Die Begegnung mit Jesus ruft uns dazu auf, zwei grundlegende Haltungen zu leben, die uns befähigen, seine Jünger zu werden. Die erste Haltung: das Wort hören; die zweite: das Wort leben. Zuerst hören, denn alles kommt vom Hören, davon, dass wir uns ihm öffnen, dass wir das kostbare Geschenk seiner Freundschaft annehmen. Aber dann ist es wichtig, das empfangene Wort zu leben, damit wir es nicht vergeblich hören und uns selbst betrügen (vgl. Jak 1,22); damit wir nicht riskieren, dass wir nur mit den Ohren hören, ohne dass der Same des Wortes in unser Herz fällt und unser Denken, Fühlen und Handeln verwandelt – und das ist nicht gut. Das Wort, das uns geschenkt wird und das wir hören, verlangt danach, Leben zu werden, das Leben zu verwandeln, in unserem Leben konkret zu werden.
Diese beiden wesentlichen Haltungen – das Wort hören und das Wort leben – können wir im eben verkündeten Evangelium betrachten.
Zuerst, das Wort hören. Der Evangelist berichtet, dass viele Menschen zu Jesus strömten und »die Volksmenge Jesus bedrängte und das Wort Gottes hören wollte« (Lk 5,1). Sie suchen ihn, sie hungern und dürsten nach dem Wort des Herrn, und sie hören es in den Worten Jesu widerklingen. Deshalb sagt uns diese Szene, die sich im Evangelium oft wiederholt, dass das menschliche Herz immer auf der Suche nach einer Wahrheit ist, die sein Verlangen nach Glück nähren und stillen kann; dass wir uns nicht mit menschlichen Worten allein, mit den Kriterien dieser Welt, mit irdischen Urteilen zufrieden geben können; wir bedürfen stets eines Lichts aus der Höhe, das unsere Schritte erhellt, eines lebendigen Wassers, das die Wüsten der Seele bewässern kann, eines Trostes, der nicht enttäuscht, weil er vom Himmel kommt und nicht von den vergänglichen Dingen hier unten. Von betäubenden und vergänglichen menschlichen Worten umgeben, Brüder und Schwestern, brauchen wir das Wort Gottes, das einzige, das ein Kompass für unseren Weg ist, das einzige, das uns inmitten so vieler Verwundungen und Verwirrungen zum wahren Sinn des Lebens zurückführen kann.
Brüder und Schwestern, lasst uns nicht vergessen: Die erste Aufgabe des Jüngers – wir alle sind Jünger – besteht nicht darin, das Gewand einer äußerlich perfekten Religiosität anzulegen, außergewöhnliche Dinge zu tun oder großartige Heldentaten zu vollbringen. Nein. Die erste Aufgabe, der erste Schritt besteht vielmehr darin, auf das einzige Wort hören zu können, das rettet, das Wort Jesu, wie wir an jener Begebenheit im Evangelium sehen können, als der Meister in das Boot des Petrus steigt, um sich ein wenig vom Ufer zu entfernen und so dem Volk besser predigen zu können (vgl. Lk 5,3). Unser Glaubensleben beginnt, wenn wir Jesus demütig in das Boot unseres Lebens aufnehmen, ihm Platz machen, auf sein Wort hören und uns davon anfragen, aufrütteln und verwandeln lassen.
Zugleich, Brüder und Schwestern, will das Wort des Herrn in uns konkret Fleisch annehmen: Wir sind also aufgerufen, das Wort zu leben. Wenn wir das Wort nur wiederholen, ohne es zu leben, macht uns das zu so etwas wie Papageien: ja, ich sage es, aber man versteht es nicht, man lebt es nicht. Nachdem er nämlich damit fertig ist, der Menschenmenge vom Boot aus zu predigen, wendet sich Jesus an Petrus und fordert ihn auf, im Vertrauen auf jenes Wort ein Wagnis einzugehen: »Fahr hinaus, wo es tief ist und werft eure Netze zum Fang aus« (V. 4). Das Wort des Herrn darf nicht eine schöne abstrakte Idee bleiben oder nur ein momentanes Gefühl wecken; es fordert uns auf, unsere Sichtweise zu ändern und unser Herz zu einem Abbild des Herzens Christi verwandeln zu lassen; das Wort ruft uns auf, mutig die Netze des Evangeliums mitten im Meer der Welt auszuwerfen, »das Risiko einzugehen«, ja, das Risiko einzugehen, die Liebe zu leben, die er zuvorderst uns gelehrt und vorgelebt hat. Auch von uns, Brüder und Schwestern, verlangt der Herr mit der brennenden Kraft seines Wortes, aufs Meer hinauszufahren, und uns von den stehenden Ufergewässern der schlechten Gewohnheiten, der Ängste und der Mittelmäßigkeit zu lösen, um ein neues Leben zu wagen. Die Mittelmäßigkeit gefällt dem Teufel! Sie befällt uns und ruiniert uns.
Gewiss, an Hindernissen und Ausreden für ein Nein mangelt es nie; aber schauen wir uns noch einmal das Verhalten des Petrus an. Er hatte eine schwierige Nacht hinter sich, in der er nichts gefangen hatte, er war verärgert, er war müde, er war enttäuscht; doch anstatt in dieser Leere gelähmt und durch sein Versagen blockiert zu sein, sagt er: »Meis-ter, wir haben die ganze Nacht gearbeitet und nichts gefangen. Doch auf dein Wort hin werde ich die Netze auswerfen« (V. 5). Auf dein Wort hin werde ich die Netze auswerfen. Und da geschieht das Unerhörte, das Wunder eines Bootes, das sich mit Fischen füllt, bis es fast sinkt (vgl. V. 7).
Brüder und Schwestern, angesichts der vielen Aufgaben unseres täglichen Lebens, angesichts des Rufs, den wir alle verspüren, eine gerechtere Gesellschaft aufzubauen und auf dem Weg des Friedens und des Dialogs weiterzugehen – jenem Weg, der hier in Indonesien seit langem vorgezeichnet ist –, fühlen wir uns vielleicht manchmal unzulänglich, spüren wir die Last unserer vielen Bemühungen, die nicht immer die erhofften Früchte bringen, oder unserer Fehler, die uns auf dem Weg aufzuhalten scheinen. Aber auch von uns wird verlangt, dass wir mit derselben Demut und demselben Glauben des Petrus nicht Gefangene unseres Versagens bleiben. Das ist etwas sehr Schlimmes, denn Misserfolge halten uns fest und wir können zu Gefangenen unserer Misserfolge werden. Nein, bitte: Bleiben wir nicht Gefangene unserer Misserfolge; statt starr auf unsere leeren Netze zu blicken, lasst uns auf Jesus schauen und ihm vertrauen. Schau nicht auf deine leeren Netze, schau auf Jesus! Er bringt dich zum Gehen, er bringt dich gut voran, vertau auf Jesus! Wir können es immer wagen, aufs Meer hinauszufahren und unsere Netze erneut auszuwerfen, auch wenn wir eine Nacht des Scheiterns durchgemacht haben, eine Zeit der Enttäuschung, in der wir nichts gefangen haben. Wir halten jetzt einen kurzen Moment der Stille und jeder von euch denkt über seine Misserfolge nach. [Stille] Und in Anbetracht dieser Misserfolge lasst uns etwas riskieren, lasst uns mit dem Mut des Wortes Gottes weitermachen.
Die heilige Teresa von Kalkutta, deren Gedenktag wir heute feiern und die sich unermüdlich der Ärmsten angenommen hat und eine Förderin des Friedens und des Dialogs war, sagte: »Wenn wir nichts zu geben haben, geben wir ihm dieses Nichts. Und denk daran: Auch wenn du nichts ernten solltest, werde nicht müde zu säen.« Bruder und Schwester, werde nie müde zu säen, denn das ist Leben.
Dies, Brüder und Schwestern, möchte ich auch euch, dieser Nation, diesem wunderbaren und vielfältigen Archipel sagen: Werdet nicht müde in See zu stechen, werdet nicht müde eure Netze auszuwerfen, werdet nicht müde zu träumen, werdet nicht müde zu träumen und wieder eine Zivilisation des Friedens aufzubauen! Wagt es immer, den Traum der Geschwisterlichkeit zu träumen, der ein wahrer Schatz für euch ist. Auf das Wort des Herrn hin ermutige ich euch, Liebe zu säen, vertrauensvoll den Weg des Dialogs zu beschreiten und weiterhin Güte und Freundlichkeit zu zeigen – mit dem typischen Lächeln, das euch auszeichnet. Hat man euch gesagt, dass ihr ein lächelndes Volk seid? Verliert euer Lächeln nicht, bitte, und macht weiter! Und seid Friedensstifter und schenkt Hoffnung!
Dies ist der Wunsch, den die Bischöfe des Landes kürzlich geäußert haben, und auch ich möchte diesen Wunsch an das gesamte indonesische Volk richten: Gemeinsam gehen zum Wohl der Gesellschaft und der Kirche! Seid Baumeister der Hoffnung. Hört gut zu: Seid Baumeister der Hoffnung! Jener Hoffnung des Evangeliums, die nicht enttäuscht (vgl. Röm 5,5), die niemals enttäuscht und die uns offen macht für die Freude, die kein Ende kennt. Vielen Dank.