Liebe Brüder und Schwestern,
guten Tag!
Ich danke dem Pfarrer für seine Worte und grüße euch alle, besonders die Freunde des Centro Paroquial da Serafina, des Familienhauses Ajuda de Berço und des Vereins Acreditar. Und ich danke für eure Worte, mit welchen ihr die Arbeit, die ihr tut, veranschaulicht habt, danke! Es ist schön, hier anlässlich des Weltjugendtags zusammen zu sein, während wir die Jungfrau betrachten, die sich aufmacht, um zu helfen. Die Nächs-tenliebe ist nämlich der Ursprung und das Ziel des christlichen Weges, und eure Anwesenheit, als eine konkrete Wirklichkeit der »tätigen Liebe«, hilft uns, die Wegrichtung und den Sinn dessen, was wir immer tun, nicht zu vergessen. Ich danke euch für eure Zeugnisse, bei denen ich drei Aspekte hervorheben möchte: gemeinsam Gutes tun, konkret handeln und den Schwächsten nahe sein. Also: gemeinsam Gutes tun, konkret handeln, nicht nur mit Ideen, sondern konkret, den Schwächsten nahe sein.
Erstens: gemeinsam Gutes tun. »Gemeinsam« ist das Schlüsselwort, das so oft in den Ansprachen wiederholt worden ist. Gemeinsam leben, helfen und lieben: Junge und Erwachsene, Gesunde und Kranke, gemeinsam. João hat uns etwas sehr Wichtiges gesagt: Wir dürfen uns nicht von der Krankheit »definieren« lassen, sondern müssen sie zu einem lebendigen Teil des Beitrags machen, den wir für das Ganze der Gemeinschaft leis-ten. Es ist wahr: Wir dürfen uns nicht durch Krankheit oder Probleme »definieren« lassen, denn wir sind keine Krankheit und kein Problem; jeder von uns ist ein Geschenk, eine Gabe, eine einzigartige Gabe mit ihren Grenzen, aber eine Gabe, eine kostbare und heilige Gabe für Gott, für die christliche Gemeinschaft und für die menschliche Gemeinschaft. So, wie wir sind, sollen wir also das Ganze bereichern und uns vom Ganzen bereichern lassen!
Zweitens: konkret handeln. Auch das ist wichtig. Don Francisco erinnerte uns mit einem Zitat des heiligen Johannes XXIII. daran, dass die Kirche kein Archäologiemuseum ist. Einigen meinen das, aber dem ist nicht so. Sie ist der alte Dorfbrunnen, der die heutigen Generationen ebenso mit Wasser versorgt wie auch die zukünftigen (vgl. Predigt während der Liturgie im byzantinisch-slawischen Ritus zu Ehren des heiligen Johannes Chrysostomos, 13. November 1960). Der Brunnen dient dazu, den Durst der Menschen zu stillen, die mit der Last ihrer Reise oder des Lebens ankommen; und sie sind konkret. Also Konkretheit, Aufmerksamkeit für das »Hier und Jetzt«, wie ihr es bereits tut, mit Liebe zum Detail und praktischem Sinn, welches schöne Tugenden sind, typisch für das portugiesische Volk. Wenn man keine Zeit damit verschwendet, sich über die Wirklichkeit zu beschweren, sondern sich darum sorgt, konkreten Bedürfnissen zu entsprechen, mit Freude und Vertrauen in die Vorsehung, geschieht Wunderbares. Eure Geschichte zeugt davon: Aus der Begegnung mit dem Blick eines älteren Mannes auf der Straße entsteht ein allumfassendes karitatives Zentrum wie das, in dem wir uns befinden; aus einer moralischen und sozialen Herausforderung, der »Kampagne für das Leben«, entsteht ein Verein, der werdenden Müttern und Familien, Kindern und Jugendlichen in Not hilft, damit sie, wie Sandra uns berichtet hat, ein stabiles Lebensprojekt finden können; aus der Erfahrung von Krankheit entsteht eine Hilfsgemeinschaft für Krebskranke, insbesondere für Kinder, damit, wie João uns sagte, »der Fortschritt in der Behandlung und eine bessere Lebensqualität für sie Wirklichkeit werden«. Danke für das, was ihr tut!
Lasst euch weiterhin mit Demut und Güte von der Wirklichkeit mit ihren alten und neuen Armutsformen in Frage stellen und antwortet konkret, mit Kreativität und Mut.
Der dritte Aspekt: den Schwächsten nahe sein. Wir sind alle zerbrechlich und bedürftig, aber der mitfühlende Blick des Evangeliums führt uns dazu, die Bedürfnisse derer zu erkennen, die am meisten leiden; und den Armen zu dienen, den Bevorzugten Gottes, der für uns arm wurde (vgl. 2 Kor 8,9): den Ausgeschlossenen, den Ausgegrenzten, den Ausgestoßenen, den Kleinen, den Wehrlosen. Sie sind der Schatz der Kirche, sie sind Got-tes Lieblinge! Und dabei sollten wir daran denken, keine Unterschiede unter ihnen zu machen. Für einen Christen gibt es nämlich keine Bevorzugungen unter denen, die in Not an die Tür klopfen: Landsleute oder Ausländer, Angehörige der einen oder anderen Gruppierung, jung oder alt, sympathisch oder unsympathisch…
Und da wir gerade von der Nächstenliebe sprechen, möchte ich euch jetzt eine Geschichte erzählen, besonders euch Kindern, die ihr vielleicht nicht kennt. Es ist die wahre Geschichte eines jungen Portugiesen, der vor langer Zeit lebte. Sein Name war Johannes Ciudad und er lebte in Montemor-o-Novo. Er träumte von einem Abenteurerleben und so machte er sich als Jugendlicher von zu Hause aus auf die Suche nach dem Glück. Er fand es nach vielen Jahren und vielen Abenteuern, als er Jesus begegnete. Und er war so glücklich über die Entdeckung, dass er sogar beschloss, seinen Namen zu ändern und sich fortan nicht mehr Johannes Ciudad, sondern Johannes von Gott zu nennen. Und er tat etwas Kühnes: Er ging in die Stadt und begann auf der Straße zu betteln und sagte zu den Menschen: »Brüder, tut euch selbst Gutes!« Versteht ihr? Er bat um Almosen, aber er sagte denjenigen, die es ihm gaben, dass sie, indem sie ihm halfen, in Wirklichkeit an erster Stelle sich selbst halfen! Das heißt, er erklärte, dass die Gesten der Liebe noch vor ihren Empfängern vor allem ein Geschenk für diejenigen seien, die sie tun; denn alles, was du für dich selbst hortest, wird verloren gehen, während das, was du aus Liebe gibst, niemals verschwendet, sondern unser Schatz im Himmel sein wird.
Deshalb sagte er: »Brüder, tut euch selbst Gutes!« Aber die Liebe macht nicht nur im Himmel glücklich, sondern schon hier auf Erden, denn sie weitet das Herz und ermöglicht es, den Sinn des Lebens zu erfassen. Wenn wir wirklich glücklich sein wollen, müssen wir lernen, alles in Liebe zu verwandeln, indem wir unsere Arbeit und unsere Zeit anderen anbieten, gute Worte sagen und gute Taten vollbringen, auch mit einem Lächeln, einer Umarmung, durch Zuhören, durch Blicke. Liebe Jugendliche, Brüder und Schwestern, lasst uns so leben! Wir alle können es und wir alle brauchen das, hier und überall auf der Welt.
Wisst ihr, was damals mit Johannes passiert ist? Sie haben ihn nicht verstanden! Sie hielten ihn für verrückt und sperrten ihn in eine Anstalt. Aber er ließ sich nicht entmutigen, denn die Liebe gibt nicht auf, denn, wer Jesus nachfolgt, verliert nicht den Frieden und bemitleidet sich nicht selbst. Und genau dort, in der Anstalt, als er das Kreuz trug, kam Gottes Eingebung. Johannes erkannte, wie sehr die Kranken Hilfe brauchten, und als sie ihn nach ein paar Monaten endlich entließen, begann er, sich zusammen mit anderen Gefährten um sie zu kümmern, und gründete einen Orden: die Barmherzigen Brüder. Einige jedoch begannen, sie anders zu nennen, nämlich mit den Worten jenes jungen Mannes, der zu allen sagte: »Tut-
Gutes-Brüder«! Und so nannten sie sie: die »Fatebenefratelli«. Was für ein schöner Name, was für eine wichtige Lehre! Anderen zu helfen ist ein Geschenk an sich selbst und tut allen gut. Ja, zu lieben ist ein Geschenk für alle! Erinnern wir uns: »O amor é um presente para todos!« Wiederholen wir es gemeinsam: o amor é um presente para todos!
Lasst uns einander so lieben! Macht aus dem Leben weiterhin ein Geschenk der Liebe und der Freude. Ich danke euch und bitte euch alle, besonders die Kinder, weiter für mich zu beten. Obrigado!
Aufgrund ungünstiger Lichtverhältnisse hat der Papst seine schriftlich vorbereitete Ansprache nicht bis zum Ende gelesen. Stattdessen sagte er spontan folgende Worte auf Spanisch:
Es gibt Vieles, das ich euch jetzt noch gerne sagen würde, aber leider funktionieren meine »Scheinwerfer« nicht und ich kann nicht gut lesen. Deshalb übergebe ich es euch, damit ihr es später veröffentlichen könnt. Man kann das Augenlicht nicht zwingen und schlecht vorlesen.
Ich möchte nur auf etwas eingehen, das nicht geschrieben steht, aber im Sinne des Treffens ist: Konkretheit. So etwas wie abstrakte Liebe gibt es nicht. Die platonische Liebe befindet sich im Weltraum, nicht in der Wirklichkeit. Konkrete Liebe, die Liebe, die sich die Hände schmutzig macht. Jeder von uns kann sich fragen: Ist die Liebe, die ich für alle hier empfinde, die Liebe, die ich für andere empfinde, konkret oder abstrakt? Wenn ich einem Bedürftigen, einem Kranken, einem Ausgegrenzten die Hand reiche, tue ich dann sofort dies [er reibt seine Hand an der Soutane], um mich nicht anzustecken? Ekelt mich die Armut an, die Armut der anderen? Suche ich immer nach dem »destillierten« Leben, dem Leben, das in meiner Fantasie existiert, aber in der Wirklichkeit nicht existiert? Wie viele destillierte, nutzlose Leben, die vorbeigehen, ohne Spuren zu hinterlassen, weil diese Leben kein Gewicht haben!
Und hier haben wir eine Wirklichkeit, die ihre Spur hinterlässt, eine Wirklichkeit von vielen, vielen Jahren, die eine Spur hinterlässt, die andere inspiriert. Es könnte keinen Weltjugendtag geben, ohne diese Wirklichkeit zu berücksichtigen. Denn auch das ist Jugend, in dem Sinne, dass ihr ständig neues Leben hervorbringt. Durch euer Verhalten, durch euer Engagement, dadurch, dass ihr euch die Hände schmutzig macht, um die Wirklichkeit des Elends der anderen zu berühren, schafft ihr Inspiration, schafft ihr Leben. Ich danke euch dafür! Ich danke euch von ganzem Herzen. Geht weiter und lasst euch nicht entmutigen! Und wenn ihr den Mut verliert, nehmt ein Glas Wasser und geht weiter!