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Ein unvergesslicher Moment in der Geschichte Roms

 Ein unvergesslicher Moment in der Geschichte Roms  TED-024
14. Juni 2024

Nach der Bombardierung Roms im August 1943, der Landung der Alliierten in Anzio am 22. Januar 1944 und dem Massaker in den Ardeatinischen Höhlen am 24. März herrschte in der Stadt Rom große Angst vor dem bevorstehenden Kampf zwischen den feindlichen Armeen, denn man befürchtete, dass dieser in den Straßen der Ewigen Stadt stattfinden könnte. Pius XII. intervenierte auf diplomatischer Ebene und rief immer wieder zum Gebet auf.

In dieser Zeit ging von der Gruppe der »Freunde von Don Orione« – Laien, die die von Don Orione gegründete Kongregation der Söhne der göttlichen Vorsehung unterstützten – der Wunsch aus, in einem öffentlichen Gelübde die Muttergottes um ihre Fürsprache anzuflehen, damit Rom unversehrt bleiben möge. An dem Treffen der »Freunde« nahm auch Msgr. Giovanni Battista Montini teil, der damalige Substitut im Staatssekretariat, später Paul VI. Er unterstützte die Initiative und versprach Papst Pius XII. darüber zu informieren.

Petition für ein Gelübde

Pius XII. forderte am 24. April die Gläubigen auf, sich der unter dem Titel »Salus Populi Romani« verehrten Gottesmutter anzuvertrauen. Die Freunde starteten in der Zwischenzeit dazu auch eine Petition, die in einem Monat von über einer Million Menschen unterzeichnet wurde.

Nun überschlugen sich die Ereignisse. Die alliierten Truppen waren im Umland Roms vorgerückt und standen vor den Toren der Stadt, bereit zur finalen Offensive gegen das deutsche Heer, das seinerseits fest entschlossen war, die besetzte Stadt um keinen Preis freizugeben. Als Ort für das Gelübde wählte man auf Wunsch des Papstes die Kirche Sant’Ignazio, wo sich das Bild der Muttergottes von der göttlichen Liebe (Madonna del Divino Amore) befand. Es war aus dem Heiligtum in die Stadt gebracht worden, um es zu schützen, und jeden Abend versammelte sich hier eine große Menschenmenge. Am 4. Juni 1944 um 17 Uhr, in der Stunde größter Angst um die Ewige Stadt, verlas der Dekan der römischen Pfarrer den Text des Gelübdes. Die Bevölkerung Roms versprach für den Fall der Bewahrung der Stadt einen christlicheren Lebenswandel und die Stiftung eines Werkes der Nächstenliebe, durch das die Dankbarkeit der römischen Bevölkerung in Erinnerung bleiben sollte.

Um 19 Uhr, zu Beginn der abendlichen Ausgangssperre, kamen dann die ersten Truppenteile der Alliierten in die Stadt. Zu ihrer großen Überraschung trafen sie auf keinen Widerstand von Seiten der Deutschen. Rom hielt den Atem an. Kaum jemand schlief in jener Nacht. In den Straßen herrschte eine kontinuierliche Truppenbewegung und das Klirren der Panzerketten war zu hören. Ein Kampf blieb aus, da die Deutschen sich bereits in der Nacht zuvor in Richtung Norden zurückgezogen hatten. Am folgenden Tag strömte eine große Menschenmenge voller Dankbarkeit und Freude auf den Petersplatz. Um 17 Uhr sprach Papst Pius XII. zu der Menge. Er schrieb die Rettung der Fürsprache der Gottesmutter zu: »Mit unaussprechlicher Dankbarkeit verehren wir die allerheiligste Mutter Gottes und unsere Mutter, Maria, die dem Titel und dem Ruhm der ›Salus Populi Romani‹ einen neuen Beweis ihrer mütterlichen Güte hinzugefügt hat, derer in den Annalen der Stadt auf ewig gedacht werden wird.«

In Bezug auf die Erfüllung des Gelübdes war die Bekehrung der Herzen und Sitten nicht so leicht zu verifizieren, aber es herrschte ein neuer Eifer christlicher Praxis. Die wohltätigen Werke wurden vor allem von der Kongregation von Don Orione und der Gemeinschaft des Heiligtums Divino Amore verwirklicht. Bereits im Juli 1944 übernahmen die Söhne der göttlichen Vorsehung einen verlassenen Gebäudekomplex auf dem Monte Mario, in dem sie unter den einfachsten Bedingungen Ausbildungsstätten betrieben. Hunderte von Waisen und kriegsversehrten Kindern konnten hier die Schule besuchen.

Eine große Statue

In der Nähe wurde als Ausdruck der Verehrung für die Muttergottes eine Statue errichtet, die heute noch auf die ganze Stadt herabblickt, geschaffen von dem bekannten Bildhauer Arrigo Minerbi, ein Jude, der in einem Institut der Söhne von der göttlichen Vorsehung versteckt und so gerettet worden war. Er erklärte sich bereit, eine große Statue zu schaffen, wenn man ihm genug Kupfer besorgen würde. Die Kinder der Schule schwärmten in die ganze Stadt aus und sammelten kaputte Töpfe und sonstige Gegenstände aus Kupfer, die nicht mehr gebraucht wurden. So konnte die neun Meter hohe, vergoldete Statue der »Salus Populi Romani« auf dem Monte Mario entstehen. Mit einer Hand zeigt sie in den Himmel, die andere ist einladend ausgestreckt. Sie wurde am Ostermorgen des 5. April 1953 aufgestellt, zum Gedenken an »dramatische und providentielle Ereignisse […], die in die Geschichte und das Bewusstsein dieser Stadt eingeschrieben sind«, wie Benedikt XVI. bei seinem Besuch 2010 gesagt hat.

Außerdem wurde am Wallfahrtsort der Muttergottes von der Göttlichen Liebe neben der alten eine neue Kirche errichtet, die im Juli 1999 von Johannes Paul II. geweiht wurde. Als jüngste Erfüllung des Gelübdes kann man die Entscheidung ansehen, den liturgischen Gedenktag von Maria »Salus Populi Romani« mit Dekret vom 25. April 2023 in den Eigenkalender der Diözese Rom einzufügen. Er soll jedes Jahr am 4. Juni begangen werden, dem Tag, an dem die Ewige Stadt durch ein Gelübde der Bevölkerung vor dem Schlimmsten bewahrt wurde.

(Orig. ital. in O.R. 4.6.2024)

Von Flavio Peloso