In der Ansprache zu Beginn des Kreuzwegs rief Papst Franziskus die Jugendlichen auf, dem Vorbild Jesu zu folgen und das Wagnis der Nächstenliebe einzugehen. Er legte den vorbereiteten Redetext beiseite und sagte in freier Rede auf Spanisch:
Liebe Brüder und Schwestern,
guten Abend!
Heute werdet ihr mit Jesus gehen.
Jesus ist der Weg und wir werden mit ihm zusammen gehen, denn er ist vorausgegangen. Als er unter uns war, war Jesus unterwegs. Er zog umher, um die Kranken zu heilen, sich um die Armen zu kümmern, Gerechtigkeit zu schaffen; er ging hin, um zu predigen und zu lehren. Jesus geht. Aber der Weg, der sich am stärksten in unsere Herzen eingeprägt hat, ist der Weg von Golgota, der Weg des Kreuzes. Und heute werdet ihr, wir, auch ich, im Gebet den Weg des Kreuzes nachvollziehen. Und wir werden Jesus vorüberziehen sehen und mit ihm gehen.
Der Weg Jesu ist Gott, der aus sich selbst herausgeht, der aus sich selbst herausgeht, um unter uns zu wandeln. Das, was wir so oft in der Messe hören: »Und das Wort ist Fleisch geworden und wandelte unter uns.« Erinnert ihr euch? Und das Wort ist Mensch geworden und wandelte unter uns. Und das tut er aus Liebe. Er tut es aus Liebe. Und das Kreuz, das jeden Weltjugendtag begleitet, ist das Symbol, es ist die Gestalt dieses Weges. Das Kreuz ist das größte Zeichen der größten Liebe, der Liebe, mit der Jesus unser Leben umfangen will. Unseres? Ja, deines und deines und deines, das von jedem von uns. Jesus geht für mich hin. Wir alle müssen es sagen.
Jesus nimmt diesen Weg für mich auf sich, um sein Leben für mich hinzugeben. Und niemand hat mehr Liebe als der, der sein Leben für seine Freunde hingibt, als der, der sein Leben für andere hingibt. Vergesst das nicht: Niemand besitzt mehr Liebe als der, der sein Leben hingibt, und das hat
Jesus gelehrt. Deshalb sehen wir, wenn wir den Gekreuzigten betrachten, der so schmerzerfüllt in einer so harten Situation ist, die Schönheit der Liebe, die sein Leben für jeden von uns hingibt. Ein sehr gläubiger Mensch sagte einen Satz, der mich sehr beeindruckt hat. Er sagte: »Herr, durch deine unaussprechlichen Todesqualen kann ich an die Liebe glauben.« Herr, durch deine unaussprechlichen Todesqualen kann ich an die Liebe glauben.
Jesus geht voran, aber er wartet auf etwas, er wartet auf unsere Nähe, er wartet darauf, dass wir hinschauen… Ich weiß nicht, er wartet darauf, die Fenster meiner Seele, deiner Seele, der Seele von jedem von uns zu öffnen. Wie hässlich sind doch verschlossene Seelen, die nach innen säen und sich selbst anlächeln! Sie haben keinen Sinn. Jesus geht und wartet mit seiner Liebe, wartet mit seiner Güte, um uns zu trösten, um unsere Tränen zu trocknen.
Jetzt stelle ich euch eine Frage, aber beantwortet sie nicht laut: Jeder soll sie in seinem Inneren beantworten. Weine ich manchmal? Gibt es Dinge im Leben, die mich zum Weinen bringen? Wir alle haben im Leben geweint und wir weinen immer noch. Und da ist Jesus bei uns, er weint mit uns, denn er begleitet uns in der Dunkelheit, die uns zum Weinen bringt.
Jetzt werde ich etwas Stille halten, und jeder von uns soll Jesus sagen, wo-rüber er im Leben weint; jeder von uns sollte es ihm sagen, jetzt, in der Stille. [Augenblick der Stille] Jesus trocknet mit seiner Güte unsere verborgenen Tränen. Jesus will unsere Einsamkeit mit seiner Nähe erfüllen. Wie traurig sind die Momente der Einsamkeit! Und er ist da, er will diese Einsamkeit ausfüllen. Jesus möchte unsere Ängste, deine Ängste, meine Ängste, diese dunklen Ängste, mit seinem Trost erfüllen. Und er hofft, uns dazu zu bringen, das Risiko des Liebens einzugehen. Denn ihr wisst es, ihr wisst es besser als ich: zu lieben ist riskant. Man muss das Risiko des Liebens eingehen. Es ist ein Risiko, aber es lohnt sich, es einzugehen, und er begleitet uns dabei. Er begleitet uns immer. Er geht immer mit. Er bleibt immer, das ganze Leben lang, mit uns zusammen.
Ich möchte nicht viel Weiteres sagen. Heute werden wir den Weg mit ihm gehen, den Weg seines Leidens, den Weg unserer Sorgen, den Weg unserer Einsamkeit.
Lasst uns jetzt einen Augenblick lang Stille halten und jeder von uns denke an sein eigenes Leiden, an seine Sorgen, an sein eigenes Elend. Habt keine Angst, denkt darüber nach. Und denkt auch an den Wunsch, dass die Seele wieder lächeln möge. [Augenblick der Stille] Und Jesus geht bis zum Kreuz, stirbt am Kreuz, damit unsere Seele lächeln kann. Amen.