Einkehrtage vor der XVI. Ordentlichen Generalversammlung der Bischofssynode

Aufruf zu einer hörenden Kirche in einer dunklen Welt

Cardinal Jean-Claude Hollerish (L), Maltese cardinal Mario Grech (C), and Ignazia Angelini attend ...
04. Oktober 2024

Vatikanstadt. Mit zwei Einkehrtagen bereiteten sich die Synodenteilnehmer auf den Beginn der Arbeiten der zweiten Sitzungsperiode vor, die von Mittwoch, 2. Oktober, bis Freitag, 27. Oktober, dauern wird. Mehr als 300 Synodenteilnehmerinnen und -teilnehmer versammelten sich am 30. September und 1. Oktober in der Synodenaula des Vatikans, um dort über geistliche Impulse zu meditieren. Sie wurden von dem englischen Dominikanerpater Timothy Radcliffe und der italienischen Benediktinerin Maria Grazia Angelini vorbereitet. Insgesamt gab es an den zwei Tagen vier Meditations-Einheiten.

Geistlicher Prozess

Papst Franziskus hat mehrfach betont, dass die Synode ein geistlicher Prozess sein müsse, erinnerte Kardinal Mario Grech, Leiter des Generalsekretariats der Synode, in einer theologischen Begrüßungsansprache vor den Synoden-Teilnehmern. »Veränderungen in der Kirche ohne Gebet sind keine Veränderungen der Kirche«, zitierte Grech den Papst und fügte hinzu: »Ohne das Gebet sind wir keine Synode, sondern bloß eine ›Hauptversammlung von Glaubens-Unternehmern‹.«

Die vorangestellten Einkehrtage seien nicht bloß eine Vorbereitung auf die Synode, sondern integraler Bestandteil, so der Kardinal, der erneut vom Heiligen Geist als dem »Hauptakteur« der Synode sprach. Die Kirche sei, wie schon Benedikt XVI. gelehrt habe, »nicht das Werk unserer Hände, sondern ein Werk Gottes«. Sie sei »ein lebendiger Organismus, der durch die Kraft der Gnade in geheimnisvoller Weise reift und wächst«.

Grech forderte die Synodalen auf, sich die Jungfrau Maria zum Vorbild zu nehmen. Sie habe den Willen Gottes gehört und ihm gehorcht. In diesem Zusammenhang zitierte der Kardinal aus einem Hirtenwort der deutschen Bischöfe von 1979: Maria »setzt den eigentlichen Grundakt der Kirche; alles, was später kommt: das apostolische Amt, die Sakramente, die Missionssendung in die Welt, setzt dieses marianische Fundament voraus. Ohne dieses wäre die Kirche, was sie leider für viele zu sein scheint: eine bloße Organisation. Aber mit ihm ist sie mehr: ein inniges Leben zusammen mit Jesus Christus.«

Die Benediktinerin Maria Grazia Angelini sprach über die zentrale Frage der Synodenversammlung: »Wie können wir eine missionarisch-synodale Kirche sein?« Sie betonte, dass Jesus das beste Vorbild für die Mission der Kirche sei. Sein Umgang mit Kindern und Benachteiligten sei eine Richtschnur für jeden Christen. Die Antwort auf diese Frage müsse daher lauten: Indem wir diejenigen ins Zentrum stellen, die sonst an den Rand gedrängt werden.

Der synodale Prozess des gemeinsamen Zuhörens, Beratens und Entscheidens solle dazu beitragen, dass die Kirche inklusiver und offener werde – insbesondere für jene, die an den Rändern von Gesellschaft oder Kirche stehen. Alle Glieder der Kirche müssten einbezogen werden, um die Zukunft gemeinsam zu gestalten. Zu den aktuellen Herausforderungen zählte Angelini unterschiedliche Meinungen, kulturelle Differenzen und Generationenkonflikte. Ohne Liebe und Respekt bestehe die Gefahr, dass diese Differenzen zu Spaltungen führten. Jesus rufe die Kirche dazu auf, sich gemeinsam auf den Weg zu machen, hin zu einer Kirche, die jeden Menschen willkommen heiße, ungeachtet seiner Herkunft, seiner kulturellen Prägung oder seines Alters. Der synodale Prozess sei kein einfacher, aber ein notwendiger Schritt, um die Kirche in eine Zukunft zu führen, in der sie wirklich allen Menschen dient.

Ausführliche theologische Impulse kamen, wie auch schon in der vergangenen Sitzungsperiode, vom englischen Dominikanerpater Timothy Radcliffe, der in seinen Beiträgen für eine zuhörende Kirche warb. Anhand der Kapitel 20 und 21 aus dem Johannesevangelium betrachtete Radcliffe verschiedene Personen und ihre Haltung. Er rief dazu auf, als Kirche in einer von Dunkelheit und Spaltung gezeichneten Welt präsent zu sein. Der Theologe sprach unter anderem über die Bedeutung von Fragen bei der Suche nach Glauben. »Tiefe Fragen suchen nicht nach Informationen, sondern laden uns ein, auf eine neue Weise zu leben und eine neue Sprache zu sprechen.« Eine Kirche, die Angst vor Fragen habe, sei eine tote Kirche.

In seiner Meditation ging Radcliffe auch auf die Rolle der Frauen in der Kirche ein. Die Gestalt von Maria Magdalena in der Bibel zeige, dass die Kirche auf die Stimmen der Frauen und der Menschen am Rande der Gesellschaft hören müsse. »Ohne sie wären sie (die Jünger) nicht zum Grab gegangen«, unterstrich er. »Sie verkündet, dass der Herr auferstanden ist.«

Echter Austausch

In der dritten Meditation sprach Radcliffe unter anderem darüber, wie wichtig die Begegnung der verschiedenen Kulturen und ein echter Austausch sei. Er sagte: »Wir versammeln uns nicht in der Synode, um Kompromisse auszuhandeln oder Gegner zu verprügeln. Wir sind hier, um voneinander zu lernen, was dieses seltsame Wort ›Liebe‹ bedeutet. Jeder von uns ist ein geliebter Jünger, der die besondere Gabe hat, den Fremden am Ufer zu sehen und zu sagen: ›Es ist der Herr.‹«

Unter den 368 stimmberechtigten Teilnehmern an der Synodenversammlung sind 272 Bischöfe und 96 Nicht-Bischöfe. 40 Personen sind weder Kleriker noch Ordensangehörige. Einschließlich der Ordensfrauen sind etwa ein Siebtel der Teilnehmer (53) weiblich. Weiter nehmen acht Sondergäste sowie rund 75 Männer und Frauen teil, die als »Experten« im Sinn theologischer Berater oder als Mitarbeiter des Synoden-Generalsekretariats ohne Stimmrecht tätig sind.