Liebe Brüder und Schwestern,
guten Tag!
Es ist mir eine Freude, euch so zahlreich zu empfangen, die Unternehmer und Vertreter des Verbandes aus ganz Italien. Ich begrüße den Präsidenten und euch alle, die ihr Mitglieder des »Confartigianato« seid.
Bemerkenswerter Wandel
Euer Verband ist 1946 entstanden, auf den Trümmern des Zweiten Weltkriegs, und hat zum Neubeginn und zur Entwicklung der nationalen Wirtschaft beigetragen. In den letzten Jahrzehnten hat sich im Bereich des Handwerks ein bemerkenswerter Wandel vollzogen: von kleinen Werkstätten zu Unternehmen, die Waren und Dienstleistungen auch in großem Maßstab herstellen. Der Einsatz der Technik hat die Möglichkeiten des Sektors erweitert, aber es ist wichtig, dass diese nicht an die Stelle der Phantasie des Menschen tritt, der nach dem Bild Gottes und ihm ähnlich geschaffen wurde. Maschinen reproduzieren, sogar mit außergewöhnlicher Geschwindigkeit, während Menschen erfinden!
Eure Tätigkeit stützt sich auf den Einfallsreichtum und die menschliche Kreativität. Besonders hervorheben möchte ich, dass eure Arbeit mit drei Teilen des Körpers verbunden ist: den Händen, den Augen und den Füßen.
Die Hände. Die manuelle Tätigkeit lässt den Handwerker am schöpferischen Werk Gottes teilhaben. Herstellen ist nicht dasselbe wie produzieren. Es bringt die schöpferische Fähigkeit ins Spiel, die das Geschick der Hände, die Leidenschaft des Herzens und die Ideen des Verstandes zusammenzubringen versteht. Eure Hände können viele Dinge verwirklichen, die euch zu Mitarbeitern Gottes machen. Der Herr sagt: »Wie der Ton in der Hand des Töpfers, so seid ihr in meiner Hand« (Jer 18,6). Lobt den Herrn und dankt ihm für die Gabe eurer Hände und für die Arbeit, die ihr mit ihnen verrichten könnt. Wir wissen, dass nicht alle dieses Glück haben: Es gibt manche, die nichts tun, andere, die arbeitslos sind, und wieder andere, die Arbeit suchen. All das sind menschliche Situationen, die gelöst werden müssen. Manchmal kommt es auch vor, dass eure Firmen qualifiziertes Personal suchen und nicht finden können: Lasst euch nicht entmutigen, wenn ihr Arbeitsplätze anbietet, und scheut euch nicht, die schwächsten Gruppen einzubeziehen, das heißt junge Menschen, Frauen und Migranten. Ich danke euch für euren Beitrag zum Abbau der Mauern der Ausgrenzung gegenüber Personen mit schweren Behinderungen oder körperlichen Einschränkungen, vielleicht gerade aufgrund eines Arbeitsunfalls, gegenüber Menschen, die an den Rand gedrängt und ausgebeutet werden. Jeder Mensch muss in seiner Würde als Arbeitender anerkannt werden. Wir dürfen niemals den Träumen derer die Flügel stutzen, die die Welt durch Arbeit verbessern und sich durch den Einsatz ihrer Hände ausdrücken wollen.
Die Augen. Die Hände, und jetzt die Augen. Wer handwerklich tätig ist, hat einen originellen Blick auf die Realität. Er besitzt die Fähigkeit, schon vor dessen Verwirklichung in der unbelebten Materie ein Meisterwerk zu erkennen. Was für alle anderen ein Marmorblock ist, ist für den Handwerker ein Einrichtungsgegenstand; was für alle anderen ein Stück Holz ist, ist für einen Handwerker eine Geige, ein Stuhl, ein Rahmen! Vor allen anderen ist der Handwerker in der Lage die Schönheit zu erahnen, zu der die Materie bestimmt sein kann. Und das lässt ihn dem Schöpfer näher sein.
Wert der Arbeit
Im Markusevangelium wird Jesus als »Zimmermann« bezeichnet (6,3): Der Sohn Got-tes war Handwerker, er lernte sein Handwerk beim heiligen Josef in der Werkstatt von Nazaret. Mehrere Jahre lang lebte er zwischen Hobeln, Meißeln und Tischlerwerkzeugen. Er lernte den Wert der Dinge und der Arbeit kennen. Der Konsumismus hat eine schlimme Mentalität verbreitet: die Wegwerfmentalität. Aber die Schöpfung ist nicht eine Summe von Dingen, sie ist ein Geschenk, »ein freudiges Geheimnis, das wir mit frohem Lob betrachten« (Enzyklika Laudato si’, 12). Und ihr als Handwerker helft uns, die Wirklichkeit mit anderen Augen zu sehen, den Wert und die Schönheit der Materie zu erkennen, die Gott in unsere Hände gelegt hat.
Die Füße. Die Hände, die Augen … und jetzt die Füße. Die Produkte, die durch eure Tätigkeit entstehen, gehen in die ganze Welt hinaus und verschönern sie, während sie den Bedürfnissen der Menschen entsprechen. Das Handwerk ist ein Weg, um zu arbeiten, die Phantasie zu entwickeln sowie die Umgebung, die Lebensbedingungen und die Beziehungen zu verbessern. Deshalb betrachte ich euch auch gerne als »Handwerker« der Brüderlichkeit. Das Gleichnis vom barmherzigen Samariter (vgl. Lk 10,29-37) erinnert uns an dieses »Handwerk« der Beziehungen, des Teilens. Der Samariter ist zum Nächsten geworden, er hat sich niedergebeugt und den Verwundeten aufgerichtet, indem er ihn aufhob und ihn durch Gesten der Fürsorge mit Würde salbte: »Das Gleichnis zeigt uns, mit welchen Initiativen man eine Gemeinschaft erneuern kann, ausgehend von Männern und Frauen, die sich der Zerbrechlichkeit der anderen annehmen. Sie lassen nicht zu, dass eine von Exklusion geprägte Gesellschaft errichtet wird, sondern kommen dem gefallenen Menschen nahe, richten ihn auf und helfen ihm zu laufen, damit das Gute allen zukommt« (Enzyklika Fratelli tutti, 67). Unsere Füße ermöglichen es uns, vielen Menschen zu begegnen, die auf dem Weg gefallen sind: Durch unsere Arbeit können wir ihnen die Möglichkeit geben, mit uns gemeinsam voranzugehen. Wir können Weggefährten werden, mitten in der Kultur der Gleichgültigkeit. Jedes Mal, wenn wir einen Schritt auf unseren Bruder zugehen, werden wir zu Handwerkern einer neuen Menschlichkeit.
Ich ermutige euch, Handwerker des Friedens zu sein in einer Zeit, in der Kriege Menschenleben dahinraffen und die Armen nicht gehört werden. Mögen eure Hände, eure Augen, eure Füße Zeichen einer kreativen und großherzigen Menschlichkeit sein. Und möge euer Herz immer von der Schönheit begeis-tert sein. Ich danke euch für das Gute, das ihr tut. Ich vertraue euch dem Schutz des heiligen Josef an, möge er euch, eure Familien und eure Arbeit behüten. Ich segne euch von Herzen. Und ich bitte euch, für mich zu beten. Danke!
(Orig. ital. in O.R. 10.2.2024)