Rom. Am Karfreitagabend verzichtete der Papst auf Anraten der Ärzte wegen des kühlen Wetters auf eine Teilnahme am traditionellen Kreuzweg beim Kolosseum und schloss sich dem Gebet von der Casa Santa Marta aus an. Den Kreuzweg leitete Kardinal Angelo De Donatis, Generalvikar Seiner Heiligkeit für die Diözese Rom. Die Meditationen mit dem Titel »Worte des Friedens in einer Welt des Krieges« stammten in diesem Jahr von Geflüchteten sowie Opfern von Gewalt und Krieg. Das Leiden Jesu spiegele sich im Leiden der Brüder und Schwestern Jesu wider, hieß es im Eröffnungsgebet. Es seien »Schreie, die aus Ländern und Gebieten kommen, die heute von Gewalt, Ungerechtigkeit und Armut zerrissen sind. Alle Orte, an denen Konflikte, Hass und Verfolgung herrschen, sind im Gebet dieses Karfreitags zugegen.«
An den einzelnen Kreuzwegstationen berichteten unter anderen Migranten aus Westafrika und anderen Teilen der Welt, Gläubige aus dem Nahen Osten, junge Menschen aus Mittelamerika, eine Gottgeweihte aus Zentralafrika, ein Ordenspriester aus dem Balkan sowie eine Mutter aus Südamerika von dem, was sie an erlitten und wie sie sich für den Frieden entschieden haben. Die Mutter aus Südamerika hatte bei der Explosion einer von Guerillas gelegten Sprengfalle ein Bein verloren. Sie sagte: »Ich empfand als Opfer jener sinnlosen Gewalt zunächst Wut und Groll, aber dann entdeckte ich, dass ich noch mehr Gewalt verursachte, wenn ich Hass verbreitete. Mir wurde klar, dass es in mir und um mich herum Wunden gab, die tiefer waren als die körperlichen. Ich verstand, dass viele Opfer wie ich und durch mich entdecken
mussten, dass es auch für sie nicht vorbei war und dass man nicht aus Groll leben kann. Also begann ich, ihnen zu helfen: Ich studierte, um zu lehren, wie man Unfälle verhindert, die durch die Millionen von Minen verursacht werden, die in unserem Gebiet verstreut sind. Ich danke Jesus und seiner Mutter für die Erkenntnis, dass das Trocknen der Tränen anderer keine verlorene Zeit ist, sondern die beste Medizin, um sich selbst zu heilen.«
Worte des Friedens kamen auch von zwei Jugendlichen aus der Ukraine und aus Russland an der zehnten Kreuzwegstation. Der Ukrainer war mit seiner Familie zu seiner Großmutter nach Italien gebracht worden, aber das Heimweh war zu groß, und so gingen sie wieder zurück nach Mariupol. Der russische Jugendliche sprach von seinem Bruder, der als Soldat gestorben ist, Vater und Großvater gelten als vermisst. Seit zwei Jahren müsse er mit ansehen, wie seine Mutter und seine Großmutter weinen.
Das abschließende Gebet bestand aus einer Danksagung an Jesus: »Herr Jesus, ewiges Wort des Vaters, du bist für uns zur Stille geworden. Und in der Stille, die uns zu deinem Grab führt, gibt es noch ein Wort, das wir dir sagen wollen, wenn wir an den Kreuzweg zurückdenken, den wir mit dir gegangenen sind: Danke! Danke, Herr Jesus, für die Sanftmut, welche die Arroganz zu Fall bringt. Danke, für den Mut, mit dem du das Kreuz auf dich genommen hast. Danke für den Frieden, der aus deinen Wunden hervorströmt. Danke, dass du deine heilige Mutter auch uns zur Mutter gegeben hast. Danke für die Liebe, die du im Angesicht des Verrats gezeigt hast. Danke, dass du Tränen in Lächeln verwandelt hast. Danke, dass du alle geliebt hast, ohne jemanden auszuschließen. Danke für die Hoffnung, die du in der Stunde der Prüfung eingießt. Danke für die Barmherzigkeit, die das Elend heilt. Danke, dass du alles abgelegt hast, um uns zu reich zu machen. Danke, dass du das Kreuz in einen Baum des Lebens verwandelt hast. Danke für die Vergebung, die du deinen Mördern angeboten hast. Danke, dass du den Tod besiegt hast. Danke, Herr Jesus, für das Licht, das du in unseren Nächten entzündet hast, dass du jede Trennung versöhnt und uns so alle zu Geschwistern gemacht hast, zu Kindern desselben Vaters im Himmel.«