Das Wort Gottes zeigt uns heute den Heiligen Geist in Aktion. Wir sehen ihn dreifach wirken: in der Welt, die er geschaffen hat, in der Kirche und in unseren Herzen.
1. Zuallererst in der Welt, die er geschaffen hat, in der Schöpfung. Von Anfang an ist der Heilige Geist am Werk: »Du sendest deinen Geist aus: Sie werden erschaffen«, haben wir im Psalm gebetet (104,30). Er ist in der Tat creator Spiritus (vgl. Augustinus, In Ps., XXXII,2,2), Schöpfergeist: So hat ihn die Kirche seit Jahrhunderten angerufen. Aber, so können wir uns fragen, was tut der Geist bei der Erschaffung der Welt? Wenn alles vom Vater ausgeht, wenn alles durch den Sohn geschaffen wird, was ist dann die besondere Rolle des Geistes? Ein großer Kirchenvater, der heilige Basilius, schrieb: »Wenn man versucht, den Geist aus der Schöpfung zu entfernen, geraten alle Dinge durcheinander und ihr Leben erscheint ohne Gesetz und ohne Ordnung« (Spir., XVI,38). Das ist die Rolle des Geistes: Er ist derjenige, der am Anfang und zu allen Zeiten die geschaffene Wirklichkeit von der Unordnung zur Ordnung, von der Zerstreuung zur Zusammengehörigkeit, vom Durcheinander zum Einklang übergehen lässt. Wir werden diese Art zu wirken immer im Leben der Kirche sehen. Er verleiht der Welt, mit einem Wort, Harmonie; »den Lauf der Zeiten leitet und das Antlitz der Erde erneuert« er auf diese Weise (Gaudium et spes, 26; Ps 104,30). Er erneuert die Erde, aber Vorsicht: nicht indem er die Wirklichkeit verändert, sondern indem er sie in Einklang bringt; das ist sein Stil, denn er ist in sich selbst Harmonie: Ipse harmonia est (vgl. Basilius, In Ps. 29,1), sagt ein Kirchenvater.
Es gibt heute in der Welt viel Zwietracht, viel Spaltung. Wir sind alle miteinander verbunden, und doch erfahren wir uns als voneinander getrennt, betäubt von Gleichgültigkeit und niedergedrückt von Einsamkeit. Viele Kriege, viele Konflikte: Das Böse, das der Mensch anrichten kann, scheint unglaublich! Doch in Wirklichkeit werden unsere Feindseligkeiten vom Geist der Spaltung genährt, vom Teufel, dessen Name so viel wie »Spalter« bedeutet. Ja, der böse Geist, der »die ganze Welt verführt« (Offb 12,9) ist es, der unserem Bösen, unserem Zerbröckeln, vorausgeht und es übersteigt. Er erfreut sich an Gegnerschaft, an Ungerechtigkeit, an Verleumdung, das ist seine Freude. Und angesichts des Übels der Zwietracht sind unsere Bemühungen nicht ausreichend, um Harmonie zu schaffen. Deshalb gießt der Herr auf dem Höhepunkt des Pascha-Geschehens, auf dem Höhepunkt der Erlösung, seinen guten Geist über alles Geschaffene aus, den Heiligen Geist, der sich dem Geist der Trennung entgegenstellt, weil er die Harmonie ist, Geist der Einheit, der Frieden bringt. Rufen wir ihn jeden Tag auf unsere Welt herab, auf unser Leben und angesichts jeder Art von Spaltung!
2. Außer in der Schöpfung sehen wir ihn in der Kirche am Werk, beginnend mit dem Pfingsttag. Wir bemerken jedoch, dass der Geist die Kirche nicht damit beginnen lässt, dass er der Gemeinschaft Anweisungen und Normen gibt, sondern dass er auf jeden einzelnen Apostel herabkommt: Jeder empfängt besondere Gnaden und unterschiedliche Charismen. All diese Vielfalt unterschiedlicher Gaben könnte Verwirrung stiften, aber der Geist liebt es, wie bei der Schöpfung, gerade von der Vielfalt aus Harmonie zu schaffen. Seine Harmonie ist keine aufgezwungene und standardisierte Ordnung, nein, in der Kirche gibt es eine Ordnung, »die nach der Vielfalt der Gaben des Geistes geordnet ist« (Basilius, Spir., XVI,39). Zu Pfingsten kommt der Heilige Geist nämlich in vielen Feuerzungen herab: Er gibt jedem die Fähigkeit, andere Sprachen zu sprechen (vgl. Apg 2,4) und die eigene Sprache von den anderen gesprochen zu hören (vgl. Apg 2,6.11). Er schafft also nicht eine für alle gleiche Sprache, er löscht nicht die Unterschiede, die Kulturen aus, sondern harmonisiert alles, ohne zu standardisieren, ohne zu vereinheitlichen. Und das sollte uns zu denken geben in dieser Zeit, in der die Versuchung der Rückwärtsgewandtheit alles in Disziplinen zu standardisieren sucht, die nur Schein sind, ohne Inhalt. Bleiben wir bei diesem Aspekt, beim Geist, der nicht mit einem strukturierten Projekt beginnt, wie wir es tun würden, die wir uns dann oft in unseren eigenen Programmen verlieren; nein, er beginnt, indem er ohne unser Verdienst überreiche Gaben spendet. Zu Pfingsten, so betont der Text, »wurden [alle] vom Heiligen Geist erfüllt« (Apg 2,4). Alle sind erfüllt, so beginnt das Leben der Kirche: nicht mit einem präzisen und ausgearbeiteten Plan, sondern mit der Erfahrung ein und derselben Liebe Gottes. Der Geist schafft auf diese Weise Harmonie, er lädt uns ein, über seine Liebe und seine Gaben zu staunen, die in anderen vorhanden sind. Wie der heilige Paulus uns gesagt hat: »Es gibt verschiedene Gnadengaben, aber nur den einen Geist. [...] Durch den einen Geist wurden wir in der Taufe alle in einen einzigen Leib aufgenommen« (1 Kor 12,4.13). Jeden Bruder und jede Schwester im Glauben als Teil desselben Leibes zu sehen, zu dem ich gehöre: Das ist der harmonische Blick des Geistes, das ist der Weg, den er uns weist!
Und die laufende Synode ist – und muss – ein dem Geist gemäßer Weg sein: nicht ein Parlament, in dem es darum geht, Rechte und Bedürfnisse nach der Agenda der Welt einzufordern, nicht eine Gelegenheit, dorthin zu gelangen, wohin der Wind uns trägt, sondern eine Gelegenheit, um dem Wehen des Geistes zu folgen. Denn im Meer der Geschichte segelt die Kirche nur mit Ihm, der »die Seele der Kirche« ist (Paul VI., Ansprache an das Kardinalskollegium anlässlich der Gratulation zum Namenstag, 21. Juni 1976), das Herz der Synodalität, der Antrieb der Evangelisierung. Ohne ihn ist die Kirche leblos, ist der Glaube nur eine Lehre, die Moral nur eine Pflicht, die Pastoral nur eine Arbeit. Manchmal hören wir sogenannte Denker, Theologen, die uns kalte Lehren vermitteln, die mathematisch zu sein scheinen, weil in ihnen der Geist fehlt. Mit ihm hingegen ist der Glaube Leben, die Liebe des Herrn erobert uns und die Hoffnung wird neu geboren. Machen wir den Heiligen Geist wieder zum Mittelpunkt der Kirche, ansonsten wird unser Herz nicht von der Liebe zu Jesus, sondern zu uns selbst entflammt. Machen wir den Heiligen Geist zum Prinzip und zur Mitte der synodalen Arbeit. Denn »vor allem ihn braucht die Kirche heute! Sagen wir also jeden Tag zu Ihm: Komm!« (vgl. Ders., Generalaudienz,
29. November 1972). Und lasst uns gemeinsam gehen, denn der Geist kommt, wie zu Pfingsten, besonders dann herab, wenn »alle zusammen sind« (vgl. Apg 2,1). Ja, um sich der Welt zu zeigen, hat er den Zeitpunkt und den Ort gewählt, wo alle zusammen waren. Um vom Geist erfüllt zu sein, muss das Volk Gottes also gemeinsam wandeln, eine Synode sein. So wird die Harmonie in der Kirche erneuert: indem wir gemeinsam gehen, mit dem Geist in der Mitte. Brüder und Schwestern, schaffen wir Harmonie in der Kirche!
3. Schließlich bewirkt der Geist Harmonie in unseren Herzen. Wir sehen das im Evangelium, wo Jesus am Osterabend die Jünger anhaucht und sagt: »Empfangt den Heiligen Geist« (Joh 20,22). Er schenkt ihn zu einem ganz bestimmten Zweck: um die Sünden zu vergeben, das heißt, um die Gemüter zu versöhnen, um die Herzen in Einklang zu bringen, die durch das Böse zerrissen, durch Wunden gebrochen und durch Schuldgefühle zerrüttet sind. Nur der Geist bringt wieder Einklang ins Herz, denn er ist es, der die »Vertrautheit mit Gott« bewirkt (Basilius, Spir., XIX,49). Wenn wir Harmonie wollen, müssen wir ihn suchen, keine weltlichen Lückenfüller. Lasst uns jeden Tag den Heiligen Geist anrufen, beginnen wir jeden Tag mit einem Gebet zu ihm, folgen wir ihm!
Und heute, an seinem Fest, wollen wir uns fragen: Folge ich der Harmonie des Heiligen Geistes? Oder verfolge ich meine Projekte, meine Ideen, ohne mich von ihm formen zu lassen, ohne mich von ihm verwandeln zu lassen? Ist meine Art, den Glauben zu leben, folgsam gegenüber dem Geist oder ist er stur? In starrer Weise an den Buchstaben festhaltend, an sogenannten Lehren, die bloß kalte Ausdrucksformen des Lebens sind? Bin ich vorschnell im Beurteilen, zeige ich mit dem Finger auf andere und schlage ihnen die Türen vor der Nase zu, indem ich mich als Opfer von allen und allem betrachte? Oder nehme ich seine harmonische Schöpferkraft an, nehme ich die »Gnade des Ganzen« an, die er einhaucht, seine friedensstiftende Vergebung? Und vergebe ich meinerseits? Vergebung bedeutet, Platz zu schaffen, damit der Geist kommen kann. Fördere ich Versöhnung und schaffe ich Gemeinschaft oder suche ich immer, stecke meine Nase dort hinein, wo es Schwierigkeiten gibt, um zu stänkern, zu spalten, zu zerstören? Vergebe ich, fördere ich Versöhnung, schaffe ich Gemeinschaft? Wenn die Welt gespalten ist, wenn sich die Kirche polarisiert, wenn das Herz sich zersplittert, dann sollten wir keine Zeit damit verlieren, andere zu kritisieren und uns über uns selbst zu ärgern, sondern den Heiligen Geist anrufen: Er ist in der Lage, diese Dinge zu lösen.
Heiliger Geist, Geist Jesu und des Vaters, unerschöpfliche Quelle der Harmonie, dir vertrauen wir die Welt an, dir weihen wir die Kirche und unsere Herzen. Komm, Schöpfergeist, Harmonie der Menschheit, erneuere das Antlitz der Erde. Komm, du Gabe aller Gaben, Harmonie der Kirche, lass uns in dir geeint sein. Komm, Geist der Vergebung, Harmonie des Herzens, verwandle uns, durch Maria, so wie du es vermagst