Liebe Brüder und Schwestern,
guten Tag!
Ich möchte all jenen meinen Dank aussprechen, die mir in den Tagen meines Aufenthalts in der Gemelli-Klinik Zuneigung, Fürsorge und Freundschaft gezeigt und mir die Unterstützung des Gebets zugesichert haben. Diese menschliche und geistliche Nähe war für mich eine große Hilfe und ein großer Trost. Ich danke allen, ich danke euch, ich danke von ganzem Herzen!
Im heutigen Evangelium ruft Jesus die zwölf Apostel beim Namen – er ruft sie beim Namen – und sendet sie aus. Als er sie aussendet, bittet er sie, nur eines zu predigen: »Geht und verkündet: Das Himmelreich ist nahe!« (Mt 10,7). Es ist dieselbe Botschaft, mit der Jesus seine Verkündigung begann: das Reich Gottes, das heißt seine Herrschaft der Liebe, ist nahe, es kommt zu uns. Und dies ist nicht nur eine Nachricht unter anderen, sondern die grundlegende Realität des Lebens: die Nähe Gottes, die Nähe Jesu.
Denn wenn der Gott des Himmels nahe ist, sind wir nicht allein auf der Erde, und selbst in Schwierigkeiten verlieren wir nicht das Vertrauen. Das ist das Erste, was man den Menschen sagen muss: Gott ist nicht weit weg, sondern er ist Vater. Gott ist nicht fern, er ist Vater. Er kennt dich und liebt dich. Er will dich bei der Hand nehmen, auch wenn du steile und unebene Wege gehst, auch wenn du fällst und es dir schwerfällt, wieder aufzustehen und den Weg fortzusetzen. Er, der Herr, ist da, bei dir. Gerade dann, wenn du am schwächsten bist, kannst du seine Gegenwart stärker spüren. Er kennt den Weg, er ist bei dir, er ist dein Vater! Er ist mein Vater! Er ist unser Vater!
Verweilen wir bei diesem Bild, denn den nahen Gott zu verkünden ist eine Aufforderung, sich selbst als Kind zu sehen, das an der Hand seines Vaters geht: alles erscheint ihm anders. Die große und geheimnisvolle Welt wird vertraut und sicher, denn das Kind weiß sich behütet. Es hat keine Angst und lernt, sich zu öffnen: es begegnet anderen Menschen, es findet neue Freunde, es lernt mit Freude Dinge, die es nicht wusste, und kehrt dann nach Hause zurück und erzählt allen, was es gesehen hat, während in ihm der Wunsch wächst, erwachsen zu werden und die Dinge zu tun, die es seinen Vater hat tun sehen. Deshalb beginnt Jesus damit, deshalb ist die Nähe Gottes die erste Verkündigung: Wenn wir Gott nahe sind, überwinden wir die Angst, öffnen uns der Liebe, wachsen im Guten und spüren das Bedürfnis und die Freude, zu verkünden.
Wenn wir gute Apostel sein wollen, müssen wir wie Kinder sein: auf »Gottes Schoß« sitzen und von dort aus die Welt mit Vertrauen und Liebe betrachten, um zu bezeugen, dass Gott Vater ist, dass er allein unsere Herzen verwandelt und uns jene Freude und jenen Frieden schenkt, die wir selbst uns nicht geben können.
Verkünden, dass Gott nahe ist. Aber wie soll man das tun? Im Evangelium empfiehlt Jesus, nicht viele Worte zu machen, sondern viele Gesten der Liebe und der Hoffnung im Namen des Herrn zu vollbringen. Nicht viele Worte, sondern Gesten: »Heilt Kranke, weckt Tote auf, macht Aussätzige rein, treibt Dämonen aus! Umsonst habt ihr empfangen, umsonst sollt ihr geben« (Mt 10,8). Das ist der Kern der Verkündigung: das unentgeltliche Zeugnis, der Dienst. Ich sage euch eines: Ich bin immer sehr perplex angesichts der »Wortemacher«, die viel reden und nichts tun.
Wir sollten uns an dieser Stelle einige Fragen stellen: Wir, die wir glauben, dass Gott nahe ist, vertrauen wir auf ihn? Verstehen wir es, vertrauensvoll nach vorne zu blicken, wie ein Kind, das weiß, dass es von seinem Vater in den Armen getragen wird? Verstehen wir es, auf dem Schoß des Vaters zu sitzen, beim Gebet, beim Hören des Wortes, beim Empfang der Sakramente? Und wissen wir schließlich in seiner Nähe, wie wir anderen Mut machen können, wie wir den Leidenden und Einsamen, den Fernen und sogar denen, die uns feindlich gesinnt sind, nahe sein können? Das ist die Konkretheit des Glaubens, das ist es, was zählt.
Und nun lasst uns Maria bitten, dass sie uns helfe, uns geliebt zu fühlen und uns Nähe und Vertrauen zu vermitteln.
Nach dem Angelus verwies der Papst zunächst auf das Bootsunglück vor Griechenland und erwähnte dann die Opfer eines Anschlags in Uganda. Er sagte:
Ich bete auch für die jungen Schüler, die Opfer des brutalen Angriffs auf eine Schule im Wes-ten Ugandas wurden. Dieser Kampf, dieser Krieg überall…
Lasst uns für den Frieden beten!
Ich grüße euch alle, die Römer und die Pilger aus Italien und vielen anderen Ländern, besonders die Gläubigen aus Florida und München. Ich grüße die Schulen »Hl. Johannes Paul II.« aus Oppeln (Polen) und »Hl. Philip Neri« aus London.
Ich grüße auch die Gruppen aus Zogno,
Guardiagrele und Poggiomarino sowie die Schule »Rosario Scardigno« aus Molfetta. Mein Gruß gilt auch den Schwestern des Instituts »Maria Santissima Bambina«, die beim Angelus zuschauen [Die Schwestern, die gerade ihr Generalkapitel abhielten, standen auf der Dachterrasse ihres Hauses, das dem Apostolischen Palast gegenüber liegt. Auf dem Weg vom Krankenhaus in den Vatikan hatte der Papst am 16. Juni dort einen kurzen Stopp eingelegt ].
Beten wir weiter für die Menschen in
der gequälten Ukraine – vergessen wir sie nicht! –, die so sehr leidet.
Euch allen wünsche ich einen schönen Sonntag und vergesst bitte nicht, für mich zu beten. Gesegnete Mahlzeit und auf Wiedersehen!