Liebe Brüder und Schwestern!
In den vergangenen Katechesen haben wir gesehen, dass die Verkündigung des Evangeliums Freude ist, dass sie für alle ist und dass sie an das Heute gerichtet werden muss. Entdecken wir jetzt ein letztes wesentliches Merkmal: Die Verkündigung muss im Heiligen Geist geschehen. Denn um »Gott mitzuteilen« genügen nicht die freudige Glaubwürdigkeit des Zeugnisses, die Universalität der Verkündigung und die Aktualität der Botschaft. Ohne den Heiligen Geist ist aller Eifer umsonst und auf falsche Weise apostolisch: Er wäre nur unser Eifer und würde keine Frucht bringen.
Dynamik des Reiches Gottes
In Evangelii gaudium habe ich in Erinnerung gerufen: »Jesus ist der allererste und größ-te Künder des Evangeliums. In jeglicher Form von Evangelisierung liegt der Vorrang immer bei Gott, der uns zur Mitarbeit mit ihm gerufen und uns mit der Kraft seines Geis-tes angespornt hat« (Nr. 12). Das ist der Vorrang des Heiligen Geistes! Darum vergleicht der Herr die Dynamik des Reiches Gottes mit einem Mann, der »Samen auf seinen Acker sät; dann schläft er und steht wieder auf, es wird Nacht und wird Tag, der Samen keimt und wächst und der Mann weiß nicht, wie« (Mk 4,26-27). Der Heilige Geist ist der Protagonist, er geht den Missionaren immer voran und lässt die Früchte aufkeimen. Dieses Bewusstsein tröstet uns sehr! Und es hilft uns, ein weiteres, ebenso entscheidendes Bewusstsein zu formulieren: dass die Kirche in ihrem apostolischen Eifer nicht sich selbst verkündigt, sondern eine Gnade, eine Gabe, und der Heilige Geist ist die Gabe Gottes, wie Jesus zur Samariterin gesagt hat (vgl. Joh 4,10).
Der Vorrang des Heiligen Geistes darf uns jedoch nicht zur Trägheit verleiten. Das Vertrauen rechtfertigt nicht den fehlenden Einsatz. Die Lebenskraft des Samens, der von allein wächst, berechtigt die Bauern nicht zur Vernachlässigung des Feldes. Als Jesus die letzten Weisungen gab, bevor er zum Himmel aufgefahren ist, sagte er: »Ihr werdet Kraft empfangen, wenn der Heilige Geist auf euch herabkommen wird; und ihr werdet meine Zeugen sein […] bis an die Grenzen der Erde« (Apg 1,8). Der Herr hat uns keine theologischen Abhandlungen oder irgendein Handbuch zur Pastoral hinterlassen, das wir anwenden sollen, sondern den Heiligen Geist, der die Mission erweckt. Und der mutige Unternehmungsgeist, den der Heilige Geist einflößt, bringt uns dazu, seinen Stil nachzuahmen, der immer zwei Merkmale hat: die Kreativität und die Einfachheit.
Pastorale Kreativität
Kreativität, um Jesus mit Freude zu verkündigen, allen und im Heute. In dieser unserer Zeit, die nicht dabei hilft, einen religiösen Blick auf das Leben zu haben, und in der die Verkündigung vielerorts schwieriger, mühsam, scheinbar unfruchtbar geworden ist, kann die Versuchung entstehen, auf den pas-toralen Dienst zu verzichten. Vielleicht flüchtet man sich in Sicherheitszonen, wie die gewohnheitsmäßige Wiederholung von Dingen, die man immer macht, oder in die einladenden Verlockungen einer intimistischen Spiritualität, oder auch in einen falsch verstandenen Sinn der Zentralität der Liturgie. Es sind Versuchungen, die sich als Treue zur Überlieferung maskieren, aber oft keine Antworten auf den Heiligen Geist sind, sondern vielmehr Reaktionen auf persönliche Unzufriedenheit. Die pastorale Kreativität dagegen, kühn zu sein im Heiligen Geist, brennend von seinem missionarischen Feuer, ist der Beweis der Treue zu ihm. Darum habe ich geschrieben: »Jesus Christus kann auch die langweiligen Schablonen durchbrechen, in denen wir uns anmaßen, ihn gefangen zu halten, und überrascht uns mit seiner beständigen göttlichen Kreativität. Jedes Mal, wenn wir versuchen, zur Quelle zurückzukehren und die ursprüngliche Frische des Evangeliums wiederzugewinnen, tauchen neue Wege, kreative Methoden, andere Ausdrucksformen, aussagekräftigere Zeichen und Worte reich an neuer Bedeutung für die Welt von heute auf« (Evangelii gaudium, 11).
Kreativität also; und außerdem Einfachheit, gerade weil der Heilige Geist uns zur Quelle führt, zur »ersten Verkündigung«. Denn »es ist das Feuer des Geistes, der […] uns an Chris-tus glauben lässt, der uns durch seinen Tod und seine Auferstehung die unendliche Barmherzigkeit des Vaters offenbart und mitteilt« (ebd., 164). Das ist die erste Verkündigung, die »die Mitte der Evangelisierungstätigkeit und jedes Bemühens um kirchliche Erneuerung bilden« muss; um immer wieder zu sagen: »Jesus Christus liebt dich, er hat sein Leben hingegeben, um dich zu retten, und jetzt ist er jeden Tag lebendig an deiner Seite, um dich zu erleuchten, zu stärken und zu befreien« (ebd.)
Brüder und Schwestern, lassen wir uns vom Heiligen Geist hinreißen und rufen wir ihn jeden Tag an: Er sei der Beginn unseres Seins und unseres Handelns; er stehe am Beginn jeder Aktivität, jeder Begegnung, Versammlung und Verkündigung. Er belebt und verjüngt die Kirche: Mit ihm brauchen wir uns nicht zu fürchten, denn er, der die Harmonie ist, hält Kreativität und Einfachheit immer zusammen, erweckt die Gemeinschaft und sendet aus in die Mission, öffnet gegen-über der Vielfalt und führt wieder zur Einheit zurück. Er ist unsere Kraft, der Atem unserer Verkündigung, die Quelle des apostolischen Eifers. Komm, Heiliger Geist!
(Orig. ital. in O.R. 6.12.2023)