Eucharistiefeier mit Heiligsprechungen auf dem Petersplatz

Zeugen der Hoffnung für die Welt

 Zeugen der Hoffnung für die Welt  TED-043
25. Oktober 2024

Jesus fragt Jakobus und Johannes: »Was soll ich für euch tun?« (Mk 10,36). Und gleich darauf stellt er die eindringliche Frage: »Könnt ihr den Kelch trinken, den ich trinke, oder die Taufe auf euch nehmen, mit der ich getauft werde?« (Mk 10,38). Jesus stellt Fragen und hilft uns auf eben diese Weise, Unterscheidungen vorzunehmen, denn Fragen lassen uns entdecken, was in unserem Inneren ist, sie erhellen, was wir in unseren Herzen tragen und was wir zuweilen nicht wissen.

Lassen wir uns vom Wort des Herrn anfragen. Stellen wir uns vor, dass er uns fragt, jeden Einzelnen von uns: »Was soll ich für dich tun?«; und die zweite Frage: »Kannst du denselben Kelch trinken wie ich?«

Durch diese Fragen lässt Jesus die Bindungen und Erwartungen, welche die Jünger an ihn haben, hervortreten, mit den für jede Beziehung typischen Licht- und Schattenseiten. Jakobus und Johannes sind Jesus tatsächlich verbunden, aber sie haben Ansprüche. Sie äußern den Wunsch, ihm nahe zu sein, aber nur, um einen Ehrenplatz einzunehmen, um eine wichtige Rolle zu spielen, um »in seiner Herrlichkeit rechts und links neben ihm zu sitzen« (vgl. Mk 10,37). Offensichtlich halten sie Jesus für den Messias, einen siegreichen, glorreichen Messias und erwarten, dass er seine Herrlichkeit mit ihnen teilt. Sie sehen in Jesus den Messias, aber sie stellen ihn sich gemäß der Logik der Macht vor.

Jesus bleibt nicht bei den Worten der Jünger stehen, sondern geht tiefer, er hört und liest im Herzen eines jeden von ihnen und auch eines jeden von uns. Und im Gespräch versucht er durch zwei Fragen, die jenen Bitten innewohnende Sehnsucht hervortreten zu lassen.

Zuerst fragt er: »Was soll ich für euch tun?«; und diese Frage enthüllt die Gedanken ihrer Herzen, sie bringt die verborgenen Erwartungen und die Träume von Ruhm ans Licht, die die Jünger insgeheim hegen. Es ist, als ob Jesus fragen würde: »Wer soll ich für dich sein?« und so entlarvt er, was sie sich wirklich wünschen: einen mächtigen Messias, einen siegreichen Messias, der ihnen einen Ehrenplatz einräumt. Und zuweilen kommt in der Kirche dieser Gedanke auf: Ehre, Macht …

Mit der zweiten Frage widerlegt Jesus dann dieses Bild des Messias und hilft ihnen auf diese Weise, den Blick zu verändern, das heißt. sich zu bekehren: »Könnt ihr den Kelch trinken, den ich trinke, oder die Taufe auf euch nehmen, mit der ich getauft werde?« Auf diese Weise offenbart er ihnen, dass er nicht der Messias ist, für den sie ihn halten; er ist der Gott der Liebe, der sich erniedrigt, um die zu erreichen, die ganz unten sind; der sich schwach macht, um die Schwachen wiederaufzurichten; der für den Frieden arbeitet und nicht für den Krieg; der gekommen ist, um zu dienen und nicht, um bedient zu werden. Der Kelch, den der Herr trinken wird, ist die Hingabe seines Lebens, es ist sein Leben, das er uns aus Liebe geschenkt hat, bis zum Tod und bis zum Tod am Kreuz.

Und dann werden sich zu seiner Rechten und zu seiner Linken zwei Räuber befinden, die wie er am Kreuz hängen und nicht auf den Plätzen der Macht sitzen; zwei Räuber, die mit Christus im Schmerz festgenagelt sind und nicht in der Herrlichkeit sitzen. Der gekreuzigte König, der verurteilte Gerechte macht sich zum Sklaven aller: Dieser ist wahrhaftig Gottes Sohn! (vgl. Mk 15,39). Nicht derjenige, der herrscht, gewinnt, sondern derjenige, der aus Liebe dient. Wiederholen wir: Nicht derjenige, der herrscht, gewinnt, sondern derjenige, der aus Liebe dient. Daran hat uns auch der Hebräerbrief erinnert: »Wir haben ja nicht einen Hohepriester, der nicht mitfühlen könnte mit unseren Schwächen, sondern einen, der in allem wie wir versucht worden ist« (Hebr 4,15).

An dieser Stelle kann Jesus den Jüngern helfen, sich zu bekehren und ihre Denkweise zu verändern: »Ihr wisst, dass die, die als Herrscher gelten, ihre Völker unterdrücken und ihre Großen ihre Macht gegen sie gebrauchen« (Mk 10,42). Aber so soll es nicht sein für diejenigen, die einem Gott folgen, der sich zum Diener gemacht hat, um alle mit seiner Liebe zu erreichen. Wer Christus nachfolgt, muss, wenn er groß sein will, von ihm lernen und dienen.

Brüder und Schwestern, Jesus deckt die Gedanken, Wünsche und Projektionen unseres Herzens auf und entlarvt manchmal unsere Erwartungen von Ruhm, Herrschaft, Macht und Eitelkeit. Er hilft uns, nicht mehr gemäß den Kriterien der Welt zu denken, sondern gemäß dem Stil Gottes, der sich zum Letzten macht, damit die Letzten wiederaufgerichtet und zu Ersten werden. Und diese Fragen Jesu mit seiner Lehre über das Dienen sind für uns oft unverständlich, genauso unverständlich wie für die Jünger. Wenn wir ihm jedoch folgen, ihm nachfolgen und das Geschenk seiner Liebe annehmen, die unsere Denkweise verändert, können auch wir den Stil Gottes lernen: den Stil Gottes, den Dienst. Vergessen wir nicht die drei Worte, die den Stile Gottes aufzeigen, um zu dienen: Nähe, Mitgefühl und Zärtlichkeit. Gott macht sich nah, um zu dienen; er zeigt Mitgefühl, um zu dienen; er macht sich zärtlich, um zu dienen. Nähe, Mitgefühl, Zärtlichkeit …

Das ist es, was wir ersehnen sollen: nicht die Macht, sondern den Dienst. Der Dienst ist der christliche Lebensstil. Er bezieht sich nicht auf eine Liste von Dingen, die zu tun sind – so als ob wir unsere Arbeit als getan ansehen können, wenn sie erledigt sind. Wer mit Liebe dient, sagt nicht: »Jetzt ist ein anderer dran.« Das ist das Denken von Angestellten, nicht von Zeugen. Der Dienst entspringt der Liebe und die Liebe kennt keine Grenzen, sie stellt keine Berechnungen an, sie gibt sich hin und schenkt sich. Die Liebe beschränkt sich nicht darauf, Ergebnisse zu erzielen, sie ist keine gelegentliche Leistung, sondern etwas, das von Herzen kommt, aus einem Herzen, das durch die Liebe und in der Liebe erneuert worden ist.

Wenn wir lernen zu dienen, wird jede unserer Gesten der Aufmerksamkeit und Fürsorge, jeder Ausdruck von Güte, jedes Werk der Barmherzigkeit zu einem Widerschein der Liebe Gottes. Und so führen wir alle – und ein jeder von uns – das Werk Jesu in der Welt fort.

In diesem Licht können wir der Jünger des Evangeliums gedenken, die heute heiliggesprochen werden. Im Laufe der bewegten Geschichte der Menschheit waren sie treue Diener, Männer und Frauen, die im Martyrium und in der Freude dienten, wie Bruder Manuel Ruiz Lopez und seine Gefährten. Es sind eifrige Priester und gottgeweihte Frauen, die vor missionarischer Leidenschaft glühen, wie Don Giuseppe Allamano, Schwester Paradis Marie Leonie und Schwester Elena Guerra. Diese neuen Heiligen haben den Stil Jesu gelebt: den Dienst. Der Glaube und das Apos-tolat, das sie vorangebracht haben, hat in ihnen keine weltlichen Begierden und Machtgelüste geweckt, sondern sie haben sich im Gegenteil zu Dienern ihrer Brüder und Schwestern gemacht und waren kreativ darin, das Gute zu tun, sie waren standhaft in Schwierigkeiten und großherzig bis zum Ende.

Bitten wir vertrauensvoll um ihre Fürsprache, damit auch wir Christus nachfolgen können, damit wir ihm im Dienst nachfolgen und zu Zeugen der Hoffnung für die Welt werden.