Ansprache von Papst Franziskus beim Angelusgebet am Sonntag, 27. Oktober

Sich vom Blick des Herrn treffen lassen

 Sich vom Blick des Herrn treffen lassen  TED-044
31. Oktober 2024

Liebe Brüder und Schwestern,

einen schönen Sonntag!

Das Evangelium der heutigen Liturgie
(Mk 10,46-52) erzählt, wie Jesus einen Mann von seiner Blindheit heilt. Sein Name ist Bartimäus, doch die Menschenmenge entlang der Straße kennt ihn nicht: Er ist ein armer Bettler. Die Menschen haben keine Augen für diesen Blinden; sie lassen ihn da, sie ignorieren ihn. Kein fürsorglicher Blick, kein Gefühl des Mitleids. Bartimäus sieht zwar nicht, aber er hört und verschafft sich Gehör. Er ruft, er schreit lauthals: »Sohn Davids, hab Erbarmen mit mir!« (V. 48). Jesus aber hört und sieht ihn. Er stellt sich ihm zur Verfügung und fragt ihn: »Was willst du, dass ich dir tue?« (V. 51).

»Was willst du, dass ich dir tue?« Angesichts eines Blinden wirkt diese Frage wie eine Provokation, sie ist dagegen vielmehr eine Prüfung. Jesus fragt damit Bartimäus, wen er wirklich sucht und aus welchem Grund. Wer ist für dich der »Sohn Davids«? Und so beginnt der Herr, die Augen des Blinden zu öffnen. Betrachten wir drei Aspekte dieser Begegnung, die zu einem Dialog wird: den Ruf, den Glauben, den Weg.

Zunächst einmal der Ruf des Bartimäus, der nicht nur eine Bitte um Hilfe ist. Er ist eine Bestätigung seiner selbst. Der Blinde sagt damit: »Ich existiere, seht mich an. Ich kann nicht sehen, Jesus. Siehst du mich?« Ja, Jesus sieht den Bettler, und er hört ihm zu, mit den Ohren des Leibes und mit denen des Herzens. Denken wir an uns, wenn wir an einem Bettler auf der Straße vorbeikommen: Wie oft schauen wir weg, wie oft ignorieren wir ihn, als gäbe es ihn nicht. Und wir, hören wir den Ruf der Bettler?

Zweiter Punkt: der Glaube. Was sagt Jesus? »Geh, dein Glaube hat dich gerettet« (V. 52). Bartimäus sieht, weil er glaubt; Christus ist das Licht seiner Augen. Der Herr beobachtet, wie Bartimäus ihn anschaut. Wie sehe ich einen Bettler an? Ignoriere ich ihn? Schaue ich ihn an wie Jesus? Bin ich in der Lage, seine Fragen, seinen Hilferuf zu verstehen? Wenn du Almosen gibst, schaust du dem Bettler in die Augen? Berührst du seine Hand, um sein Fleisch zu spüren?

Schließlich der Weg: Bartimäus, der geheilt wurde, »folgte Jesus auf seinem Weg nach«
(V. 52). Doch jeder von uns ist Bartimäus, innerlich blind, der Jesus folgt, nachdem er sich ihm genähert hat. Wenn du auf einen Armen zu-gehst und ihm nahe kommst, dann ist es Jesus, der sich dir in der Person dieses armen Menschen nähert. Bitte, bringen wir da nichts durcheinander: Almosengeben ist kein Akt der Wohltätigkeit. Derjenige, der die meiste Gnade durch das Almosen erhält, ist derjenige, der es gibt, weil er sich von den Augen des Herrn anblicken lässt.

Beten wir gemeinsam zu Maria, der Morgenröte des Heils, dass sie unseren Weg im Licht Christi beschütze.

Nach dem Angelusgebet sagte der Papst:

Liebe Brüder und Schwestern!

Heute haben wir die Bischofssynode abgeschlossen. Lasst uns beten, dass alles, was wir in diesem Monat getan haben, zum Wohle der Kirche weiter vorankomme.

Am 22. Oktober jährte sich zum 50. Mal die Einsetzung der Kommission für die religiösen Beziehungen zum Judentum durch den heiligen Paul VI., und morgen ist der 60. Jahrestag der Erklärung »Nostra aetate« des Zweiten Ökumenischen Vatikanischen Konzils. Gerade in diesen Zeiten großen Leids und großer Spannungen ermutige ich alle, die sich auf lokaler Ebene für den Dialog und den Frieden einsetzen.

Ich schließe mich der geliebten Kirche von San Cristóbal de las Casas im mexikanischen Bundesstaat Chiapas an, die um den Priester Marcelo Pérez Pérez trauert, der am vergangenen Sonntag ermordet wurde. Er war ein engagierter Diener des Evangeliums und des gläubigen Gottesvolkes. Möge sein Opfer wie das anderer Priester, die wegen ihrer Treue zum pries-terlichen Dienst getötet wurden, ein Same des Friedens und des christlichen Lebens sein.

Ich bin den Menschen auf den Philippinen nahe, die von einem starken Wirbelsturm getroffen wurden. Der Herr stehe diesem so gläubigen Volk bei.

Ich grüße euch, die Römer und die Pilger. Besonders grüße ich die Bruderschaft des »Señor de los Milagros« der Peruaner in Rom, denen ich für ihr Zeugnis danke und die ich ermutige, ihren Weg des Glaubens fortzusetzen. Ich grüße die Seniorengruppe aus Loiri Porto San Paolo, die Firmlinge aus Assemini (Cagliari), die »Pilger der Gesundheit« aus Piacenza, die Zisterzienser-Oblaten des Heiligtums von Cotrino sowie die Konföderation der Armen Ritter des Heiligen Bernhard von Clairvaux.

Ich wünsche allen einen schönen Sonntag. Und bitte vergesst nicht, für mich zu beten. Gesegnete Mahlzeit und auf Wiedersehen!