Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag!
Ein Willkommensgruß an euch, den Präsidenten und die Mitglieder des Nationalen Rates der Charismatischen Erneuerung. Und durch euch grüße ich alle, die sich dieser kirchlichen Bewegung angeschlossen haben.
Wie ihr wisst, habe ich in den vergangenen Jahren die Entstehung von CHARIS als internationale Organisation im Dienst an der katholischen Charismatischen Erneuerung angeregt. Und auch kürzlich, im vergangenen November, hatte ich Gelegenheit, zu den Teilnehmern des von CHARIS organisierten Treffens zu sprechen. Ich ermutige euch, auf diesem Weg der Gemeinschaft weiterzugehen und die Wegweisung zu beherzigen, die ich euch gegeben habe.
Pastorale Perspektive
Heute möchte ich mit euch, die ihr euch auf nationaler Ebene um die Bewegung kümmert, aus pastoraler Perspektive auf eure Präsenz und euren Dienst blicken. Zuallererst danke ich dem Herrn und euch für das Gute, das die Gemeinschaften der charismatischen Erneuerung inmitten des heiligen gläubigen Gottesvolkes säen, auch indem sie eine einfache und freudige Spiritualität fördern. Und dabei möchte ich vor allem zwei Aspekte betonen, die wichtig sind: der Dienst am Gebet, insbesondere der Anbetung, und der Dienst an der Evangelisierung. Gebet und Evangelisierung.
Es liegt in der Natur der charismatischen Bewegung, dass sie dem Gebet, insbesondere dem Lobpreis, Raum gibt und es betont. Das ist sehr wichtig. In einer Welt, die von der Kultur des Habens und der Effizienz beherrscht wird, und auch in einer Kirche, die manchmal zu sehr mit der Organisation beschäftigt ist – hütet euch davor! –, müssen wir alle der Danksagung, dem Lobpreis und dem Staunen über Gottes Gnade Raum geben. Ich bitte euch, Brüder und Schwestern, der Kirche in diesem Sinne weiterhin zu dienen, indem ihr vor allem das Gebet der Anbetung fördert. Eine Anbetung, in der die Stille vorherrscht, in der das Wort Gottes mehr wiegt als unsere Worte, kurz gesagt, eine Anbetung, in der Er, der Herr, wirklich im Mittelpunkt steht und nicht wir.
Das ist der erste Aspekt, für den ich euch danke und zu dem ich euch ermutige: das Gebet. Der zweite ist die Evangelisierung, die sozusagen zur DNA der charismatischen Bewegung gehört. Der im Herzen und im Leben empfangene Heilige Geist wird uns öffnen, bewegen, hinausgehen lassen. Der Geist drängt uns immer, das Evangelium zu verkünden, hinauszugehen, und er tut dies mit seiner unerschöpflichen Phantasie. Es liegt an uns, fügsam zu sein und mit ihm zusammenzuarbeiten, wie es uns die Apostelgeschichte von Stephanus, Philippus, Barnabas, Petrus, Paulus und den anderen berichtet. Sie hatten kein Handbuch, um zu wissen, wie sie vorgehen sollten: Es war der Heilige Geist, der sie bewegte, und sie vollbrachten viele große Dinge. Und denkt immer daran, dass die erste Verkündigung durch das Zeugnis des Lebens erfolgt! Was nützen mir lange Gebete und viele schöne Lieder, wenn ich nicht fähig bin, meinem Nächsten gegenüber geduldig zu sein, wenn ich nicht fähig bin, der Mutter nahe zu sein, die einsam ist – das ist das vierte Gebot: ich finde es schockierend, wenn Männer und Frauen, deren Eltern in einem Heim sind, sie diese nicht besuchen –, oder der Person in Schwierigkeiten beizustehen… Die konkrete Nächstenliebe, der verborgene Dienst, das ist immer die Überprüfung unserer Verkündigung: Worte, Gesten und Lieder ohne die Konkretheit der Nächstenliebe, das ist nicht in Ordnung.
Charisma der Gemeinschaft
Gebet und Evangelisierung. Aber wenn ihr zum Papst gekommen seid, dann nicht nur, um auf diesen beiden Wegen bestätigt zu werden, die zu eurem Charisma und eurer Geschichte gehören. Der Nachfolger Petri hat auch ein Charisma, nämlich das der Gemeinschaft, und gerade darin kann und muss er euch bestärken. Gemeinschaft vor allem mit euren Bischöfen. Ihr wisst sehr wohl, dass die kirchlichen Bewegungen in jeder Teilkirche immer die wirkliche Gemeinschaft suchen müssen. Und was bedeutet das? Es bedeutet, dass die Gemeinschaft der Charismatischen Erneuerung im Dienst der gesamten Diözesangemeinschaft, der gesamten Pfarrgemeinschaft stehen muss, gemäß den pas-toralen Vorgaben des Bischofs. Es bedeutet auch Gemeinschaft mit anderen kirchlichen Realitäten, Vereinigungen, Bewegungen, Gruppen: Zeugnis ablegen für die Geschwisterlichkeit, für die gegenseitige Wertschätzung in der Vielfalt, für die Zusammenarbeit im Engagement für gemeinsame Initiativen, im Dienst am Volk Gottes und auch in sozialen Fragen, wo es um die Würde des Menschen geht. Ich danke euch für das Engagement, das ihr in dieser Hinsicht bereits an den Tag legt, und ich fordere euch auf, die Gemeinschaft zu fördern, vor allem untereinander: Hütet euch vor dem Tratsch. Gemeinschaft unter euch, das ist sehr wichtig; und auch Gemeinschaft innerhalb eurer Bewegung, und dann in euren Pfarreien und Diözesen.
Liebe Brüder und Schwestern, ich danke euch für euer Kommen. Geht mit Freude voran! Möge die Gottesmutter euch beschützen, möge sie immer unter euch sein, so wie sie unter den ersten Jüngern im Abendmahlssaal zugegen war (vgl. Apg 1,14). Ich habe eine »besondere Geschichte« mit euch, denn am Anfang mochte ich die Bewegung nicht, ich sagte, es sei eine »Sambaschule« und keine kirchliche Bewegung. Als Erzbischof habe ich dann gesehen, wie sie gewirkt haben, wie sie bei den Versammlungen die Kathedrale füllten, und ich habe angefangen, euch sehr zu schätzen. Macht weiter, aber nicht als »Sambaschule«, sondern als kirchliche Bewegung! Von Herzen segne ich euch und euren Dienst. Und ich bitte euch, für mich zu beten. Betet mit eurem Leib, mit allem, für mich.
(Orig. ital. in O.R. 20.1.2024)