Liebe Brüder und Schwestern,
einen schönen Sonntag!
Heute, am zweiten Ostersonntag, der vom heiligen Johannes Paul II. der Göttlichen Barmherzigkeit gewidmet wurde, sagt uns das Evangelium (vgl. Joh 20,19-31), dass wir durch den Glauben an Jesus, den Sohn Gottes, in seinem Namen ewiges Leben haben können (V. 31). »Leben haben«: Was bedeutet das?
Wir alle wollen Leben haben, aber es gibt verschiedene Wege, dies zu erreichen. So gibt es zum Beispiel Menschen, die das Leben auf eine Jagd nach Genuss und Besitz reduzieren: essen und trinken, Spaß haben, Geld und Dinge anhäufen, neue, starke Emotionen erleben und so weiter. Es ist ein Weg, der auf den ersten Blick angenehm erscheint, der aber das Herz nicht sättigt. So kann man nicht »das Leben haben«, denn die Wege des Vergnügens und der Macht führen nicht zum Glück. Denn so bleiben viele Aspekte des Daseins ohne Antwort, wie zum Beispiel die Liebe, die unvermeidlichen Erfahrungen von Schmerz, Begrenztheit und Tod. Und dann bleibt der Traum, der uns allen gemeinsam ist, unerfüllt: die Hoffnung, ewig zu leben, unendlich geliebt zu werden. Heute sagt das Evangelium, dass diese Fülle des Lebens, zu der jeder von uns berufen ist, in Jesus verwirklicht ist: Er ist es, der uns die Fülle des Lebens schenkt. Aber wie können wir sie erreichen, wie können wir sie erfahren?
Schauen wir uns an, was den Jüngern im Evangelium widerfahren ist. Sie gehen durch die tragischste Zeit ihres Lebens: Nach den Tagen der Passion sind haben sie sich im Abendmahlssaal eingeschlossen, sind verängstigt und entmutigt. Der Auferstandene kommt zu ihnen und zeigt ihnen zunächst seine Wunden (vgl. V. 20): Sie waren Zeichen des Leidens und des Schmerzes, sie konnten Schuldgefühle hervorrufen, und doch werden sie bei Jesus zu Kanälen der Barmherzigkeit und der Vergebung. So können die Jünger sehen und mit Händen greifen, dass mit Jesus das Leben immer siegt, Tod und Sünde besiegt sind. Und sie empfangen die Gabe seines Geistes, der ihnen ein neues Leben schenkt, als geliebte Kinder, durchdrungen von Freude, Liebe und Hoffnung. Ich frage euch eines: Habt ihr Hoffnung? Jeder soll sich fragen: Wie steht es um meine Hoffnung?
Nun, so kann man jeden Tag »Leben haben«: es reicht, den Blick auf den gekreuzigten und auferstandenen Jesus zu richten, ihm in den Sakramenten und im Gebet zu begegnen, ihn als gegenwärtig zu erkennen, an ihn zu glauben, sich von seiner Gnade berühren und von seinem Beispiel leiten zu lassen, die Freude zu erleben, wie er zu lieben. Jede Begegnung mit Jesus, eine lebendige Begegnung mit ihm, ermöglicht uns, mehr Leben zu haben: Jesus suchen; zulassen, dass wir ihm begegnen – denn er sucht uns! –, das Herz öffnen für die Begegnung mit Jesus.
Doch fragen wir uns: Glaube ich an die Macht der Auferstehung Jesu, glaube ich, dass Jesus auferstanden ist? Glaube ich an seinen Sieg über die Sünde, über die Angst und über den Tod? Lasse ich mich auf die Beziehung zum Herrn, zu Jesus, ein? Und lasse ich mich von ihm bewegen, meine Brüder und Schwes-tern zu lieben und jeden Tag zu hoffen? Jeder denke darüber nach.
Maria helfe uns, einen immer größeren Glauben an den auferstandenen Jesus zu haben, um »Leben zu haben« und die Osterfreude zu verbreiten. (Die Grüße nach dem Regina Caeli finden Sie auf Seite 3.)