· Vatikanstadt ·

Kreuzweg am Kolosseum am Karfreitag, 18. April

Das Kreuz Christi stiftet Versöhnung

 Das Kreuz Christi stiftet Versöhnung  TED-017
02. Mai 2025

Rom/Vatikanstadt. Im Rahmen einer Kreuzwegandacht am römischen Kolosseum haben am späten Abend des Karfreitags,
18. April, Pilger und Besucher aus aller Welt an das Leiden und Sterben Christi erinnert. In 14 Stationen gingen sie den Weg Jesu von der Verurteilung zum Tod bis zur Grab-legung anhand von biblischen Texten nach. An die 20.000 Gläubige hatten sich eingefunden, um den Kreuzweg mitzubeten, der mit den zahllosen Fackeln und Kerzen vor der Kulisse des antiken Monumentalbaus zu den stimmungs-vollsten Andachten des römischen Kirchenjahres zählt. Millionen Zuschauer verfolgten die »Via Crucis« über die Medien. Die Sänger des päpstlichen Chores, der Sixtinischen Kapelle, begleiteten den Kreuzweg mit traditionellen Karfreitags-gesängen.

Stellvertretend für den Papst leitete in diesem Jahr der Generalvikar für die Diözese Rom, Kardinal Baldo Reina, die liturgische Feier. Er trug das Kreuz zu Beginn und am Ende des Kreuzwegs, der durch fünf Stationen im Inneren des antiken Amphitheaters und neun weitere im Außenbereich führte. An jeder Station wechselte der Träger des Holzkreuzes. Zu den Kreuzträgern gehörten unter anderem Migranten, Menschen mit Behinderung und Freiwillige des Heiligen Jahres. Bei der 13. Station trug ein Pfleger, der im Februar und März zum Behandlungs-Team um den schwer erkrankten Papst in der Gemelli-Klinik gehörte, das Kreuz.

Auch wenn Papst Franziskus zum dritten Mal in Folge nicht persönlich an der traditionsreichen Via Crucis teilnehmen konnte, war er dennoch präsent: Die Meditations-texte zu den 14 Stationen stammten wie schon im Vorjahr aus seiner Feder.

Symbol der Versöhnung

Die Texte des Papstes führen tief hinein in das Mysterium des Leidens Jesu – und in das des Menschen. »Der Weg nach Golgatha«, so Franziskus, »ist der Abstieg Jesu zur Welt, die Gott liebt.« Der Sohn Gottes gehe nicht weg von den Menschen, sondern komme ihnen radikal entgegen. In der Mitte aller Gegensätze begebe er sich ans Kreuz – »angenagelt«, wie es in der Meditation heißt –, »zwischen die Gegensätze« und bringe sie zum Vater. Das Kreuz selbst sei nicht Zeichen der Trennung, sondern Ort der Öffnung: Es »reißt Mauern ein« und »stiftet Versöhnung«.

Zwischen göttlichem Weg und
unserem alltäglichen Leben

In der Einführung seiner Betrachtungen verweist der Papst auf die Spannung zwischen dem göttlichen Weg und unserem alltäglichen Leben. Der Kreuzweg, so Franziskus, »führt mitten durch die Straßen unseres Alltags«. Der Mensch gehe oft in die entgegengesetzte Richtung, weg von Jesus – doch genau dort könne er Christus begegnen: »Gerade so kann es uns passieren, dass wir dein Angesicht sehen, dass wir deinen Blick kreuzen.« Und dann, so die Hoffnung von Papst Franziskus, bleibe die Entscheidung: umkehren, Christus ansehen, ihm folgen.

Mit eindrucksvoller spiritueller Tiefe nimmt Papst Franziskus dabei auf biblische Stellen Bezug. Aus dem Markusevangelium zitiert er die Worte Jesu: »Geh, verkaufe, was du hast, gib es den Armen […] dann komm und folge mir nach!« Diese Einladung versteht der Papst nicht als moralischen Appell, sondern als radikale Perspektive zur Umkehr: »Du bist gekommen, um die Welt zu verändern: Das bedeutet für uns, die Richtung zu ändern.«

Gebet in Bewegung

Der Kreuzweg ist für den Heiligen Vater ein Gebet in Bewegung – ein Weg, der »unsere gewohnten Pfade unterbricht«, um von Müdigkeit zu Freude zu gelangen. Die Hingabe Jesu sei dabei das Schlüsselmotiv: »In dieser Welt, in der alles berechnet wird, hat die Freigebigkeit einen hohen Preis.« Aber genau in der Hingabe blühe das Leben neu auf. Städte, die von Trennungen und Konflikten zerrissen sind, könnten sich der Versöhnung nähern. Eine »verdorrte Religiosität« finde neue Fruchtbarkeit. Selbst ein »Herz aus Stein« könne sich in ein »Herz aus Fleisch« verwandeln.

Die Worte des Papstes wirkten wie ein geistliches Programm für die Karwoche – aber auch wie ein Kommentar zur Weltlage. In einer Zeit, in der globale Konflikte, soziale Ungerechtigkeit und geistliche Erschöpfung das Leben vieler prägen, erklang sein Appell umso eindringlicher: »Wir brauchen bloß auf die Einladung zu hören: ›Komm und folge mir nach!‹ – und jenem liebevollen Blick vertrauen.«

Kreuzweg seit 1964
mit dem Papst

Seit 1964 wird der Kreuzweg am Kolosseum gefeiert, wieder eingeführt von Papst
Paul VI. Im Laufe der Jahrzehnte haben verschiedene Persönlichkeiten auf Einladung des jeweiligen Papstes die Meditationen zu den Stationen verfasst.

Die »Via Crucis« – der Weg des Kreuzes – gehört zu den eindrücklichsten Andachtsformen der Kirche. Sie erinnert zwar an das Leiden und Sterben Christi und endet mit der Grablege, bleibt aber nicht beim Tod stehen: Für die Chris-ten ist der Karfreitag nicht das Ende, sondern der Vorabend der Hoffnung auf Auferstehung.

(Vatican News/Osservatore Romano)