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Gedanken zum Sonntag - 28. Mai: Hochfest Pfingsten

Das erlösende »Ja« Gottes

 Das erlösende »Ja« Gottes  TED-021
26. Mai 2023

Es ist wohl der innigste Moment in der großen Johannespassion von Johann Sebastian Bach. Jene Stelle, an der Jesus am Kreuz stirbt. Gerade hat der Herr sein »Es ist vollbracht« gesprochen, da hält die biblische Erzählung für einen Augenblick an. Der Komponist tritt gleichsam aus der Szene heraus und steht vor dem Kreuz. Mit ihm blicken wir alle auf den Gekreuzigten. Dann hebt die Bassstimme zu einer wundervollen Arie an: »Mein teurer Heiland, lass dich fragen, (…) Ist aller Welt Erlösung da?«

Kann es sein, dass in diesem grausamen Ende ein heilvoller Anfang liegt? Der Betrachter findet von selbst im biblischen Bild die Antwort: »Du kannst vor Schmerzen zwar nichts sagen, doch neigest du das Haupt und sprichst stillschweigend: ja!« Im Neigen seines Hauptes, das im Tod kraftlos auf die Brust sinkt, gibt Jesus seinen Geist auf. Genauer gesagt übergibt Jesus seinen Geist in die Welt. Die Gabe des Heiligen Geis-tes als das endgültige und alles erlösende »Ja« Gottes zu seiner Schöpfung. Gott, der in Christus hinausgeht bis in die letzte Finsternis und Einsamkeit des Todes, führt alles heim, dorthin, wo sein Geist von Anfang an schon über allem schwebte. Pfingsten ist der fünfzigste Tag nach Ostern. Doch die biblischen Texte dieses hohen Festtages führen uns wiederum zurück ins Obergemach, in den Saal des letzten Abendmahles. Dort sind die Jünger versammelt. In Furcht und Sorge am Abend des Ostertages und im Gebet gemeinsam mit Maria am Pfingsttag. In beiden Erzählungen ist es die Gabe des Heiligen Geistes, die in ihnen die Erfahrung des Kreuzes vom alles verschließenden »Nein« zum befreienden »Ja« werden lässt. Ein »Ja«, das sie nicht mehr nur um sich und ihre Ängste kreisen lässt. Die Gabe des Geis-tes macht sie selbst zum »Ja«, macht sie selbst zu einer Gabe.

Das kommt in der Pfingsterzählung zum Ausdruck, wenn davon berichtet wird, dass Menschen aus aller Herren Länder die Apostel in ihrer eigenen Sprache Gottes große Taten verkündet hören. Der Mensch ist dem Menschen kein Rätsel, keine »Fremdsprache« mehr. Dort, wo wir uns vom Geist dessen verwandeln lassen, der am Kreuz sich selbst bis ins Letzte hinein geschenkt hat, werden wir selbst zum Geschenk füreinander. Damit liegt es an uns, es heute zu leben, was der Auferstandene zeitlos in seinem Geist gibt: Den Frieden und die Vergebung.

Michael Max,

Rektor des Päpstlichen Instituts

Santa Maria dell’Anima in Rom