Liebe Brüder und Schwestern,
guten Tag und willkommen!
Zunächst begrüße ich den Generaloberen, der zum Erzbischof von Ende in Indonesien ernannt worden ist.
Ihr habt ein ansprechendes Thema für das Generalkapitel gewählt: »So soll euer Licht vor den Menschen leuchten (Mt 5,16): Treue und kreative Jünger in einer verwundeten Welt.« Das Kapitel ist eine Zeit der Reflexion über das Charisma und die Sendung einer Kongregation, und da ihr die Gesellschaft des Göttlichen Wortes seid, kehrt ihr in diesen Tagen zur Quelle eurer Identität zurück, die der Herr ist, das Wort des Heils.
Das Wort erschafft, schenkt Leben, inspiriert, motiviert: Es ist der Schwerpunkt eurer Mission. Das Wort, das in Jesus Fleisch geworden ist, hat das Antlitz des Vaters offenbart, seine barmherzige Liebe. So ist das fleischgewordene Wort zum Licht der Welt geworden; und zu seinen Jüngern sagte er: »So soll euer Licht vor den Menschen leuchten« (Mt 5,16). Wie ist das möglich? Indem wir in Ihm bleiben und gehen, in seiner Liebe verweilen und sie bezeugen. Das ist der Weg, der es möglich macht. »Die Evangelisierung braucht die Vertrautheit mit dem Wort Gottes« (Evangelii gaudium, 175). Und das, Brüder, ist die Quelle, aus der ihr immer wieder als treue Jünger und kreative Missionare geboren und wiedergeboren werdet. Lasst uns einen Moment bei diesen beiden Aspekten verweilen.
Treue Jünger. Alle Getauften sind berufen, missionarische Jünger zu sein, und die Treue zu dieser Berufung ist unser Einsatz, immer mit der Gnade Gottes. Der treue Jünger ist an der Freude des Evangeliums zu erkennen, die auf seinem Gesicht, in seinem Lebensstil erstrahlt, mit dem er anderen die Liebe vermittelt, die er selbst zuerst empfangen hat und täglich empfängt. Die trinitarische Liebe zu erfahren und die Flamme des Geistes zu nähren, ist der zentrale Wert, um als Jünger und missionarische Ordensleute zu wachsen. Diese Flamme erneuert uns täglich, sie reinigt und verwandelt uns, während wir mit unseren Sünden und inmitten der Versuchungen der Welt auf dem Weg sind, aber mutig und voll Vertrauen auf die Barmherzigkeit Gottes, der immer vergibt: und auch wir müssen immer vergeben. Niemals eine Absolution verweigern: immer vergeben.
Kreative Missionare. Woher kommt eure Kreativität? Die gute, gesunde Kreativität, nicht die scheinbare, die immer selbstbezogen und weltlich ist. Stattdessen kommt die gesunde Missionarität aus dem Wort und dem Geist, das heißt aus dem lebendigen Christus in euch, der euch an seiner Sendung teilhaben lässt. Er ist es, der die Herzen anzieht, nicht wir! Der Geist ist der Protagonist, und unsere »Kunst« besteht darin, mit all unseren Kräften zu arbeiten, alle unsere Talente einzusetzen, in der Gewissheit, dass immer Er es ist, der wirkt, Er ist es, der erschafft, und unser Handeln ist Gehorsam, ist Werkzeug, ist »Kanal«, Widerschein, Transparenz… Ihr seid in 79 Ländern tätig: ihr seid dort, um das Evangelium zu verkünden und »das Reich Gottes in der Welt gegenwärtig machen« (Evangelii gaudium, 176). Dies geschieht – wie ihr gut wisst – eher durch das Teilen der Freude als durch das Auferlegen von Verpflichtungen. Kreative missionarische Aktivitäten entstehen aus der Liebe zum Wort Gottes; Kreativität entsteht aus der Kontemplation und der Unterscheidung. Und auch wenn persönliches kreatives Handeln gut ist, ist das gemeinschaftliche besser für die Einheit und die Stärke der Kirche.
Liebe Brüder, ich danke euch, dass die Grundlinien eures Generalkapitels mir auch die Möglichkeit geben, auf einige aktuelle Dringlichkeiten hinzuweisen.
Die erste: Friedensstifter sein. Die Welt ist gezeichnet von Konflikten, Kriegen, Zerstörungen, auch Umweltzerstörung, Gewalt gegen das Leben und die Menschenwürde, fundamentalistischen Ideologien und anderen Wunden, vielen Wunden. Friede ist der Ruf der Menschen: Hören wir diesen Ruf und werden wir Friedensstifter! Der auferstandene Jesus sagte den Aposteln mehrmals: »Friede sei mit euch« (Joh 20,19.21.26). Er will, dass sie Sämänner des Friedens sind. »Friede sei mit euch.« Und dann sagte er: »Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch« (V. 21). Bringen wir allen den Frieden Christi, besonders den Armen, den Migranten – sie leiden so sehr! –, den diskriminierten Frauen, den Kindern, den Ausgeschlossenen. Gott hat den Ruf des versklavten Volkes gehört (vgl. Ex 3,9); verschließen wir unsere Ohren nicht vor dem Ruf der heutigen Sklaven und seien wir kreativ beim Aufbau des Friedens.
Die zweite Dringlichkeit: Hoffnung für jede Kultur sein. Ihr müsst Hoffnung für jede Kultur sein. Kurz vor dem Jubiläumsjahr, in einer verletzten Welt, müssen unsere Gemeinschaften Zeichen der Hoffnung werden. Und das ist eine Prophezeiung. Das bedeutet, noch bevor man Hoffnung gibt, selbst Hoffnung zu sein, indem man den Charakter ausübt, den wir durch die Taufe empfangen haben, nämlich Hoffnung zu sein. Für euch bestätigt und stärkt die Weihe nach dem ursprünglichen Charisma das Taufgeschenk und wird zum Zeugnis in den verschiedenen sozialen und kulturellen Lebenswirklichkeiten, in denen ihr euch befindet. »Eine prophetische Hoffnung für jede Kultur sein.« Das ist eine schöne Herausforderung! Nur die Kirche kann darauf antworten, denn von Anfang an wird sie vom Pfingstgeist belebt. Ich lese gerne im Buch der Apostelgeschichte: Was tut der Heilige Geist? Es gibt Verwirrung, alle sprechen, aber alle verstehen sich! So oft bringt der Geist die Kirche inmitten von Verwirrungen voran. Habt keine Angst vor Konflikten! Schafft keine Konflikte, aber habtauch keine Angst vor Konflikten, habt keine Angst vor der Verwirrung der heutigen Kultur. Der Geist kann dort hienien kommen. »Hoffnung für jede Kultur sein.« Ihr seid Experten der Interkulturalität, das ist eine der Konsequenzen eures Charismas, euch zu Experten der Interkulturalität zu machen. Im Laufe der Jahre habt ihr gelernt, die Mission zu leben, indem ihr jede Kultur und jedes Volk achtet. Aber es braucht Unterscheidung. Heute, durch das Internet und die sozialen Medien, besteht die Gefahr, alles wahllos zu akzeptieren, was den Lebensstil und die Werte der Menschen beeinflusst. Stattdessen sagte Johannes Paul II.: »Eine neue Kultur der Liebe und der Hoffnung inspirieren, die von der Wahrheit inspiriert ist, die uns in Christus Jesus frei macht. Das ist das Ziel der Inkulturation«.1 Es braucht Unterscheidung: bittet den Heiligen Geist um diese Gnade der Unterscheidung.
Der dritte aktuelle Aspekt: Missionare der Synodalität sein. Die Kirche, die »hinausgeht«, ist offen für die anderen. Es ist eine einladende und umfassende Gemeinschaft, in der der Herr lebt und der Geist am Wirken ist. Die Kirche, die hinausgeht, ist aufgeschlossen, wohingegegen eine sektiererische Kirche introvertiert ist. Immer offen, mit dem Herzen in der Hand! Heute muss diese Kirche mit einem synodalen Ansatz wachsen, indem sie allen zuhört, mit allen spricht und im Heiligen Geist die Mission unterscheidet. Die Synodalität ist keine Modeerscheinung. »Die Synodalität an sich ist missionarisch, und umgekehrt ist die Mission immer synodal« (Botschaft zum Weltmissionstag,
20. Oktober 2024). Daher ermutige ich euch, die Synodalität in jedem Aspekt eures Lebens zu fördern: Lasst jede Gemeinschaft in einem synodalen Stil wachsen und Freude haben, in dem sich jeder gehört und willkommen fühlt. Ihr sollt also das tun, was der Geist sagt, und hierbei ist der Prozess wichtig, in dem der Geist sich sanft bewegt, zwischen den einfachen Menschen und an den entlegensten Orten.
Liebe Brüder, 2025 werdet ihr das 150-jährige Bestehen der Gesellschaft des Göttlichen Wortes feiern. In euren Herzen schwingt der Dank an Gott für seine immense Liebe, die euch dazu gebracht hat, in jede Ecke der Welt zu gehen, um das Wort zu verkünden und die Liebe Gottes zu verbreiten, Gemeinschaften zu bilden, den Armen zu dienen, Gerechtigkeit für die Menschen zu suchen, Bildung und Emanzipation zu fördern, Sorge für die Umwelt zu tragen. Mit diesem dankbaren Geist denkt darüber nach, wie ihr heute die Freude an der Auferstehung Jesu auf kreative Weise teilen könnt. Arnold Janssen hat den Willen Gottes erkannt und die Gesellschaft gemäß dem Heiligen Geist geleitet: Das ist das Charisma eines Gründers! Euch heute, in Nachfolge dieses Charismas, mit seinem Beispiel und seiner Fürsprache, obliegt es, die gemeinschaftliche Unterscheidung zu treffen und mutige Schritte in Demut und vertrauensvoller Hingabe an Gott zu gehen. Danke für das, was ihr seid und was ihr tut. Ich segne euch von Herzen. Und bitte, vergesst nicht, für mich zu beten. Danke.
Fußnote
1Ansprache an die Teilnehmer der Plenarsitzung des Päpstlichen Rates für die Kultur (10. Januar 1992), 10.
(Orig. ital. in O.R. 28.6.2024)