Auf den Spuren der Ordensgründerin Sr. Bernarda Heimgartner, die sich im 19. Jahrhundert für die Mädchenbildung einsetzte

Die im Menschen angelegten Begabungen fördern

 Die im Menschen angelegten Begabungen fördern  TED-017
28. April 2023

Sie hat den Menschen viel Hoffnung gebracht: Sr. Bernarda Heimgartner, deren
200. Geburtstag wir am 26. November 2022
feiern durften. Sie war die Gründerin der Schwestern vom Hl. Kreuz Menzingen. 1822 wurde sie in der deutschsprachigen Schweiz im Kanton Aargau geboren. Zusammen mit zwei Gefährtinnen gründete sie auf Initiative des Kapuziners Theodosius Florentini 1844 einen Lehrorden für Mädchenbildung: Damit hat sie Wesentliches zur Entwicklung der Rolle von Frauen beigetragen.

Anna Maria Heimgartner, die spätere Sr. Bernarda, hatte als Kind das Glück, an der heimatlichen Dorfschule in Fislisbach im Kanton Aargau lesen und schreiben zu lernen. Anna Maria war begabt und freute sich über dieses Privileg. Als der Kapuzinerpater Theodosius Florentini in den 1830er-Jahren die Idee hatte, eine Schwesterngemeinschaft für die Mädchenbildung zu gründen, war Anna Maria sofort dazu bereit. Florentini schickte sie 1839
zusammen mit zwei weiteren Gefährtinnen ins
klösterliche Pensionat »Maria Krönung« in Baden. Allerdings war die politische Situation sehr instabil und antikirchlich. »Maria Krönung« wurde wie die anderen Klöster aufgehoben. Die Ausbildung zur Lehrerin musste zunächst abgebrochen werden.

Doch Pater Theodosius förderte die jungen Frauen weiterhin. Sie setzten in Freiburg im Breisgau bei den Ursulinen ihre Studien fort und machten dann in Ribeauvillé (Rappoltsweiler) im Elsass das Noviziat. Die drei jungen Schwes-tern wollten die Art des Ordenslebens von Ri-beauvillé in der Schweiz implementieren: in kleinen Gruppen in die Dörfer zu gehen, um dort Schule zu halten. Ihr Plan sollte in Erfüllung gehen.

Schulerfolge in großer Armut

Der Dorfpfarrer von Menzingen im Kanton Zug beabsichtigte, eine Dorfschule nach dem Vorbild von Ribeauvillé zu errichten. Sr. Bernarda und ihre Gefährtinnen hatten im Oktober 1844 in Altdorf im Kapuzinerkloster bei Pater Theodosius ihre Gelübde abgelegt. Danach begannen sie in Menzingen. Bald wuchs die Schwesterngemeinschaft. Zu zweit oder dritt gingen die Schwestern in die Bergdörfer, um die Kinder an der Dorfschule zu unterrichten. Große Armut umgab sie. Sr. Bernarda Heimgartner als Leiterin ermutigte ihre Schwestern in ihrem Auftrag, Unterricht zu halten. Sie schrieb Briefe und besuchte sie. Die Dokumente zeigen es: bei Visitationen durch staatliche Behörden wurden die Schulerfolge der
Schwestern aus Menzingen stets sehr gelobt.

Die Schwestern waren geprägt von der katholischen Aufklärung. Sie wollten, dass Mädchen und Frauen durch Bildung gefördert werden, um das in ihnen angelegte Potential zu entwickeln. Anliegen der katholischen Aufklärung war es, Verstand mit Glauben zu verbinden. Dabei wurde auch der Umgang mit der Bibel gefördert.

Sr. Bernarda Heimgartner machte sich mit ihrer Arbeit nicht nur Freunde. Die Vertreter des katholischen Milieus, in dem ihre Schwestern vorwiegend arbeiteten, lehnten Bildung für
Mädchen ab. In ihren Augen sollten ihre Töchter und Frauen nur in der Familie wirken: Kinder bekommen und aufziehen, kochen, den Haushalt besorgen und für die Religion der Familie verantwortlich sein. Nicht nur Konservative lehnten Sr. Bernarda ab; die Liberalen verdächtigten sie, den Kindern lediglich Frömmigkeits-übungen beizubringen. Gleichwohl traten immer mehr junge Frauen dem Lehrorden bei. Am Gründungsort Menzingen wurde ein Lehrerinnenseminar errichtet, das jungen Frauen die Ausbildung zur Lehrerin ermöglichte.

Ab 1883 gingen Schwestern auch nach Afrika, Anfang des 20. Jahrhunderts nach Indien und Lateinamerika, später ebenso nach Sri Lanka. In Europa gingen die Schwestern nach Italien und begannen in Deutschland sowie in England zu wirken. Heute ist für die Nachfolgerinnen Mutter Bernardas in Europa vor allem die Bildung im Glauben ein wichtiges Anliegen. Das geschieht in der pastoralen Arbeit, im Religionsunterricht, in spirituellen Angeboten für Menschen, besonders auch für junge Menschen, in Exerzitien und bereits in der frühkindlichen Glaubensförderung.

Den Glauben vertiefen

Mittlerweile sind viele Schwestern in Europa alt und brauchen Pflege. Doch auch im Schwes-ternaltenheim sind die Schwestern sich noch im Alter ihrer Sendung bewusst. Sie geben dem Pflegepersonal manchen Halt im Leben und Glauben. Ebenso laden die Schwestern junge Frauen ein, eine Zeit bei den Mitschwestern in Afrika mitzuarbeiten. Die jungen Menschen vertiefen auf diese Weise selber ihren Glauben. Dem liegt immer das Ziel von Sr. Bernarda zugrunde: das fördern, was im Menschen als Potential angelegt ist.

Sr. Bernarda Heimgartner war eine großartige Frau mit außerordentlicher Wirkung auf Gesellschaft und Kirche. 1994 wurde ihr heroischer Tugendgrad kirchlich anerkannt. Auch wenn bis heute ein offiziell anerkanntes Wunder für die Seligsprechung fehlt, vertrauen viele Menschen auf Sr. Bernarda als Fürsprecherin bei Gott. Uns Schwestern vom Hl. Kreuz gibt sie Ermutigung, uns auch heute dafür einzusetzen, die im Menschen angelegten Begabungen zu fördern.

#sistersproject

Von Sr. Franziska Mitterer,
Schwestern vom Hl. Kreuz