
Was am Sonntagnachmittag, 1. Juni, in Rom stattfand, war eine absolute Premiere: zum ersten Mal führte eine Etappe des weltbekannten Radrennens »Giro d’Italia« durch die Vatikanstadt. Die noch von Papst Franziskus gewollte Initiative war als symbolische Etappe auf dem »Marianischen Weg« durch den Vatikan gedacht.
Silvia Kritzenberger, Vatican News
Zum ersten Mal in der 108-jährigen Geschichte des Radrennens wurde ein Teil der Schlussetappe in die Vatikanischen Gärten verlegt – wo Papst Leo XIV. einen kurzen Gruß auf Italienisch und Englisch an die Radsportler richtete und ihnen seinen Segen erteilte. Die Sonderrunde der 159 Radsportler aus 23 Mannschaften und 29 Nationen durch die Vatikanischen Gärten fand auch zu Ehren von Papst Franziskus statt, der am 21. April verstorben ist.
Um die Kolonnaden des Petersdoms bogen die Radsportler am »Cancello Petriano« in den Vatikan ein. Auf der Piazza dei Protomartiri Romani wurden sie von Leo XIV. empfangen, dem die Funktionäre des Giro d’Italia das rosa Trikot überreichten, das dem Sieger des Radrennens vorbehalten ist. Danach richtete der Papst auf Italienisch folgendes Grußwort an seine Gäste:
»Guten Tag! Willkommen im Vatikan! Es ist mir eine Freude, euch auf dieser letzten Etappe des Giro d’Italia begrüßen zu dürfen. Ich hoffe, dass es für euch alle ein wunderschöner Tag wird. Vergesst nicht, dass ihr Vorbilder für junge Menschen auf der ganzen Welt seid. Der Giro d’Italia ist sehr beliebt, und das nicht nur in Italien. Der Radsport ist sehr wichtig, wie der Sport im Allgemeinen. Ich danke euch für alles, was ihr tut, ihr seid wirklich Vorbilder. Und ich hoffe, dass ihr, so wie ihr gelernt habt, auf euren Körper zu achten, auch euren Geist pflegt und immer auf den ganzen Menschen achtet: Leib, Geist, Herz und Seele. Gott segne euch. Euch allen alles Gute!«
In seinem kurzen Grußwort auf Englisch sagte Papst Leo: »Möge Gott euch alle auf dem letzten Abschnitt des Giro d’Italia segnen. Herzlichen Glückwunsch! Seid gewiss, dass ihr hier im Vatikan und in der Kirche, die Gottes Liebe zu allen Menschen sichtbar macht, immer willkommen seid.«
Beim Gästehaus Santa Marta, in dem Papst Franziskus wohnte, ging es dann in Richtung Quadratischer Garten – vorbei an den Vatikanischen Museen und an einem Stück der Berliner Mauer. Das Fragment wurde Johannes Paul II. in Anerkennung seiner Verdiens-te um den Fall der Berliner Mauer geschenkt. Daneben befindet sich eine Marmortafel mit den prophetischen Worten des Papstes aus seiner Antrittsrede 1978: »Habt keine Angst! Öffnet, ja reißt die Tore weit auf für Christus! Öffnet die Grenzen der Staaten, die wirtschaftlichen und politischen Systeme, die weiten Bereiche der Kultur, der Zivilisation und des Fortschritts seiner rettenden Macht! Habt keine Angst!«
Danach ging es weiter zur Lourdes-Grotte und zum Hubschrauberlandeplatz am höchs-ten Punkt. In relativ engen Serpentinen führte der Weg wieder hinunter, vorbei am vatikanischen Bahnhof und am Kloster Mater Ecclesiae, in dem Benedikt XVI. seine letzten Jahre verbrachte. Danach ging es wieder in Richtung von Papst Franziskus’ früherem Wohnsitz Santa Marta und dann durch das Perugino-Tor aus dem Vatikan hinaus.
Die Strecke war etwa 3,5 Kilometer lang und wurde ohne Zeitmessung gefahren: Eine Ehrenrunde im Heiligen Jahr – zu Ehren des Papstes und als Zeichen der Verbindung von Sport, Spiritualität und Weltkirche.
Nach dem Verlassen des Vatikanstaats folgte dann der letzte Teil der 143-Kilometer-Etappe in und um Rom.
Vor dem Treffen mit den Radsportlern stand für Papst Leo am Sonntag auch ein Freundschaftsbesuch bei den Augustinern auf dem Programm im internationalen Kolleg »Santa Monica«, wo er mit einem langjährigen Freund zu Mittag aß: Generalprior Alejandro Moral, der seinen 70. Geburtstag feiern konnte.