Weltbischofssynode: Das steht im neuen Grundlagentext

Synodalität als Weg der Umkehr und Erneuerung

Italy, Rome, Vatican, 2023/10/14 Participants of the 16th General Assembly of the Synod of Bishops ...
19. Juli 2024

Der Vatikan hat am Dienstag, 9. Juli, den Grundlagentext für die 16. Ordentliche Generalversammlung der Weltsynode veröffentlicht. Sie findet vom 2. bis 27. Oktober im Vatikan statt. Das Dokument steht in Kontinuität zum gesamten synodalen Prozess, der im Jahr 2021 begonnen hat, und macht Vorschläge für eine Kirche, die immer näher am Volk ist und in der alle Getauften am kirchlichen Leben teilhaben. Zu den Themen, über die nachgedacht wird, gehören die Aufwertung der Frauen und die Notwendigkeit von Transparenz und Rechenschaftspflicht. Eine Übersicht über den Inhalt:

Wie kommen wir zu einer missionarischen, synodalen Kirche? Dies ist die grundlegende Frage, von der das »Instrumentum laboris« (IL) für die nächste Sitzung der Bischofssynode (2. bis 27. Oktober) ausgeht. Diese Sitzung folgt auf die erste, die im Oktober 2023 in der vatikanischen Audienzhalle zusammengetreten war. Das Dokument referiert die Ergebnisse des letzten Jahres und führt sie mit den Ergebnissen anderer Treffen zusammen, etwa dem internationalen Treffen der Pfarrer (das vom 29. April bis zum
2. Mai im Vatikan stattfand) und den Beratungen von zehn Studiengruppen, die im Auftrag des Papstes einige Themen der Synode von 2023 vertieft haben.

Das am Dienstag, 9. Juli, veröffentlichte IL will keine vorgefertigten Antworten bieten, sondern »Hinweise und Vorschläge«, wie sich die Kirche in ihrer Gesamtheit in eine syn-odal-missionarische Richtung entwickeln kann. Das Ziel: Die Kirche soll näher bei den Menschen und weniger bürokratisch sein, und alle Getauften sollen sich – in verschiedenen Ämtern und Rollen – mitverantwortlich fühlen für das Leben der Kirche.

Die fünf Teile
des Dokuments

Das Dokument gliedert sich in fünf Abschnitte: Einleitung, Grundlagen und drei zentrale Teile. Die Einleitung erinnert an den bisher zurückgelegten Weg. Dabei hebt sie das bereits Erreichte hervor, etwa die immer weiter verbreitete Anwendung der synodalen Methodik. Im Kapitel Grundlagen (Nr. 1-18) geht es dann vor allem um das Verständnis von Synodalität als Weg der Umkehr und Erneuerung. In einer von Spaltungen und Konflikten zerrissenen Welt sei die Kirche aufgerufen, ein Zeichen der Einheit und ein offenes Ohr für alle zu sein, insbesondere für die Armen und Ausgegrenzten. Synodalität solle »in keiner Weise eine Abwertung der besonderen Autorität und der spezifischen Aufgabe bedeuten, die Christus selbst den Hirten anvertraut hat« (Nr. 8); sie sei auch kein »Selbstzweck« und müsse in enger Verbindung mit der Mission gesehen werden
(Nr. 9).

Wertschätzung der Frauen
in der Kirche

Die »Grundlagen« geben auch der Reflexion über die Rolle der Frauen in allen Bereichen des kirchlichen Lebens breiten Raum (Nr. 13-18) und streichen die Notwendigkeit heraus, »ihre Charismen und ihre Berufung stärker zu würdigen«. Gott habe Frauen zu den ersten Zeuginnen und Verkünderinnen der Auferstehung auserwählt; kraft der Taufe befänden sie sich innerhalb der kirchlichen Gemeinschaft »in einem Zustand völliger Gleichheit, empfangen die gleiche Ausgießung der Gaben des Geistes und sind zur Mitwirkung an der Sendung Christi berufen«. Die erste Veränderung, die vorgenommen werden müsse, sei die der Mentalität: Der Grundlagentext ruft nach einer »Umkehr hin zu einer Vision der Beziehung, der gegenseitigen Abhängigkeit und der Komplementarität zwischen Frauen und Männern, die Schwestern und Brüder in Christus sind, im Hinblick auf die gemeinsame Sendung«.

Teilhabe und
Verantwortung von Frauen

In einigen Kulturen, so fährt das IL fort, »ist der männliche Chauvinismus nach wie vor stark präsent«; aus diesem Grund sei die bevorstehende Synodensitzung zu einer »breiteren Beteiligung von Frauen an den kirchlichen Entscheidungsprozessen und in allen Phasen der Entscheidungsfindung« aufgefordert. Außerdem brauche es »einen breiteren Zugang zu verantwortlichen Positionen in den Diözesen und kirchlichen Einrichtungen« sowie in Seminaren, Instituten, theologischen Fakultäten und in der Rolle des Richters in kanonischen Verfahren. Die Vorschläge betreffen auch die gottgeweihten Frauen, für die man sich eine »stärkere Anerkennung und entschiedenere Unterstützung« ihrer Lebensform und ihrer Charismen sowie »ihre Beschäftigung in verantwortlichen Positionen« wünscht.

Nachdenken über
Diakonat von Frauen geht weiter

Was die Zulassung von Frauen zum Diakonat betrifft, so berichtet das IL, dass sie von »einigen Ortskirchen« gefordert werde, während andere »ihre Ablehnung bekräftigen« (Nr. 17). Das Thema werde nicht Gegenstand der Arbeit im kommenden Oktober sein; dennoch sei es richtig, »dass die theologische Reflexion weitergeht«. Jedenfalls werde in allen Überlegungen zur Rolle der Frau »der Wunsch nach einer Stärkung aller von den Laien ausgeübten Ämter hervorgehoben«; gefordert werde außerdem, dass sie »bei entsprechender Ausbildung auch an der Verkündigung des Wortes Gottes und auch während der Feier der Eucharistie mitwirken können«, (Nr. 18), so heißt es im Grundlagentext.

Teil I – Beziehungen zu Gott,
zu den Brüdern und Schwestern und unter den Ortskirchen

Nach der Einleitung und den Grundlagen geht das IL auf die Beziehungen zu Gott, zu den Brüdern und Schwestern und zwischen den einzelnen Ortskirchen ein (Nr. 22-50). Charismen, Ämter und gottgeweihte Personen seien unverzichtbar. Aus den Ortskirchen werde die Stimme junger Menschen laut: Sie forderten eine Kirche, welche weder aus Strukturen noch aus Bürokratie bestehe, sondern auf Beziehungen beruhe, die Dynamik hervorbrächten. Daher solle die Versammlung im Oktober über den Vorschlag nachdenken, neue Dienste wie den des »Zuhörens und Begleitens« einzuführen. »Wir brauchen eine ›offene Tür‹ der Gemeinschaft, durch die die Menschen eintreten können, ohne sich bedroht oder verurteilt zu fühlen« (Nr. 34).

Teil II – Ausbildungswege und gemeinschaftliche Unterscheidung

Allerdings gebe es »keine Sendung ohne Kontext, keine Kirche ohne konkrete örtliche Verwurzelung« (Nr. 53) – darum müssten diese neuen Dienste auf angemessene und kontextualisierte Weise entwickelt werden (Nr. 51-79). Besonders wichtig dabei: die Ausbildung und die »gemeinschaftliche Unterscheidung«. Sie soll die Kirchen in die Lage versetzen, angemessene Entscheidungen zu treffen – unter Mitverantwortung und Beteiligung möglichst aller. »Alle, die Schwachen und die Starken, die Kinder, die Jungen und die Alten, haben viel zu empfangen und viel zu geben« (Nr. 55).

Die Bedeutung der
Rechenschaftspflicht

Das IL kommt auch auf das heikle Thema der Rechenschaftspflicht zu sprechen: Wer in der Kirche Verantwortung trage, müsse in transparenter Weise Rechenschaft über sein Handeln zum Wohl und zur Sendung der Kirche ablegen. »Eine synodale Kirche braucht eine Kultur und Praxis der Transparenz und der Rechenschaftspflicht«, heißt es im IL. »Das ist unerlässlich, um das gegenseitige Vertrauen zu fördern, welches notwendig ist, um gemeinsam voranzugehen und Mitverantwortung für die gemeinsame Sendung zu übernehmen« (Nr. 73).

Eine glaubwürdige Kirche
erfordert Transparenz und Rechenschaftspflicht

Der Grundlagentext erinnert daran, dass »die Rechenschaftspflicht für den eigenen Dienst an der Gemeinschaft zu den ältesten Traditionen gehört, die auf die apostolische Kirche zurückgehen« (Nr. 74). Heute seien Transparenz und Rechenschaftspflicht »infolge des Verlusts an Glaubwürdigkeit aufgrund von Finanzskandalen und insbesondere sexuellem und anderem Missbrauch von Minderjährigen und schutzbedürftigen Personen« nötiger denn je. Der Mangel an Transparenz und Rechenschaftspflicht nähre den Klerikalismus (Nr. 75); dieser beruhe nämlich auf der irrigen Annahme, dass geweihte Amtsträger niemandem gegenüber für die Ausübung ihrer Autorität verantwortlich seien.

Ruf nach
Bewertungs-Strukturen

Rechenschaftspflicht und Transparenz, so betont das IL, betreffen alle Ebenen der Kirche und beschränken sich nicht auf den Bereich des sexuellen und finanziellen Miss-brauchs. Sie gelten auch für »pastorale Pläne, Methoden der Evangelisierung und die Art und Weise, wie die Kirche die Würde der menschlichen Person achtet, zum Beispiel in Bezug auf die Arbeitsbedingungen in ihren Einrichtungen« (Nr. 76). Daraus ergibt sich die Forderung nach »notwendigen Strukturen und Formen der Evaluierung – verstanden in einem nicht-moralistischen Sinne – der Art und Weise, wie die dienstlichen Aufgaben aller Art ausgeübt werden« (Nr. 77).

In diesem Zusammenhang erinnert das Dokument an die Notwendigkeit, dass die Kirche einen Jahresbericht veröffentlicht – sowohl über die Verwaltung der Güter und Ressourcen als auch über die Erfüllung ihrer Sendung. Das gelte ausdrücklich auch für »Initiativen, die im Bereich des Schutzes von Minderjährigen und gefährdeten Personen sowie der Förderung des Zugangs von Frauen zu verantwortlichen Positionen und ihrer Beteiligung an Entscheidungsprozessen ergriffen wurden« (Nr. 79).

Teil III – Orte des Dialogs

Das IL analysiert dann konkrete Orte und Kontexte des Dialogs zu anderen Kirchen und Religionen, aber auch zu Kultur und Gesellschaft (Nr. 80-108). Dabei müssten eine statische Sichtweise und ein pyramidales Bild von Kirche überwunden und ihre innere Vielfalt und Pluralität stärker anerkannt werden, sonst drohten Partikularismus und Verflachung. In diesem Zusammenhang kommt das Arbeitspapier auch auf die Suche nach Formen einer zeitgemäßen Ausübung des Petrusamtes zu sprechen. Das Amt solle dadurch offener werden für den Weg zur sichtbaren Einheit der Christen (Nr. 102 und 107).

Pilger der Hoffnung

Keine zwei Monate nach der zweiten Vollversammlung der Weltsynode im Vatikan startet das Heilige Jahr 2025; darum schließt das Dokument mit einem Verweis darauf (Nr. 112). Der Weg der Weltsynode solle als Pilgerschaft der Hoffnung auch im Heiligen Jahr fortgesetzt werden. Alle angerissenen Fragen und Vorschläge seien daran zu messen, was die Kirche tun könne, um die tiefen Wunden unserer Zeit zu heilen.

Isabella Piro – Vatican News