Eine besondere Geste des Papstes bewegte die Gläubigen

Die gelben Blumen und die kurze aber entscheidende Lektion von Franziskus

 Die gelben Blumen und die kurze aber entscheidende Lektion von Franziskus  TED-012
28. März 2025

Von Andrea Monda

In den wenigen Minuten, in denen er auf dem Balkon der Gemelli-Klinik erschien und die über dreitausend Anwesenden segnete, sprach der Papst nur wenige Worte, sagte aber viel. Seine kommunikative Kraft hat sich wieder entfalten können.

Das hatte sie bereits während dieser 38 Tage des »Schweigens« getan, eines beredten Schweigens, in dem er »abseits der Bühne«, aber gleichzeitig im Mittelpunkt der Welt stand. Nicht nur, weil, wie man so schön sagt, »alle Blicke der Welt« auf das Fenster des Krankenhauses gerichtet waren, sondern auch, weil der Papst die Kraft hat, sich der Realität zu stellen, sich mit ihr auf direkte, lebendige und fruchtbringende Weise auseinanderzusetzen. In vier Tagen werden wir uns an die vor fünf Jahren abgehaltene »Statio Orbis« auf dem Petersplatz erinnern, während des dunkelsten Moments der Covid-Pandemie. Auch damals war der Platz leer, aber gleichzeitig war er voll, gefüllt von der ganzen Welt, ihren Wunden und ihrem Schmerz. Diesen Schmerz hatte sich dieser einsame Mann im Regen zu eigen gemacht.

So auch gestern, in der Gemelli-Klinik. Er kam heraus, er segnete, mit Mühe, mit seinen Armen, aber vor allem sah er, er beobachtete, er begrüßte die Wirklichkeit, er stellte eine Beziehung zu ihr her. Und er sagte einige einfache Worte: »Und ich sehe diese Dame mit den gelben Blumen! Sie ist eine gute Frau!«, und deutet mit seiner Hand auf eine andere Hand, die von Frau Carmela Mancuso, 72 Jahre alt, aus Kalabrien, in der ersten Reihe in Richtung Balkon, die einen Strauß gelber Blumen hält. Das ist der Stil von Papst Franziskus: vor Tausenden von Menschen, aber er sucht die Beziehung »von Mensch zu Mensch«, »von Angesicht zu Angesicht«. So wie Jesus es in der Episode mit der blutflüssigen Frau tut, als er die Menge fragt: »Wer hat mich berührt?« und mit seinem Blick die Person sucht, mit der er bereits in Kontakt getreten ist.

»Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Danke, danke, an Gott und den Heiligen Vater. Ich hätte nicht gedacht, dass ich so ›gesehen‹ werde«, sagte Frau Carmela, die sofort von den vatikanischen Medien kontaktiert wurde. Genau so ist es: die Überraschung, »so gesehen« zu werden, auf eine bestimmte Weise angeschaut zu werden. Die Art und Weise, wie der Papst die Welt und die Menschen anblickt, überrascht uns immer noch. Das ist ein zweideutiges Zeichen: Es ist bedauerlich, weil es bedeutet, dass wir nach zwölf Jahren den Blick des Papstes und die Bedeutung seines Blicks immer noch nicht verstanden haben, aber es ist auch schön, weil dieser Blick aus dem Staunen und der Liebe geboren ist und deshalb immer wieder überrascht, immer wieder zum Staunen anregt. Dieses Staunen, das Offenheit für die Wirklichkeit bedeutet, ohne Vorurteile, ohne ideologische Konditionierung.

1966 schrieb Bob Dylan den Song »Absolutely Sweet Marie«, in dem er singt: »Und jetzt stehe ich hier und schaue auf deine gelbe Eisenbahn in den Trümmern deines Balkons.« Einige Zeit später kommentierte er diesen Vers: »Ich schrieb ihn mit Blick auf einen bestimmten Ort. Wissen Sie, wenn man Musiker ist, reist man durch die Welt. Also muss man sich daran gewöhnen, alles zu beobachten. Aber die meiste Zeit trifft dich die Realität, du brauchst sie nicht einmal zu beobachten. Sie trifft dich einfach. Wie die gelbe Eisenbahn [...] Das sind keine künstlich geschaffenen Bilder.«

Was ist unser Zugang zur Wirklichkeit? so fragt uns der Papst. Ist er »künstlerisch« oder instrumentell, utilitaristisch? Ist es ein Ansatz der aufmerksamen und staunenden Offenheit oder ist er »gekünstelt«? Wenn er aus dem Staunen geboren wird, führt er zu einer anderen für Franziskus und für jeden Chris-ten grundlegenden Haltung, der Dankbarkeit. Unmittelbar nach dem Verlassen der Gemelli-Klinik begab sich der Papst, noch bevor er in die Casa Santa Marta zurückkehrte, nach Santa Maria Maggiore, um Maria als der »Salus Populi Romani« zu danken, wie er es immer tut, wenn er von seinen Apostolischen Reisen durch die Welt zurückkehrt. Am Ende dieser langen »Reise« von 38 Tagen im Krankenhaus wollte der Papst der Muttergottes Blumen bringen, gelbe Blumen, genau die Blumen von Frau Carmela.