeit« und der »ver-änderten aktuellen Situation« (Regimini Ecclesiae universae, 15. August 1967) – den Herausforderungen der Zeit große Aufmerksamkeit widmen muss. Zugleich hat er die Notwendigkeit eines Dienstes unterstrichen, der die Katholizität der Kirche zum Ausdruck bringt, und hat daher festgelegt, dass »diejenigen, die am Apostolischen Stuhl präsent sind, um ihn zu leiten, aus allen Teilen der Welt berufen werden sollen« (ebd.).

Die Inkarnation verweist uns also auf die konkrete Realität und auf spezifische Einzel-themen, die von den verschiedenen Einrichtungen der Kurie behandelt werden. Die auf das Geheimnis der vielfältigen Einheit der Kirche verweisende Universalität dagegen erfordert eine Arbeit der Synthese, die eine Hilfe sein soll für das Handeln des Papstes. Und genau dieses Glied der Verbindung und Synthese ist das Staatssekretariat. In der Tat wollte Paul VI., der ein großer Experte der Römischen Kurie war, diesem Büro eine neue Aufstellung geben, indem er es als Bindeglied einrichtete und so seine grundlegende Rolle als Koordinierungsstelle der Dikasterien und Institutionen des Apostolischen Stuhls festlegte.

Diese Koordinierungsfunktion des Staatssekretariats wird in der vor kurzem veröffentlichten Apostolischen Konstitution Prae-dicate evangelium aufgegriffen, als eine von vielen Aufgaben der Sektion für die allgemeinen Angelegenheiten unter der Leitung des Substituten, dem der Assessor zur Seite steht (vgl. Art. 45-46). Neben der Sektion für
die allgemeinen Angelegenheiten erwähnt die Konstitution die Sektion für die Beziehungen zu den Staaten und internationalen Organisationen unter der Leitung eines eigenen Sekretärs, der von zwei Untersekretären unterstützt wird; ihr kommt die Pflege der diplomatischen und politischen Beziehungen des Apostolischen Stuhls zu den Staaten und anderen Völkerrechtssubjekten in dieser heik-len Wendezeit der Geschichte zu. Die Sektion für das diplomatische Personal des
Heiligen Stuhls unter der Leitung des Sekretärs und des Untersekretärs ist dagegen
mit der Sorge für die Päpstlichen Vertretungen und die Mitglieder des Diplomatischen Korps hier in Rom und in der ganzen Welt befasst.

Ich weiß, dass diese Aufgaben sehr anspruchsvoll sind und zuweilen auch nicht gut verstanden werden. Daher möchte ich euch meine Nähe und vor allem meine tiefe Dankbarkeit zum Ausdruck bringen. Danke für die Kompetenzen, die ihr der Kirche zur Verfügung stellt, für eure fast immer im Verborgenen geschehende Arbeit und für den Geist des Evangeliums, der sie inspiriert. Und erlaubt mir gerade aufgrund dieser meiner Wertschätzung eine Ermahnung an euch zu richten, bei der ich mich wiederum auf den heiligen Paul VI. beziehe: Dieser Ort soll nicht von Ehrgeiz und Rivalitäten vergiftet werden. Seid vielmehr eine echte Gemeinschaft des Glaubens und der Liebe, »Brüder und Kinder des Papstes«, die sich großherzig hingeben für das Wohl der Kirche (vgl. Ansprache an die Römische Kurie, 21. September 1963).

Ich vertraue euch alle der Fürsprache der seligen Jungfrau Maria, Mutter der Kirche, an und während ich euch danke, denn ich weiß, dass ihr jeden Tag für mich betet – das hoffe ich doch –, segne ich von Herzen einen jeden von euch, eure Angehörigen und eure Arbeit. Danke.

(Orig. ital. in O.R. 5.6.2025)