Dili. Papst Franziskus hat Osttimor erreicht, die dritte Station seiner vor einer Woche begonnenen Asien-Pazifik-Reise. Am Montagmorgen, 9. September, wurde er am Flughafen der Hauptstadt Dili mit militärischen Ehren begrüßt. Zuvor hatte er sich nach einem Treffen mit Tausenden Jugendlichen im Stadion »Sir John Guise« in Port Moresby aus Papua-Neuguinea verabschiedet.
Osttimor ist eine Republik in Südostasien. Der langgestreckte Inselteil grenzt westlich an Indonesien und liegt etwa 500 Kilometer nördlich von Australien. Neben den Philippinen ist Osttimor das einzige mehrheitlich katholische Land Asiens. Derzeit gehören der katholischen Kirche mehr als 97 Prozent der Bevölkerung an. Damit ist Osttimor das Land mit der stärksten Wachstumsrate katholischer Christen weltweit.
Papst Franziskus hat dem früher von Indonesien besetzten Pazifikstaat Osttimor zu seiner Unabhängigkeit gratuliert. In einer Rede an Vertreter aus Politik, Diplomatie und Zivilgesellschaft sagte er am Montagabend (Ortszeit), das Land habe »die Erschütterungen und die Gewalt erlebt, die oft auftreten, wenn ein Volk vor der vollen Unabhängigkeit steht und sein Streben nach Selbstständigkeit nicht anerkannt oder behindert wird«. Nach dieser Zeit der Prüfung sei nun »endlich eine Morgendämmerung des Friedens und der Freiheit angebrochen«.
Dazu gehöre auch die Versöhnung mit den Menschen im überwiegend muslimischen Nachbarland Indonesien. Franziskus lobte Osttimor dafür, dass sich das Land im Jahr 2022 der Erklärung von Abu Dhabi angeschlossen hat. In dieser Erklärung bekunden Muslime und Christen ihre gemeinsame Verantwortung für Frieden und Entwicklung. Die Erklärung hatten der Papst und der Großimam von Al-Azhar (Kairo) 2019 initiiert.
Das kleine Land Osttimor, einst eine portugiesische Kolonie mit fast ausschließlich katholischer Bevölkerung, hatte sich von 1975 bis 2002 teilweise gewaltsam die Unabhängigkeit vom großen Nachbarn Indonesien erkämpft. Der Papst hielt seine Rede auf Spanisch, das von vielen portugiesisch sprechenden Zuhörern verstanden wird.
Mit Blick auf anhaltende Kriege in anderen Teilen der Welt sagte der Papst: »Der Himmel gebe, dass sich auch in anderen Konfliktsituationen in verschiedenen Teilen der Welt der Wunsch nach Frieden und Reinigung des Gedächtnisses durchsetzt, so dass die Wunden geschlossen und Versöhnung an die Stelle des Hasses und Zusammenarbeit an die Stelle des Gegeneinander treten können!«
Für die innere Entwicklung in Osttimor forderte der Papst, die »gesellschaftlichen Plagen« wie Armut, Unterentwicklung, Arbeitslosigkeit, Alkoholismus, Kindesmissbrauch und Jugendkriminalität mit einer langfristig angelegten Politik anzugehen. Es gehe darum, dafür zu sorgen, dass weniger Menschen als bisher das Land auf der Suche nach einer besseren Zukunft verlassen. Da 65 Prozent der Bevölkerung von Osttimor unter 30 Jahre alt ist, sei die Bildung das Wichtigste. Sie müsse die Kinder und Jugendlichen in den Mittelpunkt stellen und ihre Würde stärken.
Geistlicher Höhepunkt war die heilige Messe, die Papst Franziskus am Dienstag-nachmittag (Ortszeit), 10. September, in Osttimors Hauptstadt Dili feierte. An dem Got-tesdienst unter freiem Himmel nahmen nach Behördenangaben etwa 600.000 Menschen teil. Damit war fast die Hälfte der timoresischen Bevölkerung von rund 1,4 Millionen Menschen anwesend. In der auf Spanisch gehaltenen Predigt des Papstes, die auch in die Landessprache Tetum übersetzt wurde, lobte der Heilige Vater die Menschen in Osttimor für ihren Kinderreichtum. »Ihr seid ein junges Land, in dem man in jeder Ecke das Leben pulsieren und aufblühen sieht«, sagte Franziskus.