Vatikanstadt. Papst Franziskus hat am Gründonnerstag zwölf Insassen eines Jugendgefängnisses in Rom die Füße gewaschen, darunter zwei Frauen und ein Häftling islamischen Glaubens. Die Strafanstalt Casal Del Marmo hatte er schon am Gründonnerstag vor zehn Jahren, kurz nach seiner Wahl zum Papst, besucht. Beim Ritus der Fußwaschung saßen die Jugendlichen auf einem Podest, so dass Franziskus, der wegen gesundheitlicher Probleme nicht mehr knien kann, ihre Füße im Stehen wusch und küsste. Am Altar zelebrierte der Päpstliche Zeremonienmeister Diego Ravelli die heilige Messe »in coena Domini«, Konzelebrant war der Gefängnisseelsorger Nicolò Ceccolini. In seiner in freier Rede gehaltenen Predigt sagte der Papst:
Es weckt die Aufmerksamkeit, wie Jesus genau am Tag vor seiner Kreuzigung diese Geste vollzieht. Die Füße zu waschen war in jener Zeit ein Brauch, denn die Straßen waren staubig. Die Leute kamen von draußen und beim Betreten eines Hauses, vor dem Essen, bevor man zusammenkam, wurden die Füße gewaschen. Aber wer wusch die Füße? Die Sklaven, denn es war eine Sklavenarbeit. Stellen wir uns vor, wie verblüfft die Jünger waren, als sie sahen, wie Jesus begann, diese Geste eines Sklaven zu vollziehen. Aber Jesus tut es, weil er ihnen die Botschaft des nächsten Tages verständlich machen will, wenn er wie ein Sklave sterben wird, um die Schuld von uns allen zu bezahlen. Wenn wir auf diese Dinge Jesu hören würden, dann wäre das Leben so schön, weil wir uns beeilen würden, einander zu helfen, statt einander zu betrügen und auszunutzen, wie es uns die durchtriebenen Leute vormachen. Es ist so schön, einander zu helfen, einander die Hand zu reichen: das sind universale menschliche Gesten, die aus einem edlen Herzen kommen.
Und Jesus möchte uns heute durch diesen Gottesdienst genau dies lehren: den Edelmut des Herzens. Jeder von uns könnte sagen: »Aber wenn der Papst wüsste, was in meinem Inneren ist…« Aber Jesus weiß es, und er liebt uns so, wie wir sind, und er wäscht uns allen die Füße. Jesus schreckt vor unserer Schwachheit nicht zurück, er erschrickt niemals, denn er hat bereits bezahlt. Er will uns nur begleiten, will uns an die Hand nehmen, damit das Leben für uns nicht so hart ist. Ich werde dieselbe Geste der Fußwaschung vollziehen, aber das ist keine Folklore. Nein. Denken wir daran, dass es eine Geste ist, die sagt, wie wir miteinander umgehen sollen.
In der Gesellschaft sehen wir so viele Menschen, die andere ausnutzen, so viele Menschen, die in die Ecke gedrängt werden und es nicht schaffen herauszukommen. Wie viel Ungerechtigkeit, wie viele Menschen ohne Arbeit; wie viele Menschen, die arbeiten und nur die Hälfte von dem verdienen, was ihnen zusteht; wie viele Menschen, die kein Geld haben, um Medikamente zu kaufen; wie viele zerrüttete Familien, so viele schlimme Dinge… Und niemand von uns kann sagen: »Weißt du, Gott sei Dank bin ich nicht so.« Wenn ich nicht so bin, dann habe ich das allein Gott zu verdanken! Denn jeder von uns kann ausrutschen, jeder von uns. Und dieses Bewusstsein, diese sichere Überzeugung, dass jeder von uns ausrutschen kann, ist das, was uns die Würde verleiht – hört das Wort: die »Würde« –, Sünder zu sein.
Und Jesus will, dass wir so sind, und deshalb wollte er die Füße waschen und hat gesagt: »Ich bin gekommen, um euch zu retten, um euch zu dienen.« Jetzt werde ich dasselbe tun, als Gedächtnis dessen, was Jesus uns gelehrt hat: einander zu helfen. Und so ist das Leben schöner und so kann man vorangehen. Während der Fußwaschung – ich hoffe, ich schaffe es, denn ich kann nicht gut laufen –, während der Fußwaschung sollt ihr daran denken: »Jesus hat mir die Füße gewaschen, Jesus hat mich gerettet, und ich bin jetzt in Schwierigkeiten.« Aber das wird vergehen, der Herr ist immer an deiner Seite. Er lässt dich nie im Stich, niemals. Denkt daran.