Die Barmherzigen Schwestern vom Heiligen Kreuz unterstützen in Indien den Kampf gegen Menschenhandel

Freiheit für die Gefangenen und eine frohe Botschaft für die Armen

 Freiheit für die Gefangenen und  eine frohe Botschaft für die Armen  TED-018
05. Mai 2023

Im Jahr 2012 sind die Barmherzigen Schwestern vom Heiligen Kreuz in Indien dem Ruf gefolgt, sich direkt mit dem Elend der vom Menschenhandel Betroffenen zu befassen, und beteiligen sich jetzt aktiv an Projekten gegen Menschenhandel in ganz Indien.

»Das Reich Gottes ist ein Reich der Menschenrechte, der Gerechtigkeit, Gleichheit, Würde, des Mitleids und Friedens für alle. Heute sind wir aufgerufen, Sein Reich aufzubauen, besonders um ›die Zerschlagenen in Freiheit zu setzen und den Armen eine frohe Botschaft zu bringen‹ (vgl. Lk 4,18). In dieser Welt des tragischen und komplexen Missbrauchs von Frauen und Kindern (vor allem aus vulnerablen Schichten) ist dieser Handel ein obszöner Angriff auf ihre Würde und Rechte.«

So hat sich das Generalkapitel der Kongregation der Barmherzigen Schwestern vom Heiligen Kreuz im Jahr 2008 mit der Frage des Menschenhandels befasst, speziell mit dem Handel von Mädchen und Frauen. Die am Kapitel teilnehmenden Delegierten haben sich gemeinsam mit dem Problem auseinandergesetzt und nach Wegen gesucht, um dieser modernen Form der Sklaverei und schweren Verletzung der Menschenrechte entgegenzuwirken. Zur Koordinierung der Aktivitäten in der Kongregation bildeten sie ein Komitee am Generalat in Ingenbohl in der Schweiz, wo die Kongregation gegründet wurde.

Danach unternahm der Kongress der Oberinnen der Provinzen und Vikariate, der 2012 in Indien stattfand, einen Vorstoß hin zu gemeinsamen Initiativen. »Der Aufruf von Papst Franziskus, unsere Anstrengungen zusammenzulegen, um dieses Verbrechen zu beenden, hat unsere Bemühungen als Kongregation noch weiter verstärkt«, sagt Sr. Regina. »Bei der Erforschung des riesigen Problems des Menschenhandels stellte sich natürlich die Frage, welche Rolle wir bei der Vorbeugung eines solch ausgedehnten Netzwerks der organisierten Kriminalität spielen könnten. Da wir nur eine kleine Gruppe sind, wussten wir, dass wir unsere Kräfte mit anderen Gruppen, die schon in diesem Bereich aktiv waren, bündeln mussten.«

Kontaktaufnahme
an den Bahnhöfen

Die Einrichtung eines gemeinsamen Hauses in Delhi für die Mitglieder unterschiedlicher indischer Provinzen schien das Richtige zu sein. In der Stadt arbeiten zahlreiche NROs auf verschiedenen Ebenen: Vorbeugung, Befreiung, Resozialisierung, Wiedereingliederung. 2017 nahmen die Schwestern ihre Arbeit mit unterschiedlichen NROs unter der Leitung eines Nationalen Koordinators auf.

Zusammen mit diesen NROs bemühen sich die Schwestern, an den Bahnhöfen von Neu Delhi und Anand Vihar mit den Kindern dort Kontakt aufzunehmen. »Von sechs Uhr morgens bis sechs Uhr abends sind wir zu zweit unterwegs und suchen nach den Kindern«, erklärt Sr. Regina. »Manche sind aus irgendeinem Grund von zuhause ausgerissen; andere werden von Menschenhändlern gekauft für Kinderarbeit, Bettelei, ja sogar für Organhandel. Mädchen werden in die Stadt gelockt mit falschen Versprechen von guter Arbeit oder Heirat. Manche Teenager laufen von zuhause weg und kommen in die Stadt mit dem Traum eines glücklichen Familienlebens und mit nur ganz wenig oder gar keinem Geld.«

»Wir sehen die Zeichen, an denen diese Kinder zu erkennen sind; wir nähern uns ihnen behutsam und beginnen Gespräche mit ihnen«, sagt Sr. Regina weiter. »Wir gewinnen ihr Vertrauen und versuchen, Details zu ihrer Reise und Informationen über ihre Familien zu erfahren. Es erfordert viel Geduld und Zeit, sich die wahre Geschichte erzählen zu lassen. Wir geben ihnen Ratschläge und klären sie über Kinderhandel auf. Dann sprechen wir mit ihren Eltern, um herauszufinden, ob diese von der Reise ihres Kindes wissen. Wenn sie in der Stadt selbst oder in den Randbezirken leben, bringen wir die Kinder direkt zu ihren Eltern zurück, wenn nicht, lassen wir sie bei der Polizeistelle registrieren und danach medizinisch untersuchen. Dann werden sie in Aufnahmestellen untergebracht, während wir die Familie ausfindig machen. Für uns ist es eine große Genugtuung und Freude, wenn die Kinder wieder mit ihren Familien vereint sind. Bei den meisten Eltern fließen Tränen, wenn sie die gute Nachricht erhalten, dass ihr Kind bei uns in Sicherheit ist.«

Sr. Rajni leitet das »Holy Cross Asha Niwas Rehabilitation Centre« in Majhatoli, Jharkhand, das 2016 seine Türen öffnete. Die Schwestern organisieren Sensibilisierungsprogramme für Schüler, Studenten und andere Gruppen über die Folgen von Migration und Menschenhandel. In sechs Jahren haben sie 150 solche Programme abgeschlossen. Durch Hausbesuche können sich die Schwestern ein Bild davon machen, wie viele Menschen aus der Gegend weggezogen sind. »Im Migrationsprozess werden viele Leute Opfer von Menschenhandel und kehren jahrelang nicht heim. Manche Eltern wenden sich an uns und bitten uns um Hilfe bei der Suche nach ihren Töchtern, damit sie zurückgebracht werden können«, führt Sr. Rajni aus.

Die Schwestern bieten auch Unterkünfte für Mädchen an, die dort Schneidern und andere Einkommen generierende Tätigkeiten (wie Pilzzucht und Kerzenherstellung) erlernen können. »Bei uns finden sie ihr Selbstvertrauen wieder, und wenn ihre Familien bereit sind, sie wieder aufzunehmen, dann können sie nach Hause gehen«, erläutert
Sr. Rajni.

Hilfen für Mädchen
ohne Berufsausbildung

Sr. Teresa Dorjee und andere Schwestern arbeiten mit Analphabetinnen und Schulabbrecherinnen, aber auch mit einigen gebildeten Mädchen »aus den Teeplantagen und von den Hügeln«, erklärt Sr. Teresa. »Wir arbeiten hauptsächlich in der Vorbeugung und kümmern uns um arme Mädchen, die nach ihrer Schulausbildung oder sogar nach
dem College zuhause bleiben und am vulnerabels-ten sind. Sie sind die Zielscheibe von Menschenhändlern, die ihnen gute Jobs in den Großstädten versprechen. Und da diesen Mädchen keinerlei Berufsausbildung zugänglich ist und sie daher keinen guten Job bekommen, lassen sie sich gerne darauf ein und ziehen los.«

Die Schwestern liefern die finanzielle Unterstützung, damit diese Mädchen eine Berufsausbildung erhalten können, die dann zu einer Erwerbstätigkeit für die Familie führt. Kompliziertere Fälle erfordern spezifische Maßnahmen, darunter Kontakte mit der Polizei vor Ort, Besuche und Beratung für Opferfamilien und Mediation. Es hat sich inzwischen in der Gegend herumgesprochen: Wenn eine junge Frau oder ein Mädchen in Schwierigkeiten ist, werden die Schwestern versuchen, ihr zu helfen, wie immer es mög-lich ist.

#sistersproject

Von Sr. Margaret Sunita Minj