Liebe Brüder und Schwestern,
guten Tag!
Im heutigen Evangelium ist von zwei Söhnen die Rede, die von ihrem Vater aufgefordert werden, in den Weinberg zu gehen und dort zu arbeiten (vgl. Mt 21,28-32). Einer von ihnen antwortet sofort mit »Ja«, geht dann aber nicht. Der andere hingegen sagt »Nein«, bereut es dann aber und geht doch.
Was soll man zu diesen beiden Verhaltensweisen sagen? Man denkt sofort daran, dass die Arbeit im Weinberg Opfer erfordert, und dass Opfer etwas kosten und nicht selbstverständlich sind, auch mit dem schönen Wissen, Kinder und Erben zu sein. Doch das Problem liegt hier nicht so sehr am Widerstand gegen die Arbeit im Weinberg als vielmehr an der vorhandenen oder fehlenden Aufrichtigkeit gegenüber dem Vater und gegenüber sich selbst. Denn auch wenn sich keiner der beiden Söhne tadellos verhält, lügt der eine, während der andere einen Fehler macht, aber aufrichtig bleibt.
Betrachten wir den Sohn, der »Ja« sagt, dann aber nicht geht. Er will den Willen des Vaters nicht tun, doch er will auch nicht diskutieren und darüber reden. Also versteckt er sich hinter einem »Ja«, hinter einer vorgetäuschten Zustimmung, die seine Faulheit verbirgt und für den Moment sein Gesicht wahrt. Er ist ein Heuchler. Er schafft es ohne Konflikte, aber er betrügt und enttäuscht seinen Vater und lässt es auf eine schlimmere Weise, an Respekt mangeln, als er es mit einem unverblümten »Nein« getan hätte. Das Problem bei einem Menschen, der sich so verhält, ist, dass er nicht nur ein Sünder, sondern korrupt ist, denn er lügt ohne Problem, um seinen Ungehorsam zu verbergen und zu verschleiern, ohne irgendeinen Dialog oder eine ehrliche Konfrontation zu akzeptieren.
Der andere Sohn, der zwar »Nein« sagt, aber dann doch hingeht, ist dagegen aufrichtig. Nicht perfekt, aber aufrichtig. Natürlich hätten wir gerne gesehen, dass er sofort »Ja« sagt. Das tut er nicht, aber er zeigt zumindest unverblümt und in einem gewissen Sinn mutig seinen Widerwillen. Das heißt, er übernimmt die Verantwortung für sein Verhalten und handelt in aller Offenheit. Mit dieser grundlegenden Ehrlichkeit stellt er sich am Ende selbst in Frage, erkennt, dass er einen Fehler gemacht hat, und kehrt um. Er ist, so könnte man sagen, ein Sünder, aber nicht korrupt. Hört gut zu: Er ist ein Sünder, aber nicht korrupt. Und für den Sünder gibt es immer Hoffnung auf Erlösung; für den Korrupten ist das jedoch viel schwieriger. In der Tat sind seine falschen »Ja«, seine elegantes, aber heuchlerisches Verhalten und seine zur Gewohnheit gewordene Verstellung wie eine dicke »Wand aus Gummi«, hinter der er sich vor den Gewissensbissen versteckt. Und diese Heuchler richten so viel Übles an! Brüder und Schwestern, Sünder ja – das sind wir alle –, verdorben nein! Sünder ja, korrupt nein!
Schauen wir nun auf uns selbst und stellen wir uns im Lichte all dessen einige Fragen. Bin ich angesichts der Mühe, ein ehrliches und großherziges Leben zu führen, mich nach dem Willen des Vaters zu richten, bereit, jeden Tag »Ja« zu sagen, auch wenn es etwas kostet? Und wenn ich es nicht kann, bin ich dann aufrichtig und setzte mich hinsichtlich meiner Schwierigkeiten, meiner Fehler, meinen Schwächen mit Gott auseinander? Und wenn ich »Nein« sage, kehre ich dann um? Sprechen wir mit dem Herrn darüber. Wenn ich einen Fehler mache, bin ich dann bereit, Buße zu tun und umzukehren? Oder tue ich, als wäre nichts, und lebe mit einer Maske, indem ich mich nur darum kümmere, gut und anständig zu erscheinen? Bin ich letztlich ein Sünder wie alle anderen oder ist da etwas Korruptes in mir? Vergesst nicht: Sünder ja, korrupt nein.
Maria, Spiegel der Heiligkeit, helfe uns, aufrichtige Christen zu sein.