Liebe Brüder und Schwestern,
guten Tag!
Sehr herzlich begrüße ich euch und möchte vor allem den Mitgliedern des Dikasteriums für den Klerus danken: Ihr seid aus allen Himmelsrichtungen nach Rom gekommen, um euren wichtigen Beitrag anzubieten. Danke für eure Anwesenheit. Ich danke dem Kardinalpräfekten – dieser koreanischen Seele, die uns so sehr hilft – und ich danke dem Sekretär, Erzbischof Andrés Gabriel Ferrada Moreira, der die ganze Arbeit voranbringt. Danke.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich vor allem meine Dankbarkeit, Zuneigung und Nähe zu den Priestern und Diakonen der ganzen Welt zum Ausdruck bringen. Sehr oft habe ich vor den Gefahren des Klerikalismus und der geistlichen Weltlichkeit gewarnt, aber ich weiß sehr wohl, dass die große Mehrheit der Priester sich mit viel Großherzigkeit und Glaubensgeist für das Wohl des gläubigen heiligen Gottesvolkes einsetzt, indem sie die Last vieler Mühen tragen und sich den pastoralen und geistlichen Herausforderungen stellen, die zuweilen nicht leicht sind.
Die Aufmerksamkeit eurer Vollversammlung konzentriert sich insbesondere auf drei Bereiche: die ständige Weiterbildung der Priester, die Förderung von Berufungen und den ständigen Diakonat. Ich möchte kurz etwas zu jedem dieser drei Themen sagen.
Die ständige Weiterbildung: Es handelt sich um ein Thema, über das man ganz besonders in den letzten Jahren gesprochen hat und auf das bereits in der Ratio fundamentalis von 2016 hingewiesen wurde. Auch der Priester ist ein Jünger in der Nachfolge des Herrn und daher muss seine Ausbildung ein kontinuierlicher Weg sein. Das ist um so wahrer, wenn wir daran denken, dass wir heute in einer Welt leben, die von einem sehr schnellen Wandel geprägt ist, bei dem immer neue Fragen und neue komplexe Herausforderungen auftauchen, auf die man Antworten finden muss. Daher dürfen wir uns nicht in der Illusion wiegen, dass die Ausbildung im Seminar ausreichend ist, indem sie ein für alle Mal eine sichere Basis legt. Nein, vielmehr sind wir aufgerufen, das, was wir im Seminar gelernt haben, zu festigen, zu stärken und zu entwickeln, auf einem Weg, der uns helfen soll, auf menschlicher Ebene, die immer auf dem Weg ist, zu reifen, geistlich zu wachsen, angemessene Ausdrucksweisen für die Evangelisierung zu finden und zu vertiefen. Das brauchen wir, um uns den neuen Fragen unserer Zeit in angemessener Weise zu stellen.
Ich möchte darauf hinweisen, dass es in der Heiligen Schrift heißt: »Vae soli – Doch wehe dem, der allein ist, wenn er hinfällt, ohne dass einer bei ihm ist, der ihn aufrichtet« (Koh 4,10). Wie wichtig ist das doch für den Priester: Den Weg geht man nicht allein! Aber leider sind viele Priester zu allein, ohne die Gnade einer Begleitung, ohne jenes Zugehörigkeitsgefühl, das im häufig stürmischen Meer des persönlichen und pastoralen Lebens ein Rettungsring sein kann. Ein starkes Netz geschwisterlicher Beziehungen zu knüpfen ist eine wichtige Aufgabe der ständigen Weiterbildung: der Bischof, die Priester untereinander, die Gemeinden gegenüber ihren Hirten, die Ordensleute und Gottgeweihten, die Vereinigungen, die Bewegungen: es ist unbedingt notwendig, dass die Priester sich in dieser großen Familie der Kirche »zu Hause« fühlen. Ihr als Dikas-terium habt bereits begonnen, ein weltweites Netzwerk aufzubauen: Ich empfehle euch, alles zu tun – bitte, tut alles –, damit diese Welle weitergeht und in der ganzen Welt Frucht bringt. Arbeitet mit Kreativität daran, dass dieses Netz stärker wird und den Priestern Unterstützung anbietet. Euch kommt darin eine Schlüsselrolle zu!
Die Förderung von Berufungen. Eine der großen Herausforderungen für das Volk Got-tes ist die Tatsache, dass die Berufungen zum Priestertum und zum geweihten Leben in immer weiteren Teilen der Welt stark sinken und es sie in einigen Ländern fast nicht mehr gibt. Ich denke zum Beispiel an Norditalien. Aber auch die Berufung zur Ehe mit dem dafür erforderlichen Bewusstsein des Verpflichtenden und einer Sendung befindet sich in der Krise. Daher habe ich in den letzten Botschaften zum Weltgebetstag für Berufungen den Blick erweitert auf die Gesamtheit der christlichen Berufungen und ihn insbesondere auf die grundlegende Berufung zur Jüngerschaft gerichtet, die der Taufe entspringt. Wir dürfen uns nicht mit der Tatsache abfinden, dass viele junge Menschen die Möglichkeit einer radikalen Lebenshingabe völlig aus dem Blick verloren haben. Aber wir müssen gemeinsam nachdenken und auf die Zeichen des Heiligen Geistes achten, und auch diese Aufgabe könnt ihr dank des »Päpstlichen Werks für geistliche Berufe« voranbringen. Ich lade euch ein, diese Realität zu reaktivieren, auf eine unserer Zeit angemessene Weise, vielleicht indem man Netzwerke mit den Ortskirchen aufbaut und bewährte Praktiken erkennt, die in Umlauf gebracht werden können. Und das ist eine wichtige Arbeit, vergessen wir das nicht!
Und zuletzt, der ständige Diakonat. Er wurde vom Zweiten Vatikanischen Konzil wieder eingeführt und hat in den letzten Jahrzehnten eine sehr vielfältige Rezeption erfahren. Dennoch fragt man sich heute häufig, was die besondere Identität des ständigen Diakons ist. Wie ihr wisst, hat der Synthese-Bericht nach der ersten Sitzung der ordentlichen Vollversammlung der Bischofssynode im vergangenen Oktober »eine Auswertung der Umsetzung des diakonischen Dienstes nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil empfohlen« (Synthese-Bericht, 11 g) und dazu aufgefordert, unter den verschiedenen Aufgaben der Diakone die Diakonie der Nächstenliebe und den Dienst an den Armen entschiedener in den Mittelpunkt zu stellen (4 p und 11 a). Diese Überlegungen und Entwicklungen zu begleiten, ist eine sehr wichtige Aufgabe eures Dikasteriums. Ich ermutige euch, euch dafür einzusetzen und die notwendigen Kräfte zu mobilisieren. Und passt auf, denn sehr oft wird der Diakon als Pries-ter zweiter Klasse betrachtet. Wir sehen das, wenn einige von ihnen am Altar stehen und anscheinend konzelebrieren wollen. Der Dienst der Diakone soll ein Dienst zugunsten der Waisen, der Witwen, der sozialen Werke, der Caritas, der Spendung von Sakramenten als Unterstützung der Priester sein. Sorgt dafür, dass sich die Diakone nicht als Priester zweiter Klasse fühlen. Das wäre in dieser Zeit ein Risiko.
Vielen Dank für das, was ihr getan habt und in diesen Tagen tut. Setzt euch immer dafür ein, dass das Gottesvolk Hirten nach dem Herzen Christi haben und in der Freude der Nachfolge wachsen möge. Die Ratio fundamentalis wurde bereits erstellt: Es besteht keine Notwendigkeit, eine weitere zu erstellen. Wir wollen mit dieser weitermachen. Die Jungfrau Maria, Mutter und Vorbild jeder Berufung, begleite euch. Auch ich begleite euch mit meinem Gebet. Und bitte vergesst nicht, für mich zu beten. Danke.
(Orig. ital. in O.R. 6.6.2024)