· Vatikanstadt ·

Zur Rolle christlicher Frauen in der Antike – Epilog

Nach Gottes Ebenbild geschaffen und berufen, Christus zu verkünden

*temp*
23. Februar 2024

Wie die drei vorangegangenen Artikel dieser Reihe zeigen, belegen Grabdarstellungen und Inschriften sowie zeitgenössische Schriften über die »Kirchenmütter«, dass frühchristliche Frauen Führungsaufgaben wahrnahmen und als in Listen eingetragene Witwen, Diakoninnen, Leiterinnen von Hauskirchen und Klöstern, Evangelistinnen, Lehrerinnen, Missionarinnen und Prophetinnen einen Dienst ausübten. In den meisten Fällen leiteten Frauen andere Frauen, obwohl es bedeutende Ausnahmen gibt, wie die Diakonisse Marthana in Seleukeia (Türkei), die ein Doppelkloster an der Stätte des Martyriums der heiligen Thekla leitete. Diese frühchristlichen Frauen haben trotz des erheblichen Widerstands von frühchristlichen Männern frei Zeugnis abgelegt und gepredigt.

Widerstand überwinden

Man könnte berechtigterweise fragen, woher die Kraft und innere Autorität kam, die die Frauen der frühen Kirche dazu antrieb, sich über die Versuche hinwegzusetzen, ihre Stimme zu unterdrücken. Ich vermute, dass es ihr Glaube an den auferstandenen Christus war, der die Frauen dazu veranlasste, zu sprechen und nicht zu schweigen.

Schauen wir uns einen Sarkophag an (siehe Bild), der darauf hindeutet, was zumindest eine Christin (wir nennen sie hier »Junia«, ihr tatsächlicher Name ist unbekannt) als Quelle ihrer inneren Autorität verstand. In der Mitte hält Junia einen Kodex in ihrer linken Hand, während ihre rechte Hand mit einer Sprachgeste dargestellt ist. Auf beiden Seiten sind biblische Szenen dargestellt, darunter (von links nach rechts): Gottvater mit Kain und Abel, Christus mit Adam und Eva, Heilung des Gelähmten, Heilung des Blinden, das Wunder zu Kana und die Auferweckung des Lazarus. Einige Jahre vor ihrem Tod gab Junia oder ihre Familie diesen einzigartigen Sarkophag in Auftrag, um ihr und den Werten, die ihre Identität prägten, ein Denkmal zu setzen.

Als Junia starb, wurde ihr Sarkophag zu ihr nach Hause gebracht, wo sie bis zu sieben Tage lang aufgebahrt lag, so dass Familienmitglieder, Kunden und Freunde ihr die letzte Ehre erweisen und ihr sorgfältig gemeißeltes Grabmal betrachten konnten. Sie betraten einen liminalen Raum, in dem sie über ihr Leben, ihre Werte, ihre Überzeugungen und unweigerlich auch über den Sinn von Leben und Tod nachdenken konnten.

In einem 2004 veröffentlichten Artikel stellte Dr. Janet Tulloch, eine Spezialistin für frühchristliche Bilder, fest, dass antike Kunst als sozialer Diskurs betrachtet wurde, der »den Betrachter als Teilnehmer einbeziehen« sollte, und dass Kunst so verstanden wurde, dass sie »Bedeutung(en) performativ vermittelt und nicht nur darstellt«. Wenn man Tullochs Kriterien anwendet, ist es plausibel, dass Junia wünschte, dass ihre Lieben in einen liminalen Raum eintreten und die Macht Christi erleben sollten, die Auswirkungen des Sündenfalls rückgängig zu machen: die Heilung der Blinden und Lahmen, die Bereitstellung von Wein in Hülle und Fülle im neuen Gottesreich und die Auferweckung des Lazarus (und der Junia) von den Toten.

Woher nahm Junia ihre Autorität, Christus zu bezeugen und zu lehren? Einen Hinweis darauf finden wir, wenn wir ihr Gesicht betrachten, das sorgfältig in der Nähe des Gesichts Christi gemeißelt ist, der sich mit geöffnetem Mund zu ihr herabbeugt, so als wolle er ihr ins Ohr flüstern. Junia und ihre Familie wollten, dass man sich an sie als jemanden erinnert, der mit der Autorität Christi lehrte. Über die Bedeutung hindurch, die durch die Kunst auf ihrem Sarkophag in Erinnerung gerufen und »vermittelt« wird, kommunizieren die Trauernden nicht nur mit der verstorbenen Junia, sondern auch mit dem heilenden und aufrichtenden Christus. Junia ermahnt die Lebenden, Christus zu umarmen, der ihren Dienst autorisiert hat und für den sie aus dem Jenseits Zeugnis ablegt.

Spätere Pionierinnen

Diese Frauen aus dem 4. Jahrhundert sind Vorläuferinnen der klausurierten und apostolisch tätigen Schwestern späterer Epochen, die trotz erheblicher Widerstände auf die Kraft Christi vertrauten, Heilung und Gerechtigkeit zu bewirken. So lässt sich beispielsweise der Aufstieg des öffentlichen Bildungswesens und der öffentlichen Krankenhäuser im Westen und im globalen Süden auf Orden von Ordensfrauen zurückführen, die sich weigerten, in Klausur zu leben, um sich frei den kranken, armen und ungebildeten Menschen widmen zu können.

Klara von Assisi verfasste die erste klösterliche Regel für Frauen. Ihre Gemeinschaft sollte nicht länger auf die Mitgift der Wohlhabenden angewiesen sein. Das bedeutete, dass alle ihre Schwestern gleichberechtigt sein würden. Der Bischof widersetzte sich ihr viele Jahre lang und stimmte erst zu, als Klara auf dem Sterbebett lag. Trotz der Furcht vor der Inquisition ebnete Theresa von Avila einen neuen Weg, um Gott in der Mitte unseres Seins sowie in den kirchlichen Weisungen und Sakramenten zu erfahren. Während des Pestausbruchs verkündete Juliana von Norwich einen barmherzigen Gott, der denjenigen, der starb, bevor er die Absolution erhielt, nicht der ewigen Verdammnis anheimgab, wie die Kirche damals lehrte. »Alles wird gut, alle Dinge werden gut«, sagte sie ihren verzweifelten Mitbürgern. Generell bezeugten die Kirchenlehrerinnen (Teresa von Avila, Hildegard von Bingen, Therese von Lisieux und Katharina von Siena) einen Gott der Barmherzigkeit und nicht des Gerichts.

Die in Stein gehauenen Reliefs auf dem Grab unserer Vormutter Junia deuten darauf hin, dass ihre Erfahrung der Gemeinschaft mit dem auferstandenen Christus die Grundlage für ihre Predigt und ihre Lehre war, trotz der Ermahnungen zum Schweigen. In der langen und bewegten Geschichte des Chris-tentums – und vielleicht besonders in der Geschichte der Frauenorden – hat die unmittelbare Nähe Christi den Gläubigen geholfen, scheinbar unüberwindbare Hindernisse zu bezwingen, und sie gestärkt, Risiken im Namen unseres Abba/Vater-Gottes einzugehen, dessen Liebe am Ende im Himmel wie auf Erden herrschen wird.

#sistersproject

Von Sr. Christine Schenk CSJ