Fünf Jahre nach der »Statio Orbis« für das Gebet in der Zeit der Pandemie

Ein leerer Platz und ein Hirte im Einklang mit der Welt

 Ein leerer Platz und ein Hirte im Einklang mit der Welt  TED-013
04. April 2025

Von Andrea Tornielli

Fünf Jahre sind vergangen, seit Papst Franziskus ganz allein zur Fassade des Petersdoms hochging. An jenem Abend regnete es. Der Platz war vollkommen leer, auch wenn Millionen Menschen in der ganzen Welt sich ihm angeschlossen hatten. Gebannt blickten sie auf ihre Bildschirme, immer noch eingeschlossen in der langen Quarantänezeit des Lockdowns, verängstigt angesichts des unsichtbaren Virus, der so viele Opfer forderte, die auf den Intensivstationen der Krankenhäuser starben, ohne dass die Verwandten sie sehen, sich von ihnen verabschieden oder ihre Beerdigung feiern konnten.

Durch diese Geste, dieses Gebet und dann durch die tägliche heilige Messe in der Kapelle von Santa Marta vermochte der Nachfolger Petri allen nahe zu sein. Er hatte alle eingeschlossen in die Umarmung des leeren Platzes, in den Segen mit dem Allerheiligs-ten, in die einfache Geste, mit der er die Füße des Gekreuzigten küsste, der zu weinen schien, weil er an einem Abend kurz nach Frühlingsbeginn den Unbilden regnerischen Wetters ausgesetzt war. »Ich hatte Kontakt
zu den Menschen. Ich war keinen Augenblick allein…«, sagte der Papst kurze Zeit später. Allein, aber nicht einsam. Im Gebet für eine verstörte Welt. Ein beeindruckendes, unvergessliches Bild, kennzeichnend für das Pontifikat.

Bei jenem Anlass wandte sich Franziskus mit folgenden Worten an Gott: »Du rufst uns auf, diese Zeit der Prüfung als eine Zeit der Entscheidung zu nutzen. Es ist nicht die Zeit deines Urteils, sondern unseres Urteils: die Zeit zu entscheiden, was wirklich zählt und was vergänglich ist, die Zeit, das Notwendige von dem zu unterscheiden, was nicht notwendig ist. Es ist die Zeit, den Kurs des
Lebens wieder neu auf dich, Herr, und auf die Mitmenschen auszurichten.« In den anschließenden Monaten wiederholte er mehrfach, dass »man aus einer Krise niemals gleich hervorgeht, sondern entweder besser oder schlechter«.

Wenn man sich nun fünf Jahre später umschaut, kann man unmöglich behaupten, dass wir besser daraus hervorgegangen sind, angesichts einer Welt, die von den Gewalt-taten der Kriegsherren erschüttert wird und an Aufrüstung denkt, statt den Hunger zu bekämpfen.

Wir sind nicht mehr in Quarantäne und die Situation hat sich umgekehrt: Der Platz füllt sich mit Menschen, die das Heilige Jahr begehen, und wer nicht da ist, das ist der Bischof von Rom, der von seinem Zimmer in Santa Marta aus für uns und für den Frieden betet, wo er nach einer schweren Lungenentzündung eine Zeit der Genesung einhalten muss. Aber jener Einklang wurde nicht unterbrochen. Und seine Worte von damals sind aktueller denn je: Auch heute und vor allem heute ist es »Zeit zu entscheiden, was wirklich zählt und was vergänglich ist«.

(Orig. ital. in O.R. 27.3.2025)