· Vatikanstadt ·

Ansprache von Papst Franziskus beim Angelusgebet am Sonntag, 29. Oktober

Gottes Liebe kommt uns immer zuvor

 Gottes Liebe kommt uns immer zuvor  TED-044
03. November 2023

Liebe Brüder und Schwestern,

guten Tag!

Das heutige Evangelium berichtet vom höchsten der Gebote (vgl. Mt 22,34-40). Ein Gesetzeslehrer befragt Jesus zu diesem Thema, und dieser antwortet mit dem »großen Gebot der Liebe«: »Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit deinem ganzen Denken [… und du sollst]  deinen Nächsten lieben wie dich selbst« (V. 37.39). Gottes- und Nächstenliebe, die untrennbar miteinander verbunden sind. Halten wir eine Weile inne, um darüber nachzudenken.

Zum ersten: Die Tatsache, dass die Liebe zum Herrn an erster Stelle steht, erinnert uns daran, dass Gott uns immer zuvorkommt, uns mit seiner unendlichen Zärtlichkeit erwartet (vgl. Joh 4,19), mit seiner Nähe, mit seiner Barmherzigkeit, denn er ist immer nahe, zärtlich und barmherzig. Ein Kind lernt auf dem Schoß seiner Mutter und seines Vaters zu lieben, und wir tun es in den Armen Gottes. Im Psalm heißt es: »…wie ein kleines Kind bei seiner Mutter« (131,2), so sollen wir uns in den Armen Gottes fühlen. Dort nehmen wir die Zuneigung des Herrn in uns auf, dort begegnen wir der Liebe, die uns antreibt, uns großherzig hinzuschenken. Der heilige Paulus erinnert daran, wenn er sagt, dass die Liebe Christi eine Kraft in sich trägt, die uns zur Liebe drängt (vgl. 2 Kor 5,14). Und alles geht von Ihm aus. Du kannst die anderen nicht ernsthaft lieben, wenn du nicht diese Wurzel hast, die die Liebe Gottes, die Liebe Jesu ist.

Und nun der zweite Aspekt, der sich aus dem Gebot der Liebe ergibt. Es verbindet die Gottesliebe mit der Nächstenliebe: Dies bedeutet, dass wir, wenn wir unsere Brüder und Schwestern lieben, wie ein Spiegel die Liebe des Vaters widerspiegeln. Die Liebe Gottes widerspiegeln, das ist das Entscheidende: ihn lieben, den wir nicht sehen, durch den Bruder und die Schwester, die wir sehen (vgl. 1 Joh 4,20). Eines Tages antwortete die heilige Teresa von Kalkutta einem Journalisten, der sie fragte, ob sie sich nicht Illusionen mache, mit dem, was sie tue, die Welt zu verändern: »Ich habe nie gedacht, dass ich die Welt verändern könnte! Ich habe nur versucht, ein Tropfen reinen Wassers zu sein, in dem die Liebe Gottes leuchten kann« (Begegnung mit Journalisten nach der Verleihung des Friedensnobelpreises, Rom 1979). So konnte sie, die so klein war, so viel Gutes tun: indem sie wie ein Tropfen die Liebe Gottes widerspiegelte. Wenn wir nun manchmal beim Anblick von ihr und anderen Heiligen denken, dass sie unnachahmliche Helden seien, sollten wir uns an diesen kleinen Tropfen erinnern: Die Liebe ist wie ein Tropfen, der so viele Dinge verändern kann. Wie aber geschieht dies? Indem man den ersten Schritt tut, immer. Manchmal ist es nicht leicht, den ersten Schritt zu tun, Dinge zu vergessen..., den ersten Schritt tun. Tun wir es! Das ist der Tropfen: den ersten Schritt tun. Also, liebe Brüder und Schwes-tern, wenn wir an die Liebe Gottes denken, die uns immer zuvorkommt, sollten wir uns fragen: Bin ich dem Herrn dankbar, der mich zuerst liebt? Spüre ich die Liebe Gottes und bin ich ihm dankbar? Versuche ich, Abglanz seiner Liebe zu sein? Bemühe ich mich, meine Brüder und Schwestern zu lieben, diesen zweiten Schritt zu tun?

Die Jungfrau Maria helfe uns, das hohe Gebot der Liebe in unserem täglichen Leben zu leben: zu lieben und uns von Gott lieben zu lassen und unsere Brüder und Schwestern zu lieben.

Nach dem Gebet des »Engel des Herrn« und einem Appell für Frieden in der Welt sagte Papst Franziskus:

Ich bekunde meine Nähe gegenüber der Bevölkerung in der Gegend von Acapulco, Mexiko, die von einem schweren Hurrikan getroffen wurde. Ich bete für die Opfer, für ihre Familienangehörigen und für all jene, die schwere Schäden erlitten haben. Unsere Liebe Frau von Guadalupe möge ihren Kindern in dieser Prüfung zur Seite stehen.Ich grüße euch alle, Römer und Pilger aus Italien un d vielen Teilen der Welt. Ich grüße insbesondere die Eltern der »Figli in Cielo« aus Torano Nuovo, die Gläubigen aus Campana, die Berufungsgruppe »Talità kum« der römischen Pfarrei »San Giovanni dei Fiorentini«, die Firmlinge aus Slowenien und jene aus Gandosso sowie die Wallfahrt der Töchter des heiligen Camillo de Lellis und der Krankenseelsorger.

Euch allen wünsche ich einen schönen Sonntag. Bitte vergesst nicht, für mich zu beten. Gesegnete Mahlzeit und auf Wiedersehen!