Liebe Brüder und Schwestern,
guten Tag!
Ihnen allen, den Mitgliedern der ökumenischen finnischen Delegation, gilt mein herzliches Willkommen. »Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus« (Röm 1,7).
Ich freue mich, dass Sie auch dieses Jahr als Pilger nach Rom gekommen sind, um in der mittlerweile bewährten ökumenischen Form gemeinsam das Fest des heiligen Henrik zu begehen. Besonders begrüße ich diejenigen, die zum ersten Mal an dieser Pilgerfahrt teilnehmen. Und zum ersten Mal empfange ich dich, lieber Bruder Raimo, als neuen katholischen Bischof von Helsinki: Der Herr möge deinen Dienst segnen!
Lieber Bischof Åstrand, ich danke Ihnen von Herzen für Ihre Gedanken, die Sie immer so gut mitzuteilen wissen, reich an Hinweisen auf die Zeugnisse der Heiligen und den Geist der Ökumene. Und ich bin auch dankbar für die wohlüberlegten Geschenke.
Ihre Reflexionen über die Bedeutung des Weges und über die pilgernde Kirche haben mich berührt. Als Glieder der Gemeinschaft der Getauften sind wir auf dem Weg und unser gemeinsames Ziel ist Jesus Christus. Dieses Ziel liegt nicht in weiter Ferne, ist nicht unerreichbar, weil unser Herr uns in seiner Barmherzigkeit entgegengekommen ist; er ist uns in der Menschwerdung nahe geworden und hat sich selbst zum Weg gemacht, so dass wir sicher vorangehen können, inmitten von Weggabelungen und falschen Wegweisern der häufig lügnerischen Welt.
Die Heiligen sind Brüder und Schwestern, die diesen Weg bis zum Ende gegangen sind und das Ziel erreicht haben. Sie begleiten uns als lebende Zeugen Christi, der für uns Weg, Wahrheit und Leben ist. Sie ermutigen uns, auf dem Weg der Jüngerschaft zu bleiben, auch wenn es uns schwerfällt, auch wenn wir fallen. Wie von Gott entzündete Lichter leuchten sie vor uns, damit wir das Ziel nicht aus den Augen verlieren. »Vertraut auf die Gnade des Herrn«, sagen sie uns. »Er liebt euch und ruft auch euch auf, heilig zu sein« (vgl. Röm 1,7).
Während ich Ihnen zugehört habe und Sie von Ihrer Lebenswirklichkeit erzählten, habe ich Gott gedankt, weil es Momente gab, in denen die Heiligenverehrung die katholischen und orthodoxen Gläubigen auf der einen und die evangelischen Gläubigen auf der anderen Seite eher zu trennen, als zu vereinen schien. Aber das darf nicht sein und in Wirklichkeit war dies auch im Glauben des heiligen gläubigen Gottesvolkes nie der Fall. In der Liturgie der Eucharistiefeier wenden wir uns mit den folgenden Worten im Gebet an den himmlischen Vater: »Die Schar der Heiligen verkündet deine Größe, denn in der Krönung ihrer Verdienste krönst du das Werk deiner Gnade« (Präfation von den Heiligen I). Außerdem bekräftigt der 21. Artikel der Confessio Augustana, »dass man der Heiligen gedenken soll, damit wir unseren Glauben stärken, wenn wir sehen, wie ihnen Gnade widerfahren und auch wie ihnen durch den Glauben geholfen worden ist; au-ßerdem soll man sich an ihren guten Werken ein Beispiel nehmen«.
Liebe Brüder und Schwestern, Sie haben an einige große Heilige des Nordens erinnert: Birgitta, Henrik und Olaf. Das lässt an die Worte des heiligen Johannes Paul II. in der Enzyklika Ut unum sint denken. Ich zitiere: »Ich möchte nun auch an jene Begegnung im Gebet erinnern, die mich anlässlich des 600. Jahrestages der Heiligsprechung der heiligen Birgitta gleichfalls in der Petersbasilika mit den lutherischen Erzbischöfen, dem Primas von Schweden und dem Primas von Finnland, zur Feier der Vesper vereint hat. […] Es handelt sich um ein Musterbeispiel dafür, dass das Bewusstsein der Verpflichtung, für die Einheit zu beten, zum integrierenden Bestandteil des Lebens der Kirche geworden ist« (Nr. 25). Wenn der 1000. Jahrestag des Todes des heiligen Olaf im Jahr 2030 unser Gebet für die Einheit und auch unseren gemein-samen Weg inspirieren und vertiefen können wird, so wird dies ein Geschenk für die gesamte ökumenische Bewegung sein.
Liebe Freunde, ich danke Ihnen, denn diese Begegnung mit Ihnen ist ein lebendiges Zeichen im Rahmen der Gebetswoche für die Einheit der Christen, die gestern begonnen hat. Sorgen wir dafür, dass diese ökumenische Begegnung nicht auf eine Pflichterfüllung reduziert und dass sie nicht selbstreferentiell wird: Sie möge immer die lebenspendende Kraft des Heiligen Geistes in sich tragen und offen sein für die Annahme der ärms-ten und am meisten vergessenen Brüder und Schwestern, und auch derjenigen, die sich von Gott verlassen fühlen, die den Weg des Glaubens und der Hoffnung verloren haben.
Und nun möchte ich Sie einladen, gemeinsam das Vaterunser zu beten. Jeder von uns kann dies in seiner eigenen Sprache tun. Rufen wir unseren himmlischen Vater an: »Vater unser…«
(Orig. ital. in O.R. 19.1.2024)