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Die humanitäre Krise in Haiti spitzt sich weiter zu

08. September 2023

Port-au-Prince. Die humanitäre Krise in Haiti erreicht immer größere Ausmaße. Dennoch teilten die Vereinten Nationen Mitte Juli mit, dass sich das Welternährungsprogramm gezwungen sehe, die Unterstützung gegenüber dem Vormonat um 25 Prozent zu reduzieren. Es fehlten schlicht die für eine Fortsetzung der humanitären Maßnahmen erforderlichen Mittel. Sollten nicht rasch neue Mittel zur Verfügung gestellt werden, würden 750.000 Bedürftige aus der Nahrungsmittelnothilfe herausfallen.

Haiti leidet nach UN-Angaben unter einer noch nie da gewesenen Nahrungsmittelknappheit. Fast die Hälfte der Bevölkerung, etwa 4,9 Millionen Menschen, habe nicht genug zu essen, um gesund zu leben, heißt es in einer aktuellen Einschätzung. Haiti gilt ohnehin als das ärms-te Land der westlichen Hemisphäre. Es wurde in den vergangenen Jahren zudem von Naturkatas-trophen wie Erdbeben und Wirbelstürmen erschüttert. Zuletzt kam eine Cholera-Welle hinzu, die Hunderte Tote forderte. Neben der Hungersnot leidet Haiti auch unter einer schweren innenpolitischen Krise. Insbesondere in der Hauptstadt Port-au-Prince toben schwere Kämpfe zwischen rivalisierenden Banden. Die UN gehen davon aus, dass 60 Prozent des Stadtgebietes von bewaffneten Banden kontrolliert werden. Im Juli 2021 wurde Staatspräsident Jovenel Moïse ermordet; Neuwahlen sind seit Jahren ausgesetzt. Haitis innenpolitische Kräfte gelten als hoffnungslos zerstritten.

Inmitten dieser Gemengelage gab es nun seit langem wieder eine gute Nachricht: Wie der »Miami Herald« berichtete, unterschrieben vier der gefürchtetsten Bandenführer eine Erklärung. Demnach sind sie bereit, an einer Friedensinitiative eines katholischen Priesters aus den Vereinigten Staaten von Amerika, Tom Hagan, mitzuwirken. Dieser sagte der Zeitung: »Sie sagen nicht: Wir hören auf zu schießen. Aber sie sagen, dass sie mehr für Frieden und Vergebung sind.« Hagan ist einer von mehreren Priestern, die trotz der Gefahr und der Morde in Haiti geblieben sind. Der aus Philadelphia stammende Geistliche fügte hinzu, er habe fast jeden Tag mit den Gangführern verhandelt. Auch ohne einen expliziten Waffenstillstand habe sich seitdem die Lage rund um die Hauptstadt verbessert, es gebe deutlich weniger Schießereien; die Banden hielten sich zurück, Kinder spielten auf den Straßen, versichert der Priester. Hagan glaubt, dass die Bandenchefs ihm vertrauen. Dennoch seien seine Möglichkeiten begrenzt. Jetzt wäre seiner Ansicht nach der richtige Zeitpunkt für eine bekannte und respektierte Persönlichkeit, sei es aus Haiti oder den Vereinigten Staaten von Amerika, den Prozess zu übernehmen und weiterzuführen. »Wir brauchen jemanden, der vielleicht eine stärkere Präsenz als ich hat«, so der Priester. Wer das sein könnte, ließ er offen.