Die Weltunion katholischer Frauenverbände (WUCWO) hat vom 14. bis 20. Mai in Assisi ihre Vollversammlung abgehalten. Ein Studientag war dem Thema »Frauen in der Kirche« gewidmet. Der Hauptteil der Arbeiten galt der Erneuerung der Statuten. Gewählt wurde auch die neue Präsidentin des Dachverbandes. Es ist die Mexikanerin Monica Santamarina, bislang Schatzmeisterin. Zum Auf-takt der Versammlung hatte der der Papst die Teilnehmerinnen im Vatikan in Audienz empfangen und die folgende Ansprache gehalten:
Herzlich heiße ich euch und alle, die diese Übertragung über die Medien verfolgen, willkommen. Als Frauen und Mitglieder der Weltunion katholischer Frauenverbände seid ihr mit Familienangehörigen aus verschiedenen Teilen der Welt gekommen, um euch von einer kirchlichen Gesinnung prägen zu lassen und mit größerer Begeisterung in eure Herkunftsorte zurückkehren zu können. Allen gilt mein sehr herzlicher Gruß. Ich danke für die Wortbeiträge, die mir vorausgegangen sind und die eure Arbeit sowie die von euch ins Leben gerufenen Initiativen vorgestellt haben. Danke.
Mit eurer Anwesenheit hier möchtet ihr euch auf die Vollversammlung vorbereiten, die ihr in der kommenden Woche in Assisi abhalten werdet. Ihr alle könnt dies tun, indem ihr die Delegierten mit eurem Gebet begleitet, damit sie sich vom Heiligen Geist erleuchten lassen und dies eine Gelegenheit sein möge, euren missionarischen Impuls zu erneuern, indem ihr den Ursprungsprinzipien folgt, welche die Gründerinnen der Union geleitet haben. Und zugleich mögt ihr mit einem für die Welt offenen Auge und Herzen in die Zukunft blicken, um die Klage so vieler Frauen in der Welt zu hören, die Ungerechtigkeit, Verlassenheit, Diskriminierung, Armut oder mit bestimmten Prozeduren eine unmenschliche Behandlung von Kindesbeinen an erleiden. Das von euch eingerichtete »World Women’s Observatory (WWO)« wird euch Hinweise geben, um die Nöte zu erkennen und »Samariterinnen« sein zu können, Weggefährtinnen, die Hoffnung und Zuversicht in den Herzen wecken, indem sie dazu beitragen, die vielen körperlichen und geistigen Nöte der Menschheit selbst zu lindern und auch andere dazu anregen. Heute ist es dringend notwendig, in der Welt den Frieden zu finden, einen Frieden, der vor allem im Herzen beginnt, einem kranken Herzen, das von der Spaltung des Hasses und der Bitterkeit zerrissen wird. Neben dem Frieden ist auch die anthropologische Identität der Frau in Gefahr, denn sie wird als Mittel gebraucht, als Argument in politischen Diskussionen und kulturellen Ideologien, die die Schönheit ignorieren, mit der sie geschaffen wurde. Es ist notwendig, ihre Fähigkeiten zu Beziehung und Hingabe mehr wertzuschätzen, und ebenso ist es notwendig, dass die Männer besser den Reichtum der Reziprozität verstehen, die sie von der Frau empfangen, um jene anthropologischen Elemente wiederzugewinnen, die für die menschliche Identität charakteristisch sind, und mit ihnen jene der Frau und ihrer Rolle in Familie und Gesellschaft, wo sie weiterhin das pulsierende Herz ist. Und wenn wir wissen wollen, was die Menschheit ohne die Frau ist, was der Mann ohne die Frau ist, dann sehen wir dies auf der ersten Seite der Bibel: Einsamkeit. Der Mann ist ohne die Frau allein. Die Menschheit ist ohne die Frau allein. Eine Kultur ohne die Frau ist allein. Wo die Frau nicht ist, dort ist Einsamkeit, öde Einsamkeit, die Traurigkeit verursacht und alle Arten von Schaden für die Menschheit. Wo die Frau nicht ist, dort ist Einsamkeit.
Heute ist der Gedenktag der Jungfrau Maria, die den Hirtenkindern von Fatima erschienen ist – und auch heute bin ich sehr traurig, weil im Land, in dem die Jungfrau erschienen ist, ein Gesetz verabschiedet wird, um zu töten, ein weiterer Schritt in der langen Liste der Länder mit Euthanasie –, heute also, im Gedenken an die Jungfrau, wollen wir auf Maria als Vorbild der Frau schlechthin blicken, die in Fülle eine Gabe und Aufgabe lebt: die Gabe der Mutterschaft und die Aufgabe, für ihre Kinder in der Kirche zu sorgen. Auch ihr als Frauen besitzt diese Gabe und diese Aufgabe, in jedem Bereich, in dem ihr präsent seid, im Wissen, dass diese Bereiche ohne euch einsam sind. Es ist nicht gut, dass der Mann allein ist, daher die Frau. Maria lehrt euch, Leben zu schenken und es immer zu beschützen, indem ihr mit den anderen in Beziehung tretet, ausgehend von der Zärtlichkeit und dem Mitleid und indem ihr drei Sprachen vereint: die Sprachen des Geis-tes, des Herzens und der Hände, die übereinstimmen müssen. Was der Kopf denkt, muss das Herz fühlen und müssen die Hände tun. Was das Herz fühlt, muss im Einklang sein mit dem, was man im Kopf denkt und was die Hände tun. Was die Hände tun, muss im Einklang sein mit dem, was man fühlt und was man denkt. Wie ich bereits bei anderer Gelegenheit gesagt habe, glaube ich, dass die Frauen diese Fähigkeit haben, zu denken, was sie fühlen; zu fühlen, was sie denken und tun; und das zu tun, was sie fühlen und denken. Ich ermutige euch, weiterhin diese Sensibilität im Dienst an den anderen einzusetzen.
Ich möchte nochmals auf Fatima zurückkommen, wo eine gütige und lichtvolle Frau inmitten der Stille und Einsamkeit der Felder drei armen, einfachen Kindern begegnete. Wie in allen großen Dingen, die Gott tut, zeichnet sich das Szenarium durch Armut und Demut aus. In jenen Hirtenkindern sind auch wir vertreten – die gesamte Menschheit –, schwach und klein, und wir könnten sogar sagen, ein wenig verwirrt und verängstigt angesichts der Ereignisse, die sich im Leben präsentieren und die wir zuweilen nicht verstehen, weil diese Ereignisse uns übersteigen und in eine Krise führen.
In diesem von Schwachheit gekennzeichneten Kontext muss man sich die Frage stellen: Was hat Maria stark gemacht? Was hat den Hirtenkindern die Kraft geschenkt, das zu tun, worum sie die Jungfrau gebeten hat? Was ist das Geheimnis, das jene Schwachen und Kleinen in authentische Zeugen der Freude des Evangeliums verwandelt hat? Liebe Schwestern, das Geheimnis jeder Jüngerschaft und der Bereitschaft zur Mission liegt in der Pflege dieser Einheit, einer inneren Einheit mit dem »süßen Gast der Seele«, der uns immer begleitet: der Liebe zu Gott, mit ihm vereint bleiben wie die Reben am Weinstock (vgl. Joh 15,1-11), um wie Maria die Fülle des Frauseins zu leben, im Bewusstsein, sich erwählt zu wissen und Protagonistinnen im Heilswerk Gottes zu sein.
Aber das allein reicht nicht aus. Diese innere Einheit mit Jesus muss nach außen sichtbar sein, muss sich zeigen im Bleiben in der Gemeinschaft mit der Kirche, mit meiner Familie oder meiner Organisation, die mir helfen, im Glauben zu wachsen. Das ist es, was all unseren Initiativen Wert verleiht. Man muss die Werke »beten« und das Gebet »wirken«. Auf diese Weise werden wir im Einklang mit der Sendung der ganzen Kirche sein. Und das ist auch das Wesen der Synodalität, das uns spüren lässt, Protagonisten zu sein, und mitverantwortlich für das »Wohlergehen« der Kirche, um Unterschiede integrieren zu können und in kirchlicher Harmonie zu arbeiten.
Ich danke euch für alles, was ihr tut, und ermutige euch, mit Begeisterung eure Projekte und Aktivitäten zugunsten der Evangelisierung fortzusetzen und dabei der Stimme des Heiligen Geistes zu folgen, fügsam für die inneren Berührungen. Jesus segne euch und die Jungfrau behüte euch und eure Familien. Ich bete für eine fruchtbare Versammlung, seid klar im Reden, diskutiert, streitet ein wenig, denn das tut gut, das wird euch vorankommen lassen. Und ich bitte euch, mich weiter mit eurem Gebet zu begleiten. Danke.
(Orig. span.; ital. in O.R. 13.5.2023)