Audienz für die Christlichen Schulbrüder

Die Herzen der Schüler berühren

 Die Herzen der Schüler berühren  TED-020
23. Mai 2025

Im Namen des Vaters, des Sohnes und

des Heiligen Geistes, der Friede sei mit euch!

Eminenz,

liebe Brüder und Schwestern,

herzlich willkommen!

Ich freue mich sehr, euch zum 300. Jahrestag der Promulgierung der Bulle In apos-tolicae dignitatis solio, mit der Papst Benedikt XIII. euer Institut und eure Regel approbiert hat (26. Januar 1725), zu empfangen. Er fällt auch zusammen mit dem 75. Jahrestag der Erhebung, von Seiten Papst Pius’ XII., des heiligen Jean Baptiste de La Salle zum »Himmlischen Patron aller Erzieher und Lehrer« (vgl. Apostolisches Schreiben Quod ait, 15. Mai 1950: AAS 12, 1950, 631-632).

Es ist schön zu sehen, dass eure Anwesenheit drei Jahrhunderte später auch weiterhin die Frische einer reichen und umfassenden erzieherischen Wirklichkeit mit sich bringt, mit der ihr euch in verschiedenen Teilen der Welt mit Begeisterung, Treue und Opfergeist weiterhin der Ausbildung der jungen Menschen widmet.

Dringende Herausforderungen

Gerade im Licht dieser Jahrestage möchte ich mit euch über zwei Aspekte eurer Geschichte nachdenken, die ich für uns alle für wichtig halte: die Aufmerksamkeit für die Aktualität und die Dimension des Dienstes und der Mission im Hinblick auf die Lehre in der Gemeinschaft.

Die Anfänge eures Wirkens sprechen viel von »Aktualität«. Der heilige Jean Baptiste de La Salle hat damit begonnen, dass er auf die Bitte um Hilfe eines Laien, Adrian Nyel, antwortete, der Mühe hatte, seine »Armenschulen« aufrechtzuerhalten. Euer Gründer erkannte in seiner Bitte um Hilfe ein Zeichen Gottes, nahm die Herausforderung an und machte sich an die Arbeit. Über seine eigenen Absichten und Erwartungen hinaus rief er so ein neues Unterrichtssystem ins Leben: das der »christlichen Schulen«, unentgeltlich und offen für jeden. Unter den innovativen Elementen, die von ihm in dieser pädagogischen Revolution eingeführt wurden, erinnern wir an den Unterricht, der sich an Klassen und nicht mehr an die einzelnen Schüler richtete; den Gebrauch des Französischen, das für alle zugänglich war, anstelle des Lateinischen als Unterrichtssprache; den Sonntagsunterricht, an dem auch jene jungen Menschen teilnehmen konnten, die an den Wochentagen gezwungen waren zu arbeiten; die Einbindung der Familien in die Bildungswege nach dem Prinzip des »didaktischen Dreiecks«, das heute noch gültig ist. So haben die Probleme, vor denen er nach und nach stand, ihn nicht entmutigt, sondern vielmehr angeregt, kreative Antworten zu suchen und neue, oft unerforschte Wege zu beschreiten.

All das muss uns zum Nachdenken bringen und auch bei uns nützliche Fragen aufwerfen. Was sind in der Welt der Jugend unserer Tage die dringendsten Herausforderungen, denen man sich stellen muss? Welche Werte müssen gefördert werden? Auf welche Ressourcen kann man zählen?

Die jungen Menschen unserer Zeit sind, ebenso wie in jeder anderen Epoche, ein Vulkan an Leben, Energie, Gefühlen, Ideen. Das sieht man an den wunderbaren Dingen, die sie imstande sind zu tun, in vielen Bereichen. Aber auch sie brauchen Hilfe, um all den Reichtum in Harmonie wachsen zu lassen und um das zu überwinden, was, wenngleich auf andere Weise als in der Vergangenheit, ihre gesunde Entwicklung verhindern kann.

Raum fürs Zuhören

Wenn zum Beispiel im 17. Jahrhundert der Gebrauch der lateinischen Sprache für viele eine unüberwindbare Kommunikationshürde war, so gibt es heute andere Hindernisse, denen man sich stellen muss. Denken wir an die Isolierung, verursacht durch weit verbreitete Beziehungsmodelle, die immer mehr von Oberflächlichkeit, Individualismus und affektiver Instabilität geprägt sind; an die Verbreitung von Denkschemata, die vom Relativismus geschwächt sind; an die Vorherrschaft von Lebensrhythmen und -stilen, in denen es nicht genügend Raum für das Zuhören, das Nachdenken und den Dialog gibt, in der Schule, in der Familie, manchmal auch unter Gleichaltrigen, mit der Einsamkeit, die daraus entspringt.

Es handelt sich um anspruchsvolle Herausforderungen, die jedoch auch wir, wie der heilige Jean Baptiste de La Salle, ebenfalls zu Sprungbrettern machen können, um Wege zu erforschen, Mittel zu erarbeiten und neue Sprachen anzunehmen, mit denen wir weiterhin das Herz der Schüler berühren, ihnen helfen und sie anspornen können, es mit jedem Hindernis mutig aufzunehmen, um im Leben das Beste von sich zu geben, wie es den Plänen Gottes entspricht. Lobenswert ist in diesem Sinne die Aufmerksamkeit, die ihr in euren Schulen der Ausbildung der Lehrer entgegenbringt, sowie der Verwirklichung pädagogischer Gemeinschaften, in denen das didaktische Bemühen vom Beitrag aller bereichert wird. Ich ermutige euch, diese Wege fortzusetzen.

Ich möchte jedoch noch einen weiteren Aspekt der lasallianischen Wirklichkeit erwähnen, den ich für wichtig halte: das Unterrichten, das als Dienst und Sendung, als Weihe in der Kirche gelebt wird. Der heilige Jean Baptiste de La Salle wollte, dass unter den Lehrern der »christlichen Schulen« keine Priester sind, sondern nur »Brüder«, damit all eure Anstrengungen mit Hilfe Gottes auf die Erziehung der Schüler ausgerichtet sind. Er sagte gern: »Euer Altar ist das Lehrerpult.« So förderte er in der Kirche seiner Zeit eine bis dahin unbekannte Wirklichkeit: die von Lehrern und Katecheten im Laienstand, die in der Gemeinde mit einem echten »Amt« bekleidet sind, nach dem Prinzip, durch die Erziehung zu evangelisieren und durch die Evangelisierung zu erziehen (vgl. Franziskus, Ansprache an die Teilnehmer am General-kapitel der Brüder der christlichen Schulen, 21. Mai 2022).

So erscheint das Charisma der Schule, das ihr durch das vierte Gelübde der Lehre annehmt, außer als Dienst an der Gesellschaft und kostbares Werk der Nächstenliebe auch heute noch als eine der schönsten und bereds-ten Ausdrucksformen jenes priesterlichen, prophetischen und königlichen »mu-nus«, das wir alle in der Taufe empfangen haben, wie die Dokumente des Zweiten Vatikanischen Konzils betonen. Die Ordensleute machen so in euren Bildungswirklichkeiten durch ihre Weihe die Taufgnade, die alle drängt (vgl. Dogmatische Konstitution Lumen gentium, 44), prophetisch sichtbar, jeden seinem Stand und seinen Aufgaben entsprechend, ohne Unterschiede, um »als lebendige Glieder […] zum Wachstum und zur ständigen Heiligung der Kirche beizutragen« (ebd., 33).

Aus diesem Grunde hoffe ich, dass die Berufungen zur lasallianischen Ordensweihe wachsen mögen, dass sie ermutigt und gefördert werden mögen, in euren Schulen und außerhalb von ihnen, und dass sie im Zusammenwirken mit allen anderen Ausbildungskomponenten dazu beitragen mögen, unter den jungen Menschen, die sie besuchen, freudige und fruchtbare Wege der Heiligkeit zu erwecken.

Danke für das, was ihr tut! Ich bete für euch, und ich erteile euch den Apostolischen Segen, in den ich gerne die ganze lasallianische Familie einbeziehe.

(Orig. ital. in O.R. 15.5.2025)