· Vatikanstadt ·

Audienz für die Teilnehmerinnen an der Vollversammlung der Union der Generaloberinnen Italiens

Frauen als Zeuginnen des Auferstandenen

 Frauen als Zeuginnen des Auferstandenen  TED-021
26. Mai 2023

Liebe Schwestern in Christus!

»Friede sei mit euch!« Das sagte der Herr zu den Frauen: Friede sei mit euch. Ich danke der Präsidentin für ihre Worte im Namen von euch allen.

In diesen Tagen seid ihr zu eurer 70. Vollversammlung zusammengekommen, die sich vom Thema »Auf dem synodalen Weg. Frauen als Zeuginnen des auferstandenen Herrn« leiten lässt. Die Zahl 70 verweist bereits auf einen schönen, gemeinsam gegangenen Weg! Dafür müssen wir dem Herrn danken, dass ihr als Organisation nicht in Rente gegangen seid: Danken wir dem Herrn vielmals!

Ich möchte drei Aspekte betonen, die dieses Thema nahelegt.

Zunächst: Frauen als Zeuginnen des Auferstanden. Die ersten Zeugen der Auferstehung des Herrn waren gerade die Frauen, die Jüngerinnen, die uns mit ihrem Mut stets neu daran erinnern, dass »Jesus Christus auch die langweiligen Schablonen durchbrechen kann, in denen wir uns anmaßen, ihn gefangen zu halten, und [er] überrascht uns mit seiner beständigen göttlichen Kreativität«. »Christus ist das ›ewige Evangelium‹ (Offb 14,6) und »sein Reichtum und seine Schönheit sind unerschöpflich« (Apostolisches Schreiben Evangelii gaudium, 11). Diese mutigen Frauen haben sich überraschen und von der Kraft und vom Licht des Auferstandenen in Bewegung setzen lassen, und sie haben sich auf den Weg gemacht, um ihn zu suchen. Sie waren sich bewusst, wie wichtig es war, den lebendigen Herrn im Herzen zu tragen. Ihre Haltung erinnert uns daran: Wenn wir den Mut haben, »zur Quelle zurückzukehren und die ursprüngliche Frische des Evangeliums wiederzugewinnen, tauchen neue Wege, kreative Methoden, andere Ausdrucksformen, aussagekräftigere Zeichen und Worte reich an neuer Bedeutung für die Welt von heute auf« (ebd.).

Es ist interessant, wenn es vorkommt, dass gesagt wird: »Was sollen wir jetzt in dieser Situation tun?« – »Wir wollen ein wenig beten und sehen, was der Herr uns im Evangelium sagt…« Und von dort kommt dann die Inspiration, von dort entsteht ein neuer Weg, und zuweilen geschieht es, dass ein Orden Entscheidungen trifft, die schrecklich zu sein scheinen, aber nein, das kommt vom Herrn! Immer mutig vorangehen, den Herrn suchen, das, was er uns heute sagt. Nicht das, was er uns gestern gesagt hat, das überlasst den Schwestern von gestern, sondern das von heute. Sicher, jedes eurer Ordensinstitute hat sein eigenes Charisma, und das ist der Geist, in dem ihr die Frage stellen wollt, in jenem Geist der Gründer, den ihr im Herzen tragt, stellt ihr heute die Frage: »Herr, was muss ich heute tun? Was müssen wir tun?« Und die Frauen können das gut, sie wissen neue Wege zu finden. Sie verstehen es, zu geben… Sie sind mutig.

Freude der Begegnung

Der zweite Aspekt: auf dem synodalen Weg. Das Evangelium sagt an anderer Stelle: Die Frauen »eilten zu seinen Jüngern, um ihnen die Botschaft zu verkünden« (Mt 28,8). Jemand, der schlecht denkt, könnte sagen: »Zum Klatschen und Tratschen sind sie geschickt worden.« Nein, nein. Sie eilten, um etwas zu verkünden, das ist kein Klatsch: das ist etwas ganz anderes. Die Gegenwart Jesu verschließt uns nicht in uns selbst, sie drängt uns zur Begegnung mit den anderen und zur Entscheidung, mit den anderen auf dem Weg zu sein. Diese Frauen haben sich weder entschieden, die Freude der Begegnung nur für sich zu behalten, noch dafür, den Weg alleine zu gehen: Sie haben entschieden, den Weg gemeinsam mit den anderen zu gehen. Denn gerade die Frau hat die Eigenschaft, großherzig zu sein. Das ist so. Ja, zuweilen gibt es eine, die neurotisch ist, aber das passiert ein wenig überall, nicht wahr? Aber die Frau ist diejenige, die Leben schenkt, Wege öffnet, andere einbezieht… Gemeinsam auf dem Weg sein: Sie haben beschlossen, den Weg gemeinsam zu gehen. Denken wir immer daran: »Um ›gemeinsam zu gehen‹ ist es erforderlich, dass wir uns vom Geist zu einer wirklich synodalen Haltung erziehen lassen, um mit Mut und Freiheit des Herzens in einen Prozess der Bekehrung einzutreten«, denn »die Synodalität [stellt] für die Kirche, die dazu aufgerufen ist, sich unter der Wirkung des Heiligen Geistes und dank des Hörens auf das Wort zu erneuern, einen Königsweg dar«1.

Manchmal bekomme ich es etwas mit der Angst zu tun, wenn wir vom synodalen Geist sprechen, und sofort denkt man: »Jetzt muss ich das ändern und das und das auch noch…« Und wir verschließen uns wieder, nur auf andere Weise. Nein. Der Weg im synodalen Geist bedeutet zuhören, beten und gehen. Dann wird der Herr uns die Dinge sagen, die wir tun müssen. Das habe ich bei einigen Vorschläge gesehen: »Jetzt müssen wir diese Entscheidung treffen, das, das und das…« Nein, das ist kein synodaler Weg. Das ist ein »Parlament«. Vergessen wir nicht, dass es der Heilige Geist ist, der den synodalen Prozess »macht«: Er ist das Haupt des synodalen Weges. Er ist der Protagonist. Und die Frauen gehen in dieser Dynamik mit den Hirten voran; auch wenn ihr euch oft nicht wertgeschätzt und unverstanden fühlt, seid ihr bereit zum Zuhören, zum Dialog, zum gemeinsamen Entwerfen von Projekten. Offen sein, mit der Gnade des Heiligen Geistes.

Und der dritte Aspekt: Säerinnen der Hoffnung. Heute fehlt es uns an dieser kleinen, demütigen Tugend, der Hoffnung, sie fehlt uns sehr. Wir haben weltliche Versionen: Optimismus, hohen gesunden Menschenverstand… Nein, die Hoffnung, die kleinste, aber stärkste Tugend, jene, die nicht enttäuscht, die niemals enttäuscht. Und ihr müsst Säerinnen der Hoffnung sein, was nicht dasselbe ist wie Säerinnen von Optimismus, nein, von Hoffnung. Das ist etwas anderes. Die Begegnung mit dem auferstandenen Jesus erfüllt mit Hoffnung, »das schließt ein, das Ferment Gottes inmitten der Menschheit zu sein«. Mit anderen Worten: »Es bedeutet, das Heil Gottes in dieser unserer Welt zu verkünden und es hineinzutragen in diese unsere Welt, die sich oft verliert, die es nötig hat, Antworten zu bekommen, die ermutigen, die Hoffnung geben, die auf dem Weg neue Kraft verleihen« (Apostolisches Schreiben Evangelii gaudium, 114). »Herausforderungen sind da, um sie zu meistern«: die geringe Zahl an Berufungen, die Interkulturalität der Gemeinschaften des gottgeweihten Lebens, das Problem der Werke (aber die Werke sind nicht das Charisma, aufgepasst!). Zuweilen sehen wir, dass jemand in Bezug auf die Werke nicht gut endet, als Sklaven der Werke, ohne die Freiheit, die der Heilige Geist gibt, um voranzugehen. Schwestern, bleibt der Berufung treu, weil der Herr treu ist. Berufung, treue Antwort und Hoffnung, vorangehen mit Hoffnung. »Seien wir realistisch, doch ohne die Heiterkeit, den Wagemut und die hoffnungsvolle Hingabe zu verlieren!« (ebd., 109). Eure zahlreichen Projekte sprechen von dieser Hingabe voller Hoffnung. Setzt diesen Weg fort! Die Hoffnung ist sehr wichtig, um voranzugehen.

Nun haben wir drei Schritte der Zeuginnen des Auferstandenen gesehen. Wenn eine Gottgeweihte nicht den Auferstandenen bezeugt, dann ist es dort mit ihrem Leben zu Ende. Zweitens, der synodale Weg, hören, die Wirklichkeit anschauen, die Wirklichkeit berühren, nicht »im Weltall schweben«. Und das ist das dritte: Säerinnen der Hoffnung. Liebe Schwes-tern, ich habe mich vom Thema eurer Vollversammlung inspirieren lassen und mir dabei erlaubt, es ein wenig auf den Kopf zu stellen, um euch abschließend zu sagen, dass der Herr euch beruft, mit neuer Begeisterung »Zeuginnen des Auferstanden, auf dem synodalen Weg und Säerinnen der Hoffnung« zu sein.

Der synodale Prozess besteht nicht darin, Antworten zu haben und Entscheidungen zu fällen. Der synodale Prozess ist ein Gehen, ein Hören – Hören! –, zuhören und vorangehen. Der synodale Prozess ist kein Parlament; der
synodale Prozess ist keine Sammlung von Meinungen. Der synodale Prozess bedeutet, unter der Führung des Heiligen Geistes, der der Protagonist der Synode ist, auf das Leben zu hören. Und ihr sollt diesen Weg mit neuer Begeis-terung gehen, als Zeuginnen des Auferstandenen.

Ich segne euch von Herzen und vertraue eine jede von euch und alle Gottgeweihten, die ihre Mission in Italien leben, dem Herrn und der allerseligsten Jungfrau Maria an, auf dass sie in Kirche und Welt Zeuginnen sein mögen.

Offenheit für den Heiligen Geist

Ganz zuletzt möchte ich noch etwas sagen: aufzupassen auf die Krankheiten des geweihten Lebens, denn es gibt sie. Ich möchte eine hervorheben, die allem entgegensteht, was wir hier gesagt haben: die Bitterkeit. Dieser Geist der Bitternis im Inneren. Bitter. Den Blick immer nur auf die Schwierigkeiten gerichtet halten, immer dem »Ja, aber…« ein Denkmal setzen, immer wiederholen, dass die Dinge nicht in Ordnung sind… Aber die Bitterkeit ist der Likör des Teufels: Der Teufel kocht darin, mit diesem Likör. Ich spreche nicht vom Optimismus: Optimismus ist etwas Psychologisches. Ich spreche von Hoffnung, von der Offenheit für den Heiligen Geist, und das ist theologisch, und eine Ordensberufung muss auf diesem Weg gehen. Aber wenn man den Essig statt des Zuckers pflegt, dann stimmt etwas nicht. Bitterkeit, Verbitterung des Herzens schadet sehr. Bitte, wenn ihr seht, dass es das in einer Gemeinschaft gibt oder bei einer Schwester, dann helft ihnen, aus dieser Situation herauszukommen. Helft melancholischen Menschen, aus der Situation herauszukommen, die immer denken: »Ach, früher war es besser! Heute geht es nicht gut, und hier und dort…« Das ist das Elixier des Teufels, diese Verbitterung, Likör der Bitterkeit. Bitte, nichts davon! Nur zulassen, dass es der Heilige Geist ist, der uns diese Süße schenkt, die eine geistliche Süße ist.

Ich wünsche euch alles Gute und habe eine Bitte an euch: Betet immer für mich, wie gewöhnlich. Denn diese Arbeit ist keineswegs leicht! Danke.

Fußnote

1 Vorbereitungsdokument für die XVI. Ordentliche Generalversammlung der Bischofssynode (7. September 2021), Nr. 9.

(Orig. ital. in O.R. 13.4.2023)