Der erste Tag der Reise endete mit dem Gebet der Vesper im weltbekannten Hieronymitenkloster. Papst Franziskus rief in seiner Predigt die Getauften auf, Resignation und Pessimismus zu überwinden und das Evangelium mit neuem Mut zu verkünden. Er sagte:
Liebe Mitbrüder im Bischofsamt,
liebe Priester, Diakone, gottgeweihte
Frauen und Männer, Seminaristen,
liebe pastorale Mitarbeiter,
liebe Brüder und Schwestern,
guten Abend!
Ich freue mich, unter euch zu sein, um den Weltjugendtag gemeinsam mit so vielen jungen Menschen zu erleben, aber auch, um euren Weg in der Kirche, eure Mühen und eure Hoffnungen zu teilen. Ich danke Bischof José Ornelas Carvalho für die Worte, die er an mich gerichtet hat. Ich möchte mit euch beten, damit wir, wie er sagte, zusammen mit den jungen Menschen es wagen, »Gottes Traum anzunehmen und Wege für eine freudige, großzügige und verwandelnde Beteiligung für die Kirche und für die Menschheit zu finden«. Und das ist kein Scherz, das ist ein Programm.
Ich bin in die Schönheit eures Landes eingetaucht, ein Land des Übergangs zwischen Vergangenheit und Zukunft, ein Ort uralter Traditionen und großer Veränderungen, geziert durch üppige Täler und goldene Strände, die auf die grenzenlose Schönheit des Ozeans blicken, der Portugal umspült. Das bringt mich wieder in den Kontext der ersten Berufung der Jünger, die Jesus an den Ufern des Sees Gennesaret berief. Ich möchte bei dieser Berufung verweilen, die unterstreicht, was wir gerade in der Kurzlesung der Vesper gehört haben: Der Herr hat uns gerettet, hat uns gerufen, nicht aufgrund unserer Taten, sondern aus Gnade (vgl. 2 Tim 1,9). Dies geschah im Leben der ersten Jünger: Jesus sah im Vorbeigehen »zwei Boote am See liegen. Die Fischer waren aus ihnen ausgestiegen und wuschen ihre Netze« (Lk 5,2). Da stieg Jesus in Simons Boot und veränderte, nachdem er zu den Menschenmengen gesprochen hatte, das Leben jener Fischer, indem er sie aufforderte, auf den See hinauszufahren und ihre Netze auszuwerfen. Wir bemerken sofort einen Gegensatz: Auf der einen Seite steigen die Fischer aus dem Boot, um ihre Netze zu waschen, das heißt um sie zu säubern, sie gut aufzubewahren und um nach Hause zurückzukehren; auf der anderen Seite steigt Jesus in das Boot und lädt sie ein, ihre Netze wieder zum Fischen auszuwerfen. Die Unterschiede fallen auf: die Jünger steigen aus, Jesus steigt ein; sie wollen die Netze aufbewahren, er will, dass sie sie zum Fischen wieder in den See werfen.
Zunächst sind da die Fischer, die aus dem Boot steigen, um die Netze zu waschen. Das ist die Szene, die sich Jesus darbietet, und genau an dieser Stelle setzt er an. Er hatte erst vor kurzem in der Synagoge von Nazaret begonnen, zu predigen, aber seine Landsleute hatten ihn aus der Stadt hinaus getrieben und sogar versucht, ihn zu töten (vgl. Lk 4,2-30). Also verlässt er den heiligen Ort und beginnt, das Wort unter den Menschen zu predigen, auf den Straßen, wo sich die Frauen und Männer seiner Zeit jeden Tag abmühen. Christus will Gottes Nähe genau an die Orte und in die Situationen hineintragen, wo die Menschen leben, ringen, hoffen und manchmal das Scheitern und den Misserfolg in Händen halten, eben wie jene Fischer, die in der Nacht nichts gefangen hatten. Jesus sieht liebevoll auf Simon und seine Gefährten, die müde und betrübt ihre Netze waschen und dabei eine mechanische Bewegung wiederholen, die aber zugleich müde und resigniert wirkt: Es blieb nichts anderes übrig, als mit leeren Händen nach Hause zu gehen.
Manchmal können wir auf unserem Weg als Kirche eine ähnliche Müdigkeit verspüren. Müdigkeit. Jemand sagte: »Ich fürchte die Müdigkeit der Guten.« Eine Müdigkeit wenn es uns scheint, nur leere Netze in den Händen zu halten. Es ist ein Gefühl, das in Ländern mit alter christlicher Tradition weit verbreitet ist, die viele soziale und kulturelle Veränderungen durchmachen und zunehmend von Säkularismus, Gleichgültigkeit gegen-über Gott und einer zunehmenden Abkehr von der Glaubenspraxis geprägt sind. Und hier liegt die Gefahr, dass die Weltlichkeit Einzug hält. Und dies wird oft noch verstärkt durch die Enttäuschung oder den Zorn, den manche gegenüber der Kirche empfinden, manchmal wegen unseres schlechten Zeugnisses und der Skandale, die ihr Antlitz entstellt haben und die zu einer demütigen und beständigen Läuterung aufrufen, ausgehend vom Schmerzensschrei der Opfer, die immer aufgenommen und gehört werden müssen. Wenn man sich aber entmutigt fühlt – und jeder von euch denke daran, wann er sich entmutigt gefühlt hat –, besteht die Gefahr, dass man aus dem Boot steigt und in den Netzen der Resignation und des Pessimismus hängenbleibt. Stattdessen sollten wir darauf vertrauen, dass Jesus seine geliebte Braut stets an die Hand nimmt und wiederaufrichtet. Wir müssen die Mühen und Tränen zum Herrn bringen, um dann die pastoralen und spirituellen Situationen mit offenem Herzen anzugehen und gemeinsam manch neuen Weg zu erproben. Wenn wir entmutigt sind, bewusst oder nicht ganz bewusst, »ziehen wir uns zurück«, wir »ziehen uns zurück« vom apostolischen Eifer, wir verlieren ihn, und wir werden »Funktionäre des Heiligen«. Es ist sehr traurig, wenn ein Mensch, der sein Leben Gott geweiht hat, ein »Funktionär« wird, ein bloßer Verwalter der Dinge. Es ist sehr traurig.
Sobald die Apostel nämlich heraussteigen, um die verwendete Ausrüstung zu waschen, steigt Jesus in das Boot und fordert sie auf, ihre Netze wieder auszuwerfen. Im Moment der Entmutigung, im Moment des »Rückzugs«, lassen wir Jesus wieder ins Boot steigen, mit der Hoffnung des ersten Mals, jener Hoffnung, die wiederbelebt, zurückerobert, neu aufgelegt werden muss. Er sucht uns in unserer Einsamkeit, in unseren Krisen auf, um uns zu helfen, einen Neuanfang zu machen. Die Spiritualität des Neubeginns. Habt keine Angst davor. So ist das Leben: hinfallen und neu beginnen, sich langweilen und wieder Freude bekommen. Nehmen wir diese Hand Jesu an. Auch heute zieht er an den Ufern des Lebens vorüber, um die Hoffnung wiederzuerwecken und auch uns zu sagen, wie zu Simon und den anderen: »Fahr hinaus, wo es tief ist, und werft eure Netze zum Fang aus!« (Lk 5,4). Und wenn die Hoffnung verloren gegangen ist, fallen uns tausend Rechtfertigungen ein, warum wir unsere Netze nicht auswerfen, aber vor allem diese bittere Resignation, die wie ein Wurm an der Seele nagt. Brüder und Schwestern, was wir erleben, ist sicher eine schwierige Zeit, das wissen wir, aber der Herr fragt diese Kirche heute: »Willst du aus dem Boot aussteigen und in Enttäuschung versinken, oder mich einsteigen lassen und erlauben, dass noch einmal die Neuheit meines Wortes das Steuer in die Hand nimmt?« Dich Priester, gottgeweihter Mann, gottgeweihte Frau, Bischof: »Willst du nur an der Vergangenheit festhalten, die hinter dir liegt, oder deine Netze erneut mit Begeisterung zum Fischen auswerfen?« Das ist es, was der Herr von uns verlangt: Wieder die Unruhe für das Evangelium zu wecken.
Wenn man sich daran gewöhnt und sich langweilt und die Mission zu einer Art »Job« wird, ist es an der Zeit, Platz für diesen zweiten Ruf Jesu zu machen, der uns immer wieder von neuem ruft. Er ruft uns, um uns zum Gehen zu bringen, er ruft uns, um uns zu erneuern. Habt keine Angst vor diesem zweiten Ruf Jesu. Es ist keine Illusion, sondern er ist es, der wieder an die Tür klopft. Und wir könnten sagen, dass dies die »gute« Unruhe ist, wenn wir uns von dem zweiten Ruf Jesu verführen lassen, ist das die gute Unruhe, die die Unermesslichkeit des Ozeans euch Portugiesen übermittelt: das Ufer hinter sich zu lassen, nicht um die Welt zu erobern – und auch nicht, um Kabeljau zu fischen –, sondern um sie mit dem Trost und der Freude des Evangeliums zu beschenken. In dieser Perspektive kann man die Worte eines eurer großen Missionare lesen, Pater António Vieira, genannt »Paiaçu«, großer Vater. Er sagte, dass Gott euch ein kleines Land gegeben habe, um darin geboren zu werden, dass er euch aber mit dem Blick auf den Ozean die ganze Welt gab, um zu sterben: »Um geboren zu werden, wenig Land; um zu sterben, die ganze Erde: Um geboren zu werden, Portugal; um zu sterben, die Welt« (A. Vieira, Sermões, Vol. III, Band VII, Porto 1959,
S. 69). Die Netze wieder auswerfen und die Welt mit der Hoffnung des Evangeliums umfassen: Dazu sind wir aufgerufen! Es ist nicht die Zeit anzuhalten, es ist nicht die Zeit aufzugeben, es ist nicht die Zeit das Boot am Ufer festzumachen oder zurückzublicken; wir dürfen nicht vor dieser Zeit fliehen, weil sie uns ängstigt, und uns in Formen und Stile der Vergangenheit flüchten. Nein, dies ist die Zeit der Gnade, die der Herr uns schenkt, damit wir auf das Meer der Evangelisierung und Mission hinausfahren können.
Um dies zu tun, müssen wir jedoch auch Entscheidungen treffen. Ich möchte auf drei Entscheidungen hinweisen, die vom Evangelium inspiriert sind.
An erster Stelle, aufs Meer hinausfahren. Dies ist Großmut. Seid nicht kleinmütig! Aufs Meer hinausfahren, um die Netze wieder auszuwerfen, man muss das Ufer der Enttäuschungen und der Unbeweglichkeit verlassen, sich von jener süßlichen Traurigkeit und jenem ironischen Zynismus distanzieren, die uns oft angesichts von Schwierigkeiten überkommen. Süße Traurigkeit, ironischer Zynismus. Prüfen wir unser Gewissen diesbezüglich. Die Hoffnung zurückgewinnen, aber in einer zweiten Ausgabe der Hoffnung, der bereits reifen Hoffnung, der Hoffnung, die aus Versagen oder Langeweile entsteht. Es ist nicht leicht, die erwachsene Hoffnung zurückzugewinnen. Das ist notwendig, um vom Defätismus zum Glauben überzugehen, so wie Simon, der sagt, obwohl er sich die ganze Nacht vergeblich abgemüht hat: »Auf dein Wort hin werde ich die Netze auswerfen« (Lk 5,5). Um aber dem Herrn und seinem Wort jeden Tag zu vertrauen, reichen Worte nicht aus, es ist viel Gebet nötig. Ich möchte hier eine Frage stellen, aber jeder beantwortet sie für sich selbst: Wie bete ich? Wie ein Papagei, bla, bla, bla, oder mache ich ein Nickerchen vor dem Tabernakel, weil ich nicht weiß, wie ich mit dem Herrn sprechen soll? Bete ich? Wie bete ich? Nur in der Anbetung, nur vor dem Herrn, entdeckt man den Geschmack und die Leidenschaft für die Evangelisierung wieder. Und seltsamerweise haben wir das Gebet der Anbetung verloren; und alle, Priester, Bischöfe, gottgeweihte Frauen und Männer, müssen es zurückgewinnen, dieses in der Stille vor dem Herrn zu bleiben. Mutter Teresa, die in so viele Dinge des Lebens verwickelt war, hat die Anbetung nie aufgegeben, selbst in Zeiten, in denen ihr Glaube wankte und sie sich fragte, ob das alles wahr sei oder nicht. Ein Moment der Fins-ternis, den auch Therese vom Kinde Jesu durchlebte. Dann überwindet man im Gebet die Versuchung, eine »Pastoral der Nostalgie und des Nachtrauerns« zu betreiben. In einem Kloster gab es eine Nonne – dies ist eine wahre Begebenheit –, die sich über alles beklagte. Ich weiß nicht, wie sie hieß, aber die Ordensschwestern änderten ihren Namen und nannten sie »Schwester Klage«. Wie oft verwandeln wir unsere Ohnmacht, unsere Enttäuschungen in Klagen! Und wenn wir diese Klagen hinter uns lassen, finden wir wieder die Kraft, aufs Meer hinauszufahren, ohne Ideologien, ohne Weltlichkeit. Die spirituelle Weltlichkeit, die sich in uns einschleicht und aus der der Klerikalismus hervorgeht. Klerikalismus nicht nur bei den Pries-tern: die klerikalisierten Laien sind schlimmer als die Priester. Dieser Klerikalismus, der uns ruiniert. Und wie ein großer spiritueller Meister zu sagen pflegte, ist diese spirituelle Weltlichkeit – die den Klerikalismus hervorruft – eines der größten Übel, die die Kirche befallen können. Überwinden wir diese Schwierigkeiten ohne Ideologien, ohne Weltlichkeit, beseelt von einem einzigen Wunsch: dass das Evangelium alle erreichen möge. Ihr habt viele Beispiele auf diesem Weg und, da wir mitten unter jungen Menschen sind, erinnere ich gerne an einen jungen Mann aus Lissabon, den heiligen Johannes de Britto, er war ein Junge von hier, der vor Jahrhunderten inmitten vieler Schwierigkeiten nach Indien aufbrach und begann, so zu sprechen und sich so zu kleiden wie die Menschen, die er traf, um Jesus zu verkünden. Auch wir sind aufgefordert, unsere Netze in die Zeit einzutauchen, in der wir leben, mit allen zu sprechen, das Evangelium verständlich zu machen, auch wenn wir dabei riskieren, in einige Stürme zu geraten. Wie die jungen Menschen, die aus der ganzen Welt hierherkommen, um die riesigen Wellen herauszufordern, fahren auch wir ohne Angst aufs Meer hinaus; fürchten wir uns nicht, uns dem offenen Meer zu stellen, denn inmitten des Sturms und der Gegenwinde kommt Jesus, kommt uns entgegen und sagt: »Habt Vertrauen, ich bin es; fürchtet euch nicht!« (Mt 14,27). Wie oft haben wir diese Erfahrung schon gemacht? Jeder von uns gibt sich selbst die Antwort. Und wenn wir es noch nicht erlebt haben, dann deshalb, weil während des Sturms etwas schief gelaufen ist.
Eine zweite Entscheidung: gemeinsam die Seelsorge voranbringen, alle gemeinsam. Im Text betraut Jesus Petrus mit der Aufgabe, aufs Meer hinauszufahren, aber dann spricht er im Plural und sagt »werft eure Netze […] aus« (Lk 5,4): Petrus steuert das Boot, aber alle sind mit im Boot und alle sind aufgerufen, die Netze herabzusenken. Alle. Und als sie eine große Menge Fische fangen, denken sie nicht, dass sie es allein schaffen könnten, sie behandeln das Geschenk nicht als Besitz und Privateigentum, sondern, so heißt es im Evangelium, »sie gaben ihren Gefährten im anderen Boot ein Zeichen, sie sollten kommen und ihnen helfen« (Lk 5,7). Und so füllten sie zwei Boote mit Fischen. Eins bedeutet Einsamkeit, Abschottung, Anspruch auf Selbstgenügsamkeit, zwei hingegen bedeutet Beziehung. Die Kirche ist synodal, sie ist Gemeinschaft, gegenseitige Hilfe, gemeinsames Unterwegssein. Darauf zielt die derzeitige
Synode ab, die im kommenden Oktober zum ersten Mal zusammentreten wird. Auf dem Schiff der Kirche muss Platz für alle sein: Alle Getauften sind aufgerufen, einzusteigen, die Netze auszuwerfen und sich persönlich für die Verkündigung des Evangeliums einzusetzen. Und vergesst dieses Wort nicht: alle, alle, alle. Es berührt mein Herz sehr, wenn ich sagen muss, wie man apostolische Perspektiven öffnet, diese Passage aus dem Evangelium, in der sie nicht zum Hochzeitsmahl des Sohnes gehen und alles bereitet ist. Und was sagt der Herr, der Herr des Festes, was sagt er? »Geht an die Enden und bringt alle, alle, alle, alle: Gesunde, Kranke, Junge und Alte, Gute und Sünder. Alle.« Möge die Kirche kein Zollhaus sein, das auswählt, wer hineingeht und wer nicht. Alle, jeder mit seinem Leben auf den Schultern, mit seinen Sünden, aber so wie er ist, vor Gott, wie er ist, vor dem Leben… Alle. Alle. Lasst uns keine Zölle in der Kirche einführen. Alle. Und das ist eine große Herausforderung, vor allem in den Umständen, in denen Priester und Gottgeweihte ermüdet sind, weil sie immer weniger werden, während die pastoralen Erfordernisse steigen. Wir können diese Situation jedoch als Chance betrachten, die Laien mit geschwisterlichem Elan und gesunder pastoraler Kreativität einzubinden. Die Netze der ers-ten Jünger werden dann zu einem Bild der Kirche, die ein »Beziehungsnetz« menschlicher, geistlicher und pastoraler Art ist. Wenn es keinen Dialog gibt, keine Mitverantwortung, wenn es keine Beteiligung gibt, altert die Kirche. Ich möchte es so ausdrücken: Ein Bischof darf nie ohne sein Presbyterium und das Volk Gottes sein; ein Priester darf nie ohne seine Mitbrüder sein; und alle zusammen, Priester, Ordensleute und gläubige Laien dürfen als Kirche nie ohne die anderen, nie ohne die Welt leben. Ohne Weltlichkeit, das ja, aber nicht ohne die Welt. In der Kirche helfen wir einander, wir unterstützen uns gegenseitig und wir sind aufgerufen, auch nach außen hin ein konstruktives Klima der Geschwisterlichkeit zu verbreiten. So schreibt der heilige Petrus, dass wir die lebendigen Steine sind, die für den Aufbau eines geistigen Hauses verwendet werden (vgl. 1 Petr 2,5). Ich möchte hinzufügen: Ihr portugiesischen Gläubigen seid auch eine »calçada«, ihr seid die kostbaren Steine jenes einladenden und glänzenden Fußbodens, auf dem das Evangelium wandeln muss: Kein einziger Stein darf fehlen, sonst fällt es sofort auf. Dies ist die Kirche, die wir mit Gottes Hilfe aufzubauen gerufen sind!
Schließlich die dritte Entscheidung: zu Menschenfischern werden. Habt keine Angst. Das ist kein Proselytismus, sondern das Evangelium zu verkünden, das herausfordert. In diesem schönen Bild von Jesus, Menschenfischer zu sein, betraut Jesus die Jünger mit der Sendung, auf das Meer der Welt hinauszufahren. In der Heiligen Schrift wird das Meer oft mit dem Ort des Bösen und der feindlichen Mächte assoziiert, welche die Menschen nicht beherrschen können. Menschen zu fischen und aus dem Wasser zu ziehen bedeutet daher, ihnen zu helfen, sich wieder aus dem zu erheben, worin sie versunken sind, sie von dem Bösen zu erretten, das sie zu ertränken droht, und sie aus jeglicher Form des Todes zu erwecken. Aber ohne Proselytismus, sondern mit Liebe. Und eines der Anzeichen für kirchliche Bewegungen, die in die falsche Richtung gehen, ist der Proselytismus. Wenn eine kirchliche Bewegung oder eine Diözese oder ein Bischof oder ein Priester oder eine Ordensschwester oder ein Laie Proselytismus betreibt, ist das nicht christlich. Christlich ist einzuladen, willkommen zu heißen, zu helfen, aber ohne Proselytismus. Das Evangelium ist nämlich eine Verkündigung des Lebens im Meer des Todes, der Freiheit in den Strudeln der Sklave-rei, des Lichts im Abgrund der Finsternis. Wie der heilige Ambrosius sagt: »Und mit Recht gleicht das Rüstzeug der Apostel einem Fischnetz: es tötet die gefangenen Fischlein nicht, sondern hält sie fest und zieht sie aus dem Grund ans Licht« (Exp. Luc. IV, 68-79). Es gibt so viel Dunkelheit in der heutigen Gesellschaft, auch hier in Portugal, überall. Wir haben das Gefühl, dass es an Begeisterung mangelt, an Mut zum Träumen, an Kraft, sich den Herausforderungen zu stellen, an Vertrauen in die Zukunft. Und währenddessen befahren wir Wasser der Ungewissheit, der Unsicherheit, insbesondere wirtschaftlich, der Armut an sozialer Freundschaft, des Mangels an Hoffnung. Wir als Kirche sind mit der Aufgabe betraut, uns in die Gewässer dieses Meeres zu begeben und das Netz des Evangeliums auszuwerfen, ohne dass wir dabei mit dem Finger auf andere zeigen, ohne anzuklagen, sondern indem wir den Menschen unserer Zeit einen Lebensentwurf bringen, nämlich den von Jesus: die Aufnahmebereitschaft des Evangeliums, die Einladung zum Fest in eine multikulturelle Gesellschaft bringen; die Nähe des Vaters in Situationen der wirtschaftlichen Unsicherheit, der Armut hineintragen, die vor allem unter den jungen Menschen zunehmen; die Liebe Christi dorthin bringen, wo die Familie zerbrechlich ist und die Beziehungen verletzt sind; die Freude des Geistes dort vermitteln, wo Entmutigung und Fatalismus herrschen. Einer eurer Schriftsteller schrieb: »Um in der Unendlichkeit anzukommen, und ich glaube, dass wir dorthin gelangen können, brauchen wir einen Hafen, nur einen einzigen, einen sicheren, um von dort aus ins Unbestimmte aufzubrechen« (F. Pessoa, Livro do Desassossego, Lissabon 1998, 247). Träumen wir von der Kirche in Portugal als »sicherem Hafen« für alle, die sich den Überfahrten, Schiffbrüchen und Stürmen des Lebens stellen!
Liebe Brüder und Schwestern: an alle, Laien, Ordensmänner und -frauen, Priester, Bischöfe, an alle, an alle: Habt keine Angst, werft eure Netze aus. Lebt nicht mit dem Vorwurf »dies ist Sünde«, dies ist keine Sünde. Es mögen alle kommen, später werden wir reden, aber zuerst sollen sie die Einladung Jesu spüren, dann kommt die Reue, dann kommt die Nähe Jesu. Bitte verwandelt die Kirche nicht in ein Zollhaus: Hier geht man hinein, die Gerechten, diejenigen, bei denen alles in Ordnung ist, diejenigen, die ordentlich verheiratet sind, und dort draußen alle anderen. Nein. Die Kirche ist nicht dies. Gerechte und Sünder, gute und schlechte Menschen, alle, alle, alle. Und dann, möge der Herr uns helfen, diese Angelegenheit zu regeln. Aber alle. Ich danke euch von Herzen, Brüder und Schwestern, für das Zuhören – das vielleicht langweilig war –, ich danke euch für alles, was ihr tut, für das Beispiel, vor allem das versteckte Beispiel, und für die Beständigkeit, dieses jeden Tag aufzustehen, um neu anzufangen oder mit dem Begonnenen fortzufahren. Wie ihr sagt: Muito obrigado! Für das, was ihr tut… Und ich vertraue euch Unserer Lieben Frau von Fatima, der Obhut des Engels von Portugal und dem Schutz eurer großen Heiligen an, insbesondere hier in Lissa-bon dem heiligen Antonius, dem unermüdlichen Apostel – den sich die Paduaner geholt haben –, dem inspirierten Prediger, dem Jünger des Evangeliums, der die gesellschaftlichen Übel aufmerksam wahrgenommen hat und voller Mitgefühl für die Armen war: Möge der heilige Antonius für euch Fürsprache einlegen und euch die Freude über einen neuen wunderbaren Fischfang schenken. Später werdet ihr mir es sagen. Und vergesst bitte nicht, für mich zu beten. Danke.