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FRAUEN KIRCHE WELT

Geschichte
Der weibliche Zweig des Malteserordens

Klosterfrauen und Damen, aber nicht mehr nach gesellschaftlichem Stand unterschieden

 Monache e dame  ma non più per censo    DCM-006
03. Juni 2023

Die Geschichte der militärischen Orden - Malteserritter, Templerorden, Deutscher Orden - versetzt uns an einen weit entfernten, scheinbar unergründlichen Horizont. Man fragt sich, wie es möglich war, dass es unter Ordensleuten Kategorien von »Mönchen in Waffen« geben konnte. Waren das wirklich Ordensbrüder, die da kämpften – und folglich töteten -, um Gott zu dienen? Man stellt sich eine monochrome, einfarbige Welt vor, Männer hoch zu Ross mit Kreuzzeichen auf den Gewändern, gezückten Schwertern und Angriffe auf Burgen, galoppierende Rösser und stets eingelegte Lanzen.

Aber die historische Wirklichkeit ist sehr viel komplexer, als es uns literarische und filmische Rekonstruktionen glauben machen wollen. Und ein bedeutsamer Aspekt dieser Komplexität hängt zusammen mit der Präsenz von Frauen in eben diesen Orden, einer wenig bekannten Präsenz, insofern man einerseits dazu neigt, die militärische Funktion dieser Orden zu betonen und andererseits ihre seelsorgerische und soziale Funktion in den Hintergrund zu schieben, die allerdings gerade das grundlegende Element ist, das hinter der Gründung der »Ritterorden« steckt.

Die Präsenz von Frauen charakterisiert insbesondere die Geschichte des Johanniter- bzw. Hospitaliterordens (Orden vom Hospital des Heiligen Johannes zu Jerusalem), der zur Zeit der Kreuzzüge entstand und heutzutage gemeinhin unter dem Namen Malteserorden bekannt ist. Sein Hauptquartier, das den Namen »Konvent« trug, zog im Laufe der Jahrhunderte vom Heiligen Land nach Zypern um, dann nach Rhodos und schließlich nach Malta und schließlich nach Rom, wo in der Via dei Condotti der Magistralpalast seinen Sitz hat. Jerusalemritter, Johanniter, Hospitaliter, Ritter von Rhodos, dann Malteserritter: sie alle sind im weitesten Sinn Synonyme, haben auf die eine oder andere Art mit der tausendjährigen Geschichte des Ordens zu tun. Es handelt sich hier allerdings um Deklinationen, die die Konstruktion einer frauenfeindlichen Identität begünstigt haben, die erst in den letzten Jahrzehnten korrigiert wurde.

In den Anfangszeiten dieser Geschichte gab es ein Zwillingskloster, das nur wenige Schritte von der Grabeskirche in Jerusalem entfernt stand. Es beheimatete ein Männerkloster, das St. Maria Latina geweiht war, und ein Frauenkloster, das St. Maria Magdalena hieß. Die Klöster, die flankiert waren von einem Hospiz für Pilger und Bedürftige jeder Art, hatten dank der finanziellen Unterstützung einiger Kaufleute aus der Stadt Amalfi errichtet werden können, die sich zu der Zeit zu geschäftlichen Zwecken im Orient aufhielten. St. Maria Magdalena wurde von Agnes geleitet, einer römischen Äbtissin, von der nur der Name überliefert ist.

Bald verselbständigte sich der Hospitaliterorden des heiligen Johannes und entwickelte sich mithilfe der Unterstützung des Papsttums und zahlreicher Schenkungen von Gläubigen, die seine zweifache Tätigkeit finanzierten: die Verteidigung des Glaubens und die Unterstützung der Bedürftigen. Vom Hospital des Heiligen Johannes zu Jerusalem hingen weitere Hospize, Häuser, Ländereien und Besitzungen jeder Art ab. Die Schenkungen ergingen gewöhnlich an die fratres des heiligen Johannes. In Wirklichkeit werden die Johanniter in Ordensleute, Militärbrüder (Ritter und Sergeanten), Sergeantenbrüder und Spender, sowie sorores (Schwestern) unterschieden. Aus Gründen der Zweckmäßigkeit wurde bereits am Ende des 12. Jahrhunderts beschlossen, den Ordensfrauen den Zutritt zu den Häusern und Hospizen des Ordens, wo sie bis dahin auch praktische und krankenpflegerische Aufgaben erfüllt hatten, zu verwehren. Die Ordensfrauen wurden angewiesen, sich dem kontemplativen Leben zu widmen. Es ist in der Tat kein Zufall, dass die Ordensregel der Hospitaliter, die nach und nach durch neue Regelungen in den Statuten ergänzt wurde, sich zu ihnen ausschwieg.

Die Frauenklöster des Ordens verbreiteten sich in Italien, Spanien, Portugal, Großbritannien, Frankreich, Dänemark, Holland, Griechenland und Malta, um den Johanniterinnen eine neue Heimat zu geben. Die ersten von ihnen entstanden in den Achtzigerjahren des 12. Jahrhunderts: Heinrich II., König von England, wollte, dass sich die Johanniterinnen, die zuvor über das ganze englische Staatsgebiet verstreut waren, in Buckland (Buckland Priory, auch bekannt als Minchin Buckland Preceptory bzw. Buckland Sororum) niederließen; Sancha von Kastilien, Gattin des Königs Alfons II. von Aragona, gründete das Königliche Kloster Santa María de Sigena (oder Sixena); in Pisa gab es das erste Frauenkloster in Italien, wo die heilige Ubaldesca Taccini im Geist der Buße wirkte und sich der Pflege der kranken Nonnen widmete. Die Frauenklöster waren unabhängig von den domibus der Männer. Sowohl die einen als auch die anderen waren feste Bestandteile der territorialen Strukturen des Ordens, der sich auf Provinzebene in Priorate unterteilte, die sich ihrerseits zu Komtureien zusammengruppierten.

Die Einzigartigkeit von Sigena ergab sich aus der Tatsache, dass das Kloster und die Komturei, die domus der Männer eingeschlossen, von der Priorin verwaltet wurden. Das Kloster von Sigena gab sich sofort eine integrative eigene Regel (1187), verfasst von Erzdiakon Ricardo, der dann Bischof von Huesca werden sollte. Dieser Regel folgten, entgegen der lange vorherrschenden Meinung, die anderen Johanniterklöstern nicht, aber Sigena wurde schließlich in gewisser Weise zu einer Referenz. Es wurde als aristokratisches Kloster eingerichtet, nicht nur, weil dort die Grablegen der Gründerin Sancha und ihres Sohnes, des Königs Peter II. von Aragon, waren und immer noch sind, sondern auch, weil die dominae sorores, die täglich für ihre Wohltäter beteten, obligatorisch aus den großen Familien des Königreichs stammen mussten. Die Reinheit des Blutes. Es gab dort dann auch noch die sogenannten puellae, die, mit einer beträchtlichen Mitgift ausgestattet, betagten Nonnen zur Erziehung anvertraut wurden. Blanca von Aragon, Tochter des Königs Jakob II., trat im Alter von fünf Jahren in das Kloster ein. Das Kloster von Sigena geriet ab dem 19. Jahrhundert in die Krise. Die Desamortisation – d.h. die Beschlagnahmung der kirchlichen Güter – und der Spanische Bürgerkrieg 1936-39 fügten ihm schweren Schaden zu. Darauf erlaubte eine päpstliche Bulle den Nonnen, auf die im Statut festgeschrieben Forderung der Herkunft aus dem Adel zu verzichten, auch wenn bereits von Anfang an nichtadelige Laiinnen und Professschwestern in der Umgebung des Klosters gelebt hatten, die mit den niedrigsten Arbeiten betraut zu werden pflegten. Andererseits wurden Fälle wie die der heiligen Flora von Beaulieu und der heiligen Toscana, die in Verona verehrt wurde, als Vorbilder herangezogen, um an das Vorbild derjenigen zu erinnern, die, von adliger Herkunft, in den Orden eingetreten waren, um sich demütig den Pflichten der Fürsorge zu widmen.

Die Geschichte der Johanniterinnen ist kein abgeschlossenes Kapitel. Auch wenn es zutrifft, dass Sigena in den 1980er-Jahren endgültig aufgegeben wurde, so beherbergt doch das Kloster St. Orsola in Valletta (Malta) auch heute noch etwa 20 Klausurnonnen. Die Nonnen in Malta blieben auf der Insel, als Napoleon Bonaparte 1798 die Johanniter ausweisen ließ. Heute leben sie von den Opfergaben der Gläubigen und zeigen eine große Verbundenheit mit der Geschichte des Ordens, auch weil sie die Reliquien seines Gründers, des seligen Gerhard, aufbewahren, der zur Zeit des Ersten Kreuzzugs lebte. In Spanien widersteht der Schockwelle der Moderne auch der Trupp der Johanniter aus dem Königlichen Kloster von Zamora, der aufgrund des Rückgangs der Berufungen seit einigen Jahren die zönobitische Erfahrung mit den ortsansässigen Unbeschuhten Karmelitinnen teilt, und vor allem aber auch die Gemeinschaft von Salinas de Añana, die bezeichnenderweise den Namen San Juan de Acre (St. Johannis von Akkon) führt. Acre bzw. Akkon, im heutigen Israel gelegen, war das letzte Bollwerk der Kreuzfahrer, die letzte christliche Stadt, die vor dem unaufhaltbaren muslimischen Vormarsch die Waffen streckte.

Heute gehören dem Malteserorden Damen aus dem Zweiten (Damen in Obödienz) und Dritten Stand an, der aus Ordensmitgliedern aus dem Laienstand gebildet wird, die weder Gelübde noch Profess abgelegt haben, aber gemäß den Normen der Kirche leben und bereit sind, sich für die Ziele des Ordens einzusetzen, in erster Linie durch die Organisation von Pilgerfahrten und die Unterstützung der Kranken. Durch die unlängst erfolgten Reformen seiner Verfassung hat der Orden die Bedeutung der Präsenz von Frauen formell anerkannt und ihnen auch das Stimmrecht für die Wahl des Großmeisters zugestanden.

Von Giuseppe Perta
Dozent für Mittelalterliche Geschichte an der Universität »Suor Orsola Benincasa« in Neapel