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Veröffentlichung des Arbeitspapiers der Weltsynode im Vatikan

Eine Kirche, die alle annimmt und die Unterschiede nicht auslöscht

 Eine Kirche, die alle annimmt und die Unterschiede nicht auslöscht  TED-026
30. Juni 2023

Die Leitlinien für die Arbeiten der Generalversammlung im Oktober 2023 und im Jahr 2024 über das Thema der Synodalität sind veröffentlicht worden. In zwei große Abschnitte unterteilt, ist das Dokument Frucht der Beiträge der diözesanen und der kontinentalen Phase und gibt die Erfahrungen der Kirchen in der Welt wieder, die unter Kriegen, Ungleichheit, Armut, Miss-brauchswunden leiden.

Über 60 Seiten mit Erfahrungen der Kirchen in allen Teilen der Welt, die mit Kriegen, Klimawandel und Wirtschaftssystemen, die »Ausbeutung, Ungleichheit und eine Wegwerfkultur« verursachen, konfrontiert sind. Kirchen, deren Gläubige das Martyrium erleiden, in Ländern, wo sie in der Minderheit sind oder wo sie »mit einer immer weiter fortschreitenden und bisweilen aggressiven Säkularisierung« zurechtkommen müssen. Kirchen, die verwundet sind durch verschiedene Formen des Missbrauchs, »wie sexueller Missbrauch und Missbrauch von Macht, Gewissen und Geld«, Wunden, die Antworten und eine »Umkehr« brauchen. Kirchen, die die Herausforderungen annehmen, furchtlos und ohne »um jeden Preis zu versuchen, sie zu lösen«, die um eine synodale Entscheidungsfindung ringen: »Nur so können Spannungen zu Energiequellen werden und nicht in destruktive Polarisierung abgleiten.«

Horizonte der Hoffnung

Am Dienstag, 20. Juni, ist das Instrumentum laboris veröffentlicht worden, das Dokument, das die Arbeitsgrundlage der Teilnehmer an der Synode über die Synodalität sein wird, die im Oktober 2023 im Vatikan geplant ist und bis 2024 fortgesetzt werden wird. Ein Ausgangs-, natürlich kein Zielpunkt ist das Dokument, das die Erfahrung der Diözesen in aller Welt in den letzten beiden Jahren sammelt, seit dem 10. Oktober 2021, als Franziskus einen Prozess in Gang gesetzt hat, um zu verstehen, welche Schritte unternommen werden müssen, »um als synodale Kirche zu wachsen«.

Ein Dokument also für die Entscheidungsfindung »während« der Generalversammlung, aber gleichzeitig vorbereitend »im Hinblick auf« die Versammlung für synodale Teilnehmer und Gruppen. »Der Sinn des synodalen Prozesses«, so heißt es, »ist es nicht, Dokumente zu verfassen, sondern Horizonte der Hoffnung […] aufzutun«.

Das im Vatikanischen Presseamt vorgestellte Instrumentum laboris setzt sich zusammen aus einem Text und 15 Arbeitsblättern, die eine dynamische Sichtweise des Konzepts der »Synodalität« aufzeigen. Stärker ins Detail gehen die beiden »großen Abschnitte«: der Abschnitt A, in dem die Erfahrung in den letzten beiden Jahren sowie die Vorgehensweise, um immer mehr zur synodalen Kirche zu werden, aufgezeigt werden; der Abschnitt B – mit dem Titel Gemeinschaft, Sendung und Teilhabe –, der die »drei prioritären Fragestellungen« hervorhebt, die im Mittelpunkt der Arbeiten vom Oktober 2023 stehen werden, verbunden mit den drei Hauptthemen: in der Gemeinschaft wachsen und alle annehmen, ohne jemanden auszuschließen; den Beitrag jedes Getauften im Hinblick auf die Sendung anerkennen und wertschätzen; Leitungsstrukturen und -dynamiken erkennen, durch die es möglich ist, Teilhabe und Autorität in einer missionarischen synodalen Kirche zum Ausdruck zu bringen.

Mit einem Blick auf die erste, diözesane Phase des synodalen Weges wird deutlich gemacht: Das Instrumentum laboris »setzt die bisherigen Dokumente weder außer Kraft, noch verleibt es sich den gesamten Reichtum ein«, der in jener Phase, bei der die Diözesen in aller Welt beteiligt waren, zum Vorschein gekommen ist, »sondern es ist in ihnen verwurzelt«. Die Fokussierung auf die Ortskirchen verlangt es außerdem, der Vielfalt und Verschiedenheit der Kulturen, Sprachen und Ausdrucksweisen Rechnung zu tragen. Worte wie zum Beispiel »Autorität« oder »Leitung« können »in verschiedenen Sprach- oder Kulturräumen […] ganz unterschiedlich konnotiert sein«, besonders dann, wenn sie »mit bestimmten theoretischen oder ideologischen Ansätzen« assoziiert werden. Daher ist das Instrumentum bestrebt, »eine Sprache zu vermeiden, die spaltet, in der Hoffnung, ein besseres Verständnis unter den aus unterschiedlichen Regionen oder Traditionen stammenden Mitgliedern der Synodalversammlung zu fördern«.

Was die kontinentale Phase betrifft, so hat der beschrittene Weg es gestattet, »die Besonderheiten« der Situationen, die die Kirche in den verschiedenen Teilen der Welt lebt, zu erfassen und sich darüber auszutauschen: »Dazu zählen die Tatsache, dass zu viele Kriege im Gange sind, die unsere Welt mit Blut beflecken und zu neuerlichem Engagement für den Aufbau eines gerechten Friedens aufrufen, die Bedrohung durch den Klimawandel«; »der Ruf nach Widerstand gegen ein Wirtschaftssystem, das Ausbeutung, Ungleichheit und eine Wegwerfkultur verursacht, und der Wunsch, sich dem Vereinheitlichungsdruck des kulturellen Kolonialismus zu widersetzen, der Minderheiten niederdrückt. Situationen wie Verfolgung bis hin zum Märtyrertod und Emigration, die Gemeinschaften immer weiter aushöhlen und ihr Überleben bedrohen«.

Heilung offener Wunden

Außerdem erwähnt wird das Erleben »christlicher Gemeinschaften, die in dem Land, in dem sie leben, vereinzelte Minderheiten darstellen« und die zuweilen zurechtkommen müssen mit einer Säkularisierung, »die religiöses Erleben für bedeutungslos zu halten scheint«. Es fehlt auch nicht der Hinweis auf die Missbrauchskrise, die die Kirche vieler Länder »zutiefst« betroffen hat: »Offene Wunden, deren Folgen noch nicht in der Tiefe aufgearbeitet sind«, hebt das Dokument hervor. »Neben der Bitte um Vergebung, die sie den Opfern und Überlebenden für das von ihr verursachte Leid schuldig ist, muss die Kirche sich verstärkt und intensiver für Umkehr und Reformen einsetzen, um zu verhindern, dass sich ähnliche Situationen in Zukunft wiederholen.«

Im Licht dieser zahlreichen Themen ist die Versammlung »aufgefordert«, »den Spannungsbogen zwischen der Gesamtsicht, welche die […] Arbeiten prägt« (Abschnitt A) und die »Festlegung der dementsprechend konkreten Schritte« (Abschnitt B) beizubehalten. Alles, um in »im Evangelium begründeter Art« Fragen in Angriff zu nehmen, die »oft fordernd gestellt werden« oder »für die es im Leben der Kirche heute keinen Ort der Annahme und Unterscheidung gibt«.

Im selben Bewusstsein wurzelt »der Wunsch nach einer auch in ihren Institutionen, Strukturen und Verfahren immer synodaler werdenden Kirche«. Einer synodalen Kirche, die vor allem »Kirche des Zuhörens« ist. Sie muss daher »demütig sein, und […] weiß, dass sie um Vergebung bitten und viel dazulernen muss«. »Das heutige Gesicht der Kirche ist von schweren Vertrauens- und Glaubwürdigkeitskrisen gezeichnet«, liest man im
Instrumentum laboris. »In vielen Kontexten haben Krisen im Zusammenhang mit sexuellem, finanziellem, Macht- und Gewissensmissbrauch die Kirche zu einer anspruchsvollen Gewissensprüfung gedrängt, damit sie auf einem Weg der Buße und Umkehr, der Wege der Versöhnung, Heilung und Gerechtigkeit eröffnet, nicht aufhört, sich selbst zu erneuern«

Eine synodale Kirche ist auch »eine Kirche der Begegnung und des Dialogs« mit den Gläubigen anderer Religionen sowie mit anderen Kulturen und Gesellschaften. Diese Kirche hat auch »keine Angst vor der Vielfalt«, sondern »bringt sie zur Geltung, ohne sie zur Gleichförmigkeit zu zwingen«.
Außerdem hat eine synodale Kirche die »Fähigkeit, mit Spannungen umzugehen, ohne von ihnen erdrückt zu werden« »heilt ihre Wunden und versöhnt ihr Gedächtnis« in der Einheit. Synodal ist außerdem eine Kirche, die sich beständig aus dem Geheimnis nährt, das sie in der Liturgie feiert; in ihr »erfährt die Kirche jeden Tag die radikale Einheit in demselben Gebet«, jedoch in der »Vielfalt« der Sprachen und Riten. Synodal ist auch eine Kirche, in der »Gemeinschaft, Sendung und Teilhabe« sich gegenseitig nähren und stützen. Wo man unter Gemeinschaft kein »soziologisches Zusammenkommen als Mitglieder einer Identitätsgruppe«, sondern ein »eine Gabe des dreieinigen Gottes« versteht. Die Sendung dagegen, so das Instrumentum, erfordert den Beitrag jedes Getauften »ausgehend von der nicht reduzierbaren Einzigartigkeit jedes Einzelnen«.

Weitere bedeutsame Stellen betreffen die Frage der Autorität (»ob Autorität sich nach weltlichen Parametern richtet oder nach denen des Dienstes«, lautet eine der Fragen); die Notwendigkeit einer »ganzheitlichen Grundausbildung und Fortbildung« für das Gottesvolk; die »Anstrengungen«, die in der Liturgie, in der Verkündigung, in der Katechese, in der Kirchenkunst verwendete Sprache neuzugestalten, sowie in allen Kommunikationsformen mit den Gläubigen und mit der breiten Öffentlichkeit auch durch neue und alte Medien. Wie es im Text heißt, »muss die Neugestaltung der Sprache darauf abzielen, diesen Reichtum für die Männer und Frauen unserer Zeit zugänglich und attraktiv zu machen, ohne zum Hindernis zu werden, das sie fernhält«.

Salvatore Cernuzio – Vatican News