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Papst Franziskus rief bei Sozialwoche in Triest zu einem Europa des Friedens und der Geschwisterlichkeit auf

Der Traum einer neuen Zivilisation

 Der Traum einer neuen Zivilisation  TED-028
12. Juli 2024

Vatikanstadt/Triest. Papst Franziskus hat die Bewohner der nordostitalienischen Grenzstadt Triest aufgefordert, sich für Frieden und Menschlichkeit einzusetzen. »Triest gehört zu den Städten, die dazu berufen sind, verschiedene Völker aufeinandertreffen zu lassen: zum einen, weil da ein Hafen ist, ein wichtiger Hafen, und zum anderen, weil es am Schnittpunkt zwischen Italien, Mitteleuropa und dem Balkan liegt«, sagte er am Sonntag, 7. Juli, beim Angelusgebet nach der Eucharistiefeier auf dem zentralen Platz der Adria-Hafenstadt, die den italienischen Endpunkt der Balkanroute markiert.

Kirche und Staat seien herausgefordert, »Offenheit und Stabilität, Aufnahmebereitschaft und Identität miteinander zu verbinden«, so der Papst. »Ihr erfüllt die richtigen Voraussetzungen, um euch dieser Herausforderung zu stellen«, ermutigte er die Menschen in Triest.

Die Pastoralvisite in Triest war der vierte Besuch des Papstes innerhalb Italiens in diesem Jahr. Anlass der Reise war der Abschluss der 50. Sozialwoche der italienischen Katholiken unter dem Motto »Im Herzen der Demokratie«. Das Treffen hatte am Mittwoch,
3. Juli, mit einer Rede des italienischen Staatspräsidenten Sergio Mattarella im Tagungszentrum von Triest begonnen und endete dort am Sonntagmorgen mit der Ansprache des Papstes.

Bei der Veranstaltung rief der Papst die Gläubigen auf, die Demokratie aktiv mitzugestalten. »Die demokratische Ordnung ist in Italien nach dem Zweiten Weltkrieg gereift, auch dank des entscheidenden Beitrags der Katholiken.« »Wir können stolz sein auf diese Geschichte«, betonte Franziskus vor den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der mehrtägigen Versammlung von katholischen Vereinigungen, die im So-zialbereich und in der Caritas aktiv sind. Daher sollten all jene, die sich im kirchlichen Bereich engagieren, auch heute Verantwortung übernehmen, um »in unserer Zeit etwas Gutes aufzubauen«.

Die Ansprache des Papstes vor etwa 1200 Teilnehmern, unter ihnen rund 300 Jugendliche, im Kongresszentrum von Triest wurde mehrfach von Beifall unterbrochen.

Der Papst äußerte sich dabei auch nachdenklich über die Krise der Demokratie. Es sei »offensichtlich«, dass es um die Demokratie in der heutigen Welt nicht gut bestellt sei, sagte er und drückte seine Sorge über den hohen Anteil von Nichtwählern bei Wahlen aus. Als Gründe für die Krise nannte er Korruption, Ungerechtigkeit und soziale Ausgrenzung. Das Christentum habe zur kulturellen und sozialen Entwicklung Europas beigetragen. Nun könnten auch die Prinzipien der katholischen Soziallehre den Dialog zwischen der Zivilgesellschaft und den politischen Institutionen fördern. Hingegen sei Gleichgültigkeit »ein Krebsgeschwür der Demokratie«.

Am anschließenden Gottesdienst auf dem zentralen Platz an der Hafenpromenade von Triest nahmen rund 8.500 Menschen teil. In seiner Predigt lud Papst Franziskus die Gläubigen zum Einsatz für ein menschlicheres Europa auch im Hinblick auf ankommende Migranten ein. »Von dieser Stadt Triest aus, die auf Europa blickt, von diesem Kreuzungspunkt von Völkern und Kulturen, von diesem Grenzgebiet aus, wollen wir den Traum von einer neuen Zivilisation nähren, die sich auf Frieden und Geschwisterlichkeit gründet«, sagte er.

Die Kirche von Triest ermutigte der Heilige Vater, auch weiterhin »an vorderster Front das Evangelium der Hoffnung zu verbreiten, vor allem für die Menschen, die von der Balkanroute kommen, und für all jene, die an Leib und Seele Ermutigung und Trost brauchen«. Dafür lohne sich das gemeinsame Engagement.

Bei seinem Pastoralbesuch in Triest begegnete Papst Franziskus in privatem Rahmen auch Vertretern aus der Welt der Wissenschaft und der dort vertretenen 16 Konfessionen und Religionen sowie Migranten, Menschen mit Behinderungen und sozial Benachteiligten.

Kurz nach Mittag trat Papst Franziskus per Helikopter den Rückflug nach Rom an. Nach Johannes Paul II. war Franziskus der zweite Papst, der an den traditionellen Sozialwochen der italienischen Katholiken teilnahm.

(Die Ansprache und Predigt des Papstes finden Sie auf den Seiten 14 bis 16.)