Liebe Brüder und Schwestern,
einen schönen Sonntag!
Das Evangelium der heutigen Liturgie (Mk 10,17-30) erzählt von einem reichen Mann, der zu Jesus läuft und ihn fragt: »Guter Meis-ter, was muss ich tun, um das ewige Leben zu erben?« (V. 17). Jesus fordert ihn auf, alles zu verlassen und ihm nachzufolgen, doch der Mann geht traurig weg, weil er, so heißt es im Text, »ein großes Vermögen besaß« (V. 23). Es kostet etwas, alles zu verlassen.
Wir können die zwei Bewegungen dieses Mannes sehen: Am Anfang läuft er, um zu Jesus zu kommen; am Ende geht er jedoch betrübt, geht er traurig weg. Erst läuft er ihm entgegen, dann geht er weg. Wir wollen innehalten, um darüber nachzudenken.
Zunächst einmal läuft dieser Mann auf Jesus zu. Es ist, als treibe ihn etwas in seinem Herzen an: Obwohl er so viel Reichtum hat, ist er nämlich unzufrieden. Er trägt eine Unruhe in sich, er sucht nach einem erfüllteren Leben. Im Evangelium lesen wir, dass er sich dem Meister zu Füßen wirft, wie es Kranke und Besessene oft tun (vgl. Mk 3,10; 5,6); er ist reich, aber er bedarf der Heilung. Er ist reich, und doch braucht er Heilung. Jesus sieht ihn mit Liebe an (V. 21); dann schlägt er ihm eine »Therapie« vor: Er soll alles verkaufen, was er besitzt, es den Armen geben und ihm nachfolgen. Aber jetzt kommt es zu einem unerwarteten Ende: Der Mann wird traurig und geht weg! So groß und ungestüm der Wunsch war, Jesus zu begegnen, so kalt und schnell ist der Abschied von ihm.
Auch wir tragen in unserem Herzen ein unbändiges Bedürfnis nach Glück und einem sinnerfüllten Leben; wir können jedoch der Illusion verfallen, dass die Antwort im Besitz von materiellen Dingen und irdischen Sicherheiten liegt. Jesus hingegen will uns zur Wahrheit unseres Verlangens zurückführen und uns entdecken helfen, dass das Gut, nach dem wir uns sehnen, in Wirklichkeit Gott selbst ist, seine Liebe zu uns und das ewige Leben, das er und nur er uns schenken kann. Der wahre Reichtum besteht darin, vom Herrn mit Liebe angesehen zu werden – das ist ein großer Reichtum – und, wie Jesus es mit diesem Mann tut, einander zu lieben, indem wir unser Leben zu einem Geschenk für die anderen machen. Brüder und Schwestern, Jesus lädt uns also ein, etwas zu riskieren, »Liebe zu riskieren«: alles zu verkaufen, um es den Armen zu geben, was bedeutet, dass wir uns selbst und unsere falschen Sicherheiten ablegen, uns den Bedürftigen zuwenden und unsere Güter teilen, nicht nur die Dinge, sondern das, was wir sind: unsere Talente, unsere Freundschaft, unsere Zeit und so fort.
Brüder und Schwestern, dieser reiche Mann wollte nicht riskieren – was riskieren? Er wollte die Liebe nicht riskieren und ging traurigen Gesichts weg. Und was ist mit uns? Wir sollten uns fragen: Woran hängt unser Herz? Wie stillen wir unseren Hunger nach Leben und Glück? Wissen wir, wie wir mit denen teilen können, die arm sind, die in Schwierigkeiten stecken oder denen man zuhören muss, die ein Lächeln brauchen, ein Wort, das ihnen hilft, wieder Hoffnung zu schöpfen? Denken wir daran: Der wahre Reichtum sind nicht die Güter dieser Welt. Der wahre Reichtum ist, von Gott geliebt zu werden und zu lernen, wie er zu lieben.
Und nun bitten wir um die Fürsprache der Jungfrau Maria, damit sie uns helfe, in Jesus den Schatz des Lebens zu entdecken.