
Während Sie sich versammelt haben, um der 500-jährigen Geschichte der Täuferbewegung zu gedenken, grüße ich Sie alle herzlich, liebe Freunde, mit den ersten Worten, die der auferstandene Jesus gesprochen hat: »Friede sei mit euch!« (Joh 20,19).
Erfüllt von der Freude über das Osterfest, wie sollten wir da nicht über das Erscheinen Christi an jenem Abend des »ersten Tages der Woche« (ebd.) nachdenken, als Jesus nicht nur durch Wände und verschlossene Türen, sondern auch in die verängstigten Herzen seiner Jünger eintrat. Während Christus das große Geschenk seines Friedens mitteilte, war er auch einfühlsam für die Erfahrung seiner Jünger, seiner Freunde, und verbarg die Zeichen seines Leidens nicht, die in seinem verherrlichten Leib sichtbar blieben.
Alle, die Jesus nachfolgen, können eintauchen in die radikale Neuheit des christlichen Glaubens und Lebens, wenn sie den Frieden des Herrn empfangen und seinen Ruf annehmen, der auch eine Offenheit für die Gaben des Heiligen Geistes einschließt. In der Tat ist eine solche Sehnsucht nach Erneuerung charakteristisch für die Täuferbewegung.
Das von Ihnen für die Gedenkveranstaltung gewählte Motto »Mut zur Liebe« erinnert uns vor allem daran, dass es für Katholiken und Mennoniten notwendig ist, jede Anstrengung zu unternehmen, um das Gebot der Liebe ebenso zu leben wie den Aufruf zur Einheit der Christen und den Auftrag, den anderen zu dienen. Gleichermaßen verweist es darauf, dass Aufrichtigkeit und Wohlwollen notwendig sind, wenn wir über unsere gemeinsame Geschichte nachdenken, die schmerzliche Wunden und Narrative umfasst, die die Beziehung und gegenseitige Wahrnehmung von Katholiken und Mennoniten bis auf den heutigen Tag belasten. Wie wichtig ist daher die Reinigung des Gedächtnisses und eine gemeinsame Relektüre der Geschichte, die es uns ermöglicht, die Wunden der Vergangenheit zu heilen und durch den »Mut zur Liebe« eine neue Zukunft aufzubauen. Darüber hinaus kann der theologische und pastorale Dialog nur auf diese Weise Frucht bringen, eine Frucht, die bleibt (vgl. Joh 15,16). Das ist sicherlich keine einfache Aufgabe! Und doch hat Christus gerade in besonderen Momenten der Prüfung den Willen des Vaters offenbart: Als er von den Pharisäern herausgefordert wurde, hat er uns gelehrt, dass die beiden größten Gebote die Liebe zu Gott und zum Nächsten sind (vgl. Mt 22,34-40). Es war der Abend vor seinem Leiden, als er über die Notwendigkeit der Einheit sprach: »Alle sollen eins sein […], damit die Welt glaubt« (Joh 17,21). Mein Wunsch für einen jeden von uns ist, dass wir mit dem heiligen Augustinus sagen können: »Gib, was du befiehlst, und befiehl, was du willst« (Bekenntnisse X,29,40).
Im Kontext unserer vom Krieg zerrissenen Welt hat schließlich unser fortlaufender Prozess der Heilung und tieferer Freundschaft eine vitale Rolle zu spielen, denn je vereinter die Christen sind, desto wirksamer wird unser Zeugnis für Christus, den Friedensfürsten, beim Aufbau einer Zivilisation liebevoller Begegnung sein.
In diesem Sinne versichere ich Sie meines Gebets dafür, dass unsere geschwisterlichen Beziehungen sich vertiefen und wachsen mögen. Auf Sie alle rufe ich die vom auferstandenen Herrn kommende Freude und Zuversicht herab.
Aus dem Vatikan, am 23. Mai 2025
LEO XIV.
(Orig. engl.; ital. in O.R. 30.5.2025)