Von Andrea Monda
Würde man nach einem Gesamtthema für das Programm des Papstes vom 14. Juni suchen, könnte das die »Macht« sein. Dabei denkt man natürlich sofort an den G-7, die Begegnung des Papstes mit den »Mächtigen« am frühen Nachmittag in Borgo Egnazia, nachdem er morgens im Vatikan 100 Comedians getroffen hatte. Aber vielleicht sollte man die Begegnung am frühen Morgen genauer in den Blick nehmen, denn auch Komiker gehören zu den Mächtigen, genau wie die Politiker oder vielleicht noch mehr.
Ein Genie der Filmgeschichte wie Federico Fellini, ein bekanntermaßen auch von Papst Franziskus sehr geschätzter Regisseur, hat in seinem seiner letzten Interviews gesagt, dass ihn Komödianten besonders faszinieren, die er als Wohltäter der Menschheit betrachte: »Menschen zum Lachen zu bringen schien mir immer die höchste Berufung zu sein, ein wenig wie die der Heiligen.« Papst Franziskus hat zu Beginn seiner Ansprache gerade auf die große »Macht« dieser häufig unterschätzten gesellschaftlichen Gruppe hingewiesen: »Mitten in den vielen düsteren Nachrichten, mitten in den vielen sozialen und auch persönlichen Notlagen, habt ihr die Kraft – die Macht –, Heiterkeit und Lächeln zu verbreiten.« Eine nicht unerhebliche Macht, denn dank ihres Talents, von Franziskus als »kostbare Gabe« bezeichnet, gelingt es den Komikern die Menschen zu vereinen, »weil Lachen ansteckend ist«: »Es ist leichter, gemeinsam zu lachen als allein: Freude öffnet für das Teilen und ist das beste Gegenmittel gegen Egoismus und Individualismus. Lachen hilft auch, soziale Barrieren zu überwinden und Verbindungen zwischen den Menschen zu schaffen. Es erlaubt uns, Gefühle und Gedanken zum Ausdruck zu bringen und so eine gemeinsame Kultur und Freiräume zu schaffen.«
Man könnte sich fragen, ob dies nicht (auch) die Aufgabe der Politiker wäre: soziale Barrieren zu überwinden und Freiräume zu schaffen. Nicht zufällig ist der vom Papst erwähnte Thomas Morus mit seinem Gebet um den Sinn für Humor ebenfalls ein Meister der Gewissensfreiheit und Patron der Politiker. So wird zwischen den beiden Terminen eine Brücke geschlagen, gleichsam eine Mahnung an die auf dem G-7 Gipfel vereinten Mächtigen: Denkt daran, ab und zu einmal zu lachen, und vor allem über euch selbst! Die Macht, zum Lachen zu bringen, ist eine große Macht, die jede andere Art von Macht ins Wanken bringt, weil den Komikern ein Wunder gelingt, wie der Papst gesagt hat: »zum Lachen zu bringen auch dann, wenn ihr Probleme ansprecht«. Und auch hier denkt man unwillkürlich an die Politik, die heute weit von den Menschen und ihren Problemen entfernt zu sein scheint.
Als Thomas Morus im 16. Jahrhundert den Machtmissbrauch anprangerte und dies mit seinem Martyrium bezahlte, erwähnte er in seinem berühmten Gebet das »Heilmittel für den Egoismus«: »Lass nicht zu, dass ich mir übermäßig Sorgen mache über dieses sich breit machende Etwas, das sich ›Ich‹ nennt.« Der heilige Kanzler (heute würde man sagen Premierminister) fand prophetische Worte gegen dieses uralte Übel, das die heutige westliche Gesellschaft mehr denn je beherrscht. Er war ein großer Humanist und ein raffinierter Humorist, beides gehört in der Tat zusammen: Humanist und Humorist haben ihre Wurzel im »Humus«, der fruchtbaren Erde, von der das Wort »Humilitas« – Demut – abgeleitet ist, das heißt: die eigenen Schwächen und Widersprüche anzuerkennen, denn der Mensch schaut zu den Sternen empor und sehnt sich nach ihnen, aber er ist aus Lehm gemacht. Deshalb ist der gesunde Humor, der dieser Demut entspringt, mit der Barmherzigkeit verbunden: Der wahre Humorist lacht und bringt die Menschen zum Lachen, aber er macht andere nicht lächerlich. Der Papst hat dies ganz klar gesagt: »Humor beleidigt nicht, demütigt nicht, nagelt die Menschen nicht auf ihre Fehler fest. […] Das Lachen des Humors ist niemals ›gegen‹ jemanden, sondern es ist immer inklusiv, konstruktiv, weckt Offenheit, Sympathie, Empathie.«
Auch hier könnte die Politik, die oft auf das »Dagegen-Sein« reduziert wird, noch viel lernen. Wenn die Mächtigen die Lektion des Humors akzeptieren, hören sie auf, »über-mächtig«, das heißt überheblich zu sein und legen ihre häufig zur Verteidigung ergriffenen Waffen nieder, mit denen sie aber oft sofort zum Angriff, zur Aggression übergehen.
Und wie die Mächtigen in der Politik könnten auch die Christen viel von den Komikern lernen. Der Theologe Elmar Salmann, ein deutscher Benediktinermönch, erinnert uns in seinem Essay Geistesgegenwart daran, dass guter Humor die Gläubigen vor der Gefahr schützt, den Glauben zur Ideologie verkommen zu lassen, und ihnen ermöglicht, wahrhaftig zu sein ohne Fanatismus, dem Guten verpflichtet ohne Moralismus, dem Schönen zugeneigt ohne bloße Ästheten zu sein. Humor manifestiert sich laut Salmann als kleines Sakrament der Gnade, ein Schimmer von Gottes Zukunft unter den Menschen.
An einer der eindrucksvollsten Stellen seiner Ansprache sagte der Papst zu den Komikern: »Wenn es euch gelingt, auf den Lippen auch nur eines einzigen Zuschauers ein intelligentes Lächeln hervorzurufen – und es ist keine Häresie, was ich jetzt sage –, dann bringt ihr auch Gott zum Lächeln.« Auch Gott lächelt und verspottet nicht, und er lacht, indem er die Menschen umarmt und sie einlädt, in seine Freude einzutreten, wie er mehrmals in den Evangelien sagt, denn er ist ein Deus ludens, spielerisch scherzend, und das erlaubt dem Homo sapiens, in diesem Vor-Spiel, das das irdische Leben ist, auch ein Homo ludens zu sein. Vielleicht sollten die Mächtigen dann weniger kalkulieren und grübeln, sondern mehr lächeln, denn wie
ein altes hebräisches Sprichwort sagt: »Der Mensch denkt und Gott lacht.«
Ein Hoffnungsschimmer. Denn Humor hat nicht nur mit Barmherzigkeit, sondern auch mit Hoffnung zu tun. Zum Abschluss des Treffens fügte der Papst eine spontane Bitte hinzu: »Gott möge euch begleiten in dieser schönen Berufung der Komiker, zum Lachen zu bringen. Es ist leichter ein Tragiker zu sein als ein Komiker; es ist leichter. Danke dafür, dass ihr zum Lachen bringt, und danke auch für das Lachen von Herzen.« Diese Worte enthalten eine tiefe Wahrheit, die einmal mehr auch für die Politik gilt: Der Weg des Bösen, die Menschen zum Weinen zu bringen, ist leichter, als die Menschen zum Lachen zu bringen, so wie Verzweiflung leichter ist als Hoffnung. Aber gerade deshalb lohnt es sich, den Weg der Hoffnung zu gehen, und sich mit der Kraft des Humors zu »bewaffnen«, der größten Macht, gerade weil sie unbewaffnet ist.
(Orig. ital. in O.R. 15.6.2024)